Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
oder. Verfaßt ers hübsch, so hat er einen Gulden am Brett, oder er kann in vierzehn Tagen gehn. Herr Tauchen hat die ganze Nacht geschwitzt und is früh ganz unausgeschlafen in den Laden aufmachen gekommen und hat nichts geschrieben gehabt. Er hat sogar vergessen gehabt, wie der Heilige in diesem Gewürz für Kühe heißt. Da hat ihn unser Diener Ferdinand aus der Not herausgerissen. Der hat alles getroffen. Wenn wir am Boden Kamillentee getrocknet ham, is er immer hinaufgekrochen, hat sich die Stiefel ausgezogen und hat uns gelernt, wie die Füße aufhören zu schwitzen. Er hat am Boden Tauben gefangen, hat das Pult mit Geld aufmachen getroffen und hat uns noch andre Schwindeleien mitn Waren gelernt. Ich hab als Junge zu Haus |433| so eine Apotheke gehabt, was ich mir ausn Laden nach Haus gebracht hab, daß sie nicht mal ›Bei den Barmherzigen‹ 2 so eine gehabt ham. Und der hat Herrn Tauchen geholfen; er hat nur gesagt: ›Also geben Sies her, Herr Tauchen, daß ich mirs anschau‹, und schon hat mich der Herr Tauchen um Bier geschickt. Und bevor ichs Bier gebracht hab, da war unser Diener Ferdinand schon halb fertig damit und hats schon vorgelesen.
Von Himmelshöhen komm ich her,
verkünde allen frohe Mär.
Kuh und Kalb und Ochs und Schwein
brauchen nicht mehr krank zu sein.
Denn Kokoschkas Kräuterlein
heilen alle, groß und klein.
Dann, wie er das Bier ausgetrunken und ordentlich an der Tinktur Amara geleckt gehabt hat, is es ihm rasch gegangen, und er hats in einem Moment sehr hübsch fertiggebracht:
Pelegrinus Sanctus hats ersonnen,
für zwei Gulden nur ist es gewonnen.
Pelegrine Sancte, schütze unsre Herden,
die dafür stets deinen Balsam trinken werden.
Dein Lob singt der Landmann spät und frühe,
Pelegrine Sancte, schütze unsre Kühe!
Dann, wie Herr Kokoschka gekommen is, is Herr Tauchen mit ihm ins Kontor gegangen, und wie er herausgegangen is, hat er uns zwei Gulden gezeigt, nicht einen, wie er versprochen gehabt hat, und hat mitn Herrn Ferdinand zur Hälfte teiln wolln. Aber den Diener Ferdinand hat auf einmal, wie er die zwei Gulden gesehn hat, der Mammon gepackt. Herich daß nein, entweder alles oder nix. So hat ihm Herr Tauchen also nix gegeben und hat sich die zwei Gulden für sich gelassen, hat mich daneben ins Magazin genommen, hat mir eine Watschen gegeben und hat gesagt, daß ich hundert solche Watschen kriegen |434| wer, wenn ich mich wo zu sagen unterstehn wer, daß er das nicht zusammengestellt und verfaßt hat, und daß ich, auch wenn sich der Ferdinand zu unserm Alten beschweren gehn möcht, sagen muß, daß der Diener Ferdinand ein Lügner is. Das hab ich ihm vor einem Ballon mit Estragonessig beschwören müssen, und unser Diener hat angefangen, sich an diesem Gewürz für Kühe zu rächen. Nämlich wir hams in großen Kisten aufm Dachboden gemischt, und er, wo er einen Mausedreck hat zammkehren können, hat er ihn gebracht und hat ihn ins Gewürz gemischt. Dann hat er auf der Straße Roßäpfel zusammengeklaubt, hat sie zu Haus getrocknet, im Mörser zu Gewürz zerstoßen und hat das auch in das Gewürz für Kühe mit dem Bild vom heiligen Pelegrinus geworfen. Und dran hat er noch nicht genug gehabt. Er hat in diese Kisten gepischt, hat sich in sie ausgemacht und hats zusammengemischt, daß es wie Kasch aus Kleie war …«
Das Telefon klingelte. Der Rechnungsfeldwebel sprang zur Hörmuschel und schleuderte sie mißmutig beiseite: »Ich muß in die Regimentskanzlei gehn. So plötzlich, das gefällt mir nicht!«
Schwejk war wieder allein.
Kurz danach klingelte abermals das Telefon.
Schwejk fing an, sich zu verständigen: »Wanĕk? Der is in die Regimentskanzlei gegangen. Wer beim Telefon is? Die Ordonnanz von der 11. Marschkompanie. Wer is dort? Die Ordonnanz von der 12. Marschka? Servus, Kollege. Wie ich heiß? Schwejk. Und du? Braun. Bist du nicht verwandt mit einem gewissen Braun, Hutmacher aus der Ufergasse in Karolinenthal? Nein, du kennst ihn nicht? – Ich kenn ihn auch nicht, ich bin nur mal mit der Elektrischen vorbeigefahren, da is mir die Firma ins Aug gefallen. Was Neues is? – Ich weiß nix. – Wann wir fahren?
Ich hab noch mit niemandem von der Abfahrt gesprochen. Wohin solln wir fahren?«
»Du Schafskopf, mit der Marschka an die Front.«
»Davon hab ich noch nichts gehört.«
»Da bist du eine feine Ordonnanz. Weißt du nicht, ob dein Lajtnant …«
»Der meinige is Oberlajtnant …«
|435| »Das ist alles eins, also dein Oberlajtnant zur
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