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Die Abaddon-Mission (German Edition)

Die Abaddon-Mission (German Edition)

Titel: Die Abaddon-Mission (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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arbeitete, nutzte er den Aufenthalt auch, um die zuletzt geschriebenen Abschnitte noch einmal durchzulesen und zu korr i gieren. Die kühle, klare Luft machte den Kopf frei und schärfte den Blick für das Wesentliche. Mitunter kritzelte er mit frostklammen Fi n gern Anmerkungen auf die Seitenränder, die zwar später nur schwer zu entziffern waren, ihm aber schon häufiger weite r g e holfen ha t ten.
    Vor einigen Tagen war ihm dabei allerdings ein Mißg e schick unterlaufen. Eine plötzliche Windböe hatte ihm das Manuskript buchstäblich aus den Hä n den gerissen und die Bögen wie einen Schwarm weißer Seevögel in Richtung Meer davongetragen. Das geschah so rasch und unerwartet, daß er gar nicht erst versucht hatte hinterherzulaufen, um noch das ein oder andere davon zu retten.
    Da er den Text jederzeit neu ausdrucken konnte, war der Verlust geringer gewesen als sein Ärger über die eigene Ung e schicklichkeit. Die verloreng e gangenen Korrekturen und Ä n derungen hatte er noch am gle i chen Abend nachgetragen, so daß das Malheur im Grunde ohne Folgen geblieben war. A n gesichts des mäßigen Erfolgs seiner letzten Ve r öffentlichu n gen bestand ohnehin kein Anlaß zu b e sonderer Eile.
    Dennoch hielt der traurige Dichter gerade diese Geschic h te, deren erste Seiten der Wind davongetr a gen hatte, für etwas Besonderes. Zum ersten Mal seit längerer Zeit war es ihm g e lungen, sich aus der U m klammerung persönlicher Erinn e rungen zu lösen. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, seine früheren Erzählungen zu eng mit der Vergangenheit und der eigenen Person zu verbinden. Wer interessierte sich schon für seine Befindlichke i ten?
    Die neue Geschichte handelte dagegen von Pers o nen und Dingen, die es in der Wirklichkeit nicht gab. Sie war im Grunde ein Märchen und bot dem Dichter jene Freiheiten, die er zuletzt so vermißt hatte. Die Welt, die er mit dem fi k tiven Städtchen Canburg erschaffen hatte, gehörte allein ihm. Er mußte sich vor niemandem rechtfertigen für das, was dort g e schah, nichts begründen. Es gab auch keine lebenden oder toten Vorbilder für die ha n delnden Personen, denen er auf irgendeine Art G e rechtigkeit w i derfahren lassen mußte. Die Leute in seiner Stadt lebten nur, weil er es so gewollt hatte. Sie waren ihm gewissermaßen ausgeliefert, schlie ß lich existie r ten sie ja nur in seiner Phantasie.
    Die Arbeit ging ihm so leicht von der Hand, daß er die Geschichte innerhalb weniger Tage vollendet hatte. Er war gerade dabei, die überarbeitete Version des Puppenmachers auszudrucken, als sein Blick zufällig an dem Lichtfleck hä n genblieb, der durch das einzige Fenster auf den Boden fiel. Etwas stimmte nicht. Der Fleck war heller als sonst – zu hell.
    Der alte Mann lief zum Fenster und rieb sich ve r blüfft die Augen: Die vertraute Landschaft war ve r schwunden, ersetzt von etwas, das so offenkundig nicht hierher gehörte, daß es ihm den Atem ve r schlug. Draußen, unmittelbar vor dem Haus, verlief plötzlich eine Straße, gesäumt von ärmlichen Re i henhäusern, die aussahen wie Kulissen zu einem histor i schen Film. Aber das war noch längst nicht alles, denn über den schmutzigen Ziegeldächern strahlte die Sonne von einem blauen Hi m mel!
    Der Dichter schloß die Augen und öffnete sie wi e der. Die Straße war immer noch da. Das braune, unebene Backstei n pflaster glänzte im Sonnenlicht. Solche Straßen gab es schon lange nicht mehr, nicht einmal auf der Erde.
    Doch ihm blieb keine Zeit, weiter darüber nac h zudenken, denn in diesem Augenblick erreichte die Veränderung seine unmittelbare Umgebung.
    Einige Möbelstücke und Gegenstände verschwa n den, l ö sten sich buchstäblich in Luft auf, während andere ihre Form verloren, sich ausdehnten, schrumpften oder den Standort wechselten. Der Schreibtisch verwandelte sich vor den Augen des Dichters in eine Ladentheke, auf der eine mechan i sche Registrierkasse den verschwundenen Computer ersetzte. Die Küchenzeile wich einer hölzernen Werkbank, deren Arbeit s fläche von einer altmod i schen Schirmlampe in gelbes Licht getaucht wurde. Die farbigen Kunstdrucke an den Wänden verbl i chen und wurden durch ein Arsenal wertvoll auss e he n der Wanduhren und Regulatoren ersetzt, die all e samt die e x akt gleiche Zeit anzeigten: Viertel vor zwölf.
    Daß die Verwandlung völlig geräuschlos vor sich ging, ließ die Szene noch gespenstischer erscheinen. Dennoch weigerte sich der alte Mann, an eine Si n

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