Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Gemeindehirten verhaften, worauf dieser wegen hochverräterischer Aufwiegelung, Majestätsbeleidigung |275| und noch anderer Verbrechen und Vergehen zu zwölf Jahren verurteilt wurde.
Pepek Hop betrug sich bei Gericht wie auf der Weide oder unter den Bauern. Auf alle Fragen meckerte er wie eine Ziege, und nach Verkündigung des Urteils stieß er hervor: »Mee, hop!« und sprang in die Höhe. Er wurde dafür im Disziplinarwege mit einem harten Lager bei Einzelhaft und drei Fasttagen bestraft.
Seit dieser Zeit hatte der Gendarmeriewachtmeister keinen Informanten und mußte sich damit zufriedengeben, sich einen auszudenken, einen Namen zu fingieren; so erhöhte er sein Einkommen um fünfzig Kronen monatlich, die er im Gasthaus »Zum Kater« vertrank. Beim zehnten Glas bekam er einen Anfall von Gewissenhaftigkeit, das Bier in seinem Munde ward bitter, und seine Nachbarn machten jedesmal dieselbe Bemerkung: »Heut is unser Herr Wachtmeister aber traurig, wie wenn er nicht bei Stimmung wär.« Dann ging er nach Hause, und nachdem er gegangen war, hieß es immer: »Die Unsern ham wieder irgendwo in Serbien die Hosen vollbekommen, darum ist der Wachtmeister wieder so mundfaul.«
Und der Wachtmeister konnte zu Hause wiederum wenigstens einen Fragebogen mit den Worten ausfüllen: »Stimmung unter der Bevölkerung I a.«
Es gab häufig lange, schlaflose Nächte für den Herrn Wachtmeister. Ununterbrochen erwartete er eine Inspektion, eine Untersuchung. Oft träumte ihm von einem Strick, man führte ihn zum Galgen, und noch zum Schluß fragte ihn der Landesverteidigungsminister in eigener Person unter dem Galgen: »Wachtmeister, wo ist die Beantwortung des Zirkulars Nr. 1789678 / 23792 X. Y. Z?«
Und jetzt? Es war, als erklinge in der ganzen Gendarmeriestation aus allen Winkeln das alte Losungswort der Jäger: »Weidmanns Heil!« Und Gendarmeriewachtmeister Flanderka zweifelte nicht daran, daß der Bezirkshauptmann ihm auf die Schulter klopfen und sagen werde: »Ich gratuliere Ihnen, Herr Wachtmeister.«
Der Gendarmeriewachtmeister malte sich im Geiste noch |276| andere reizende Bilder aus, die in irgendeiner Falte seines Beamtengehirns entstanden waren. Auszeichnung, rasches Avancement in eine höhere Rangklasse, Anerkennung seiner kriminalistischen Fähigkeiten, die ihm eine Karriere eröffneten. Er rief den Postenführer und fragte ihn: »Haben Sie das Mittagmahl bekommen?«
»Man hat ihm Gselchtes mit Kraut und Knödln gebracht, Suppe gabs schon nicht. Er hat den Tee ausgetrunken und will noch einen.«
»Er soll ihn haben!« willigte der Wachtmeister großmütig ein, »bis er den Tee ausgetrunken hat, führen Sie ihn zu mir.
»Na also! Hats Ihnen geschmeckt?« fragte der Wachtmeister, als der Postenführer eine halbe Stunde später Schwejk, satt und zufrieden wie immer, ins Zimmer führte.
»Es is noch so angegangen, Herr Wachmajster, nur Kraut hätt bißl mehr sein solln. Aber was kann man machen, ich weiß, Sie waren nicht darauf vorbereitet. Das Gselchte war gut geräuchert, es muß hausgemachtes Gselchtes von einem zu Haus gemästeten Schwein gewesen sein. Der Tee mit Rum hat mir auch wohlgetan.«
Der Wachtmeister schaute Schwejk an und begann: »Ist es wahr, daß man in Rußland viel Tee trinkt? Hat man dort auch Rum?«
»Rum gibts in der ganzen Welt, Herr Wachmajster.«
Dreh dich nur nicht heraus, dachte der Wachtmeister, du hättest früher aufpassen solln, was du sprichst! Und er fragte vertraulich, zu Schwejk geneigt: »Gibts in Rußland hübsche Mädel?«
»Hübsche Mädel gibts in der ganzen Welt, Herr Wachmajster.«
Ach, du Schlaucherl, du! dachte der Wachtmeister abermals, du möchtest dich jetzt gern draus herausdrehn. Und der Wachtmeister rückte mit einem Zweiundvierziger heraus: »Was wollten Sie beim 91. Regiment tun?«
»Ich wollt mit ihm an die Front gehn.«
Der Wachtmeister schaute zufrieden auf Schwejk und bemerkte: »Das ist gut. Das ist die beste Art, nach Rußland zu kommen.«
|277| Wirklich sehr gut ausgedacht. Der Wachtmeister, der die Wirkung seiner Worte auf Schwejk beobachtete, strahlte.
Er konnte aber nichts anderes feststellen als vollständige Ruhe.
Der Mensch zuckt nicht mal mit der Wimper, entsetzte sich der Wachtmeister im Geiste, das ist ihre militärische Erziehung. Ich an seiner Stelle sein und mir das jemand sagen, die Knie täten mir wanken …
»Früh bringen wir Sie nach Pisek«, bemerkte er gleichsam nebenhin, »waren Sie schon mal in Pisek?«
»Im Jahre 1910
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