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Die Abaddon-Mission (German Edition)

Die Abaddon-Mission (German Edition)

Titel: Die Abaddon-Mission (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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nestäuschung zu glauben. Das änderte sich erst, als Wände und Decke plötzlich in Bew e gung gerieten und er den Eindruck hatte zu schrumpfen. Ein Schauer durchlief seinen Körper, und das Schwi n delgefühl wurde so übermächtig, daß er die Augen schließen mußte, um nicht das Gleichgewicht zu ve r lieren.
    Augenblicke später hatte er alles vergessen, was sein bish e riges Leben ausgemacht hatte. Das bede u tete jedoch nicht, daß er nun keine Erinnerungen mehr besaß. Es waren nur andere Erinnerungen, die nichts mit seinem früheren Ich zu tun hatten. Sie gehörten einem Mann, der sich Alois Sonne n schein nannte und seit einigen Wochen eine Uhrmache r werkstatt in der Stadt betrieb. Der Name und seine Arbeit g e fielen ihm, auch wenn die Geschäfte alles andere als gut liefen. Aber das war nicht wichtig, denn seine Ansprüche w a ren so gering, daß er leicht mit dem wenigen auskommen konnte, das er ei n nahm. A u ßerdem war er nicht hier, um G e schäfte zu m a chen ...
    Ein Geräusch riß ihn aus seinen Betrachtungen. Er besaß ein feines Gehör und vermochte das Klappern der Wagenr ä der und das leichte Federnquietschen sofort einzuordnen: ein Puppenwagen, der den Bü r gersteig entlang geschoben wurde. Natürlich wußte er auch, wem der Puppenwagen gehörte, war es doch nicht das erste Mal, daß das Mädchen hier vo r be i kam. Gleich würde es stehenbleiben und durch die Schaufe n sterscheibe schauen. Ganz sicher hatte es etwas auf dem He r zen und traute sich nicht he r ein.
    Einen Augenblick später bestätigte sich seine Vermutung: Zuerst erschien ein schäbiger Plasti k pu p penwagen in seinem Blickfeld, dann folgte seine Besitzerin, ein schmal wirkendes Mädchen mit l u stig wippenden Zöpfen. Unschlüssig schaute es sich um, bevor es sein Gesicht gegen die Schaufenste r scheibe preßte.
    Na, komm schon , dachte der kleine Mann und win k te ihm aufmunternd zu.
    Die Einladung hatte offenbar Erfolg, denn das Mä d chen nahm tatsächlich seine Puppe aus dem Wagen und betrat die Werkstatt.
    Wahrscheinlich hatte es dafür all seinen Mut au f bringen müssen, denn seine Wangen glühten vor Aufregung, als es ihm die Puppe entgegenhielt und ihn dabei so ängstlich-hoffnungsvoll ansah, daß es ihm das Herz zusamme n krampfte.
    Er war ein aufmerksamer Beobachter, deshalb fi e len ihm nicht nur die aus billigem Gardinenstoff genä h ten Kleider der Puppe auf. Er bemerkte auch den sorgfältig geflickten Riß im Kleid des Mädchens und das abgeschabte Leder seiner Schuhe, die au s sahen, als wären sie ihm zu klein.
    Was er sah, machte ihn traurig, obwohl er schlimm e re Armut gesehen hatte auf seinen Reisen, viel schlimmere. Manchmal konnte er helfen, me i stens nicht. Das war die Last, die er zu tr a gen hatte ...
    Diesem Mädchen – woher wußte er eigentlich, daß es S o phie hieß? – würde er wenigstens eine Freude machen kö n nen, denn mit Puppen kannte er sich aus. Fachmännisch b e tastete er Kopf und Kö r per der Puppenpatientin und ve r sprach rasche He i lung.
    »Du kannst sie wirklich wieder ganz machen?« erkundigte sich Sophie ungläubig und strahlte, als er sein Versprechen noch ei n mal bekräftigte.
    »Dann bis morgen!« rief das Mädchen überglüc k lich und stürmte aus dem Laden.
    Der Uhrmacher ging zum Fenster und sah ihm nach, bis die Straße und die Häuser gegenüber zu ve r schwimmen b e gannen und das Blau des Himmels verblaßte. Noch war das Mädchen von fern zu s e hen, eine schmächtige Gestalt, die rasch kleiner wurde, bis ihre Silhouette schließlich mit dem Rot des Sandmeeres ve r schmolz.
    Schade , dachte Alois Sonnenschein, bevor sich sein B e wußtsein auflöste, aber wir sehen uns b e stimmt ...
     
    ***
    Als der traurige Dichter zu sich kam, waren die U h ren und das altertümliche Mobiliar verschwu n den. Durch das Fenster konnte er einen Streifen rosafa r benen Himmels erkennen.
    Vorsichtig berührte er das eine oder andere M ö belstück, um sicherzugehen, daß es tatsächlich an se i nem Platz stand. Nein, dieses Mal spielten ihm seine Sinne wohl keinen Streich.
    Seine Sinne? Wie konnte er ihnen nach dieser e r schre c kend realistischen Vision noch trauen? Und wenn es gar ke i ne Vision gewesen war? Keine Si n nestäuschung, sondern e t was anderes, ungleich B e drohlicheres? Schließlich hatte die Veränderung ja nicht nur sein Umfeld betroffen, sondern vor allem ihn selbst.
    Gewiß, es war schon vorgekommen, daß ihn eine Szene, an der er gerade schrieb, bis

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