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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Weise. Er nimmt ›Die Sünden der Väter‹, schlägt Seite 161 auf und fängt an, oben auf der gegenüberliegenden Seite das Wort ›Sache‹ zu suchen. Bitte, meine Herren. Vor allem ist ›Sache‹ auf Seite 160 in der Reihenfolge der Sätze das zweiundfünfzigste Wort, er sucht also auf der gegenüberliegenden Seite 161 den zweiundfünfzigsten Buchstaben von oben. Beachten Sie, daß es ›A‹ ist. Das nächste Wort in der Depesche ist ›mit‹. Es ist auf Seite 160 in der Aufeinanderfolge der Sätze das siebente Wort, das dem siebenten Buchstaben auf Seite 161, dem Buchstaben ›u‹ entspricht. Dann kommt ›uns‹, das ist, folgen Sie mir, bitte, aufmerksam, das achtundachtzigste Wort, das dem achtundachtzigsten Buchstaben auf der gegenüberliegenden Seite 161 entspricht, der ein ›f‹ ist, und wir haben ›Auf‹ entziffert. Und so fahren wir fort, bis wir den Befehl feststellen: ›Auf Kote 228 Maschinengewehrfeuer links richten.‹ Sehr scharfsinnig, meine Herren, und einfach unmöglich, ohne den Schlüssel, Seite 161, Ludwig Ganghofer, ›Die Sünden der Väter‹, zu entziffern.«
    Alle betrachteten schweigend die unglückseligen Seiten und wurden bedenklich nachdenklich. Eine Weile herrschte Stille, bis Kadett Biegler plötzlich sorgenvoll ausrief: »Herr Hauptmann, melde gehorsamst, Jesusmaria! Es stimmt nicht!«
    Und es war wirklich sehr rätselhaft.
    Man mochte sich anstrengen, wie man wollte, niemand außer Hauptmann Sagner fand auf Seite 160 jene Worte, denen auf Seite 161 die Buchstaben entsprachen, die den Schlüssel bildeten.
    »Meine Herren«, stotterte Hauptmann Sagner, als er sich überzeugt hatte, daß der verzweifelte Aufschrei des Kadetten |491| Biegler der Wahrheit entsprach, »was ist da geschehen? In meinen ›Die Sünden der Väter‹ von Ganghofer ist es und in Ihren ist es nicht?«
    »Erlauben Sie, Herr Hauptmann«, meldete sich abermals Kadett Biegler. »Ich erlaube mir darauf aufmerksam zu machen, daß der Roman von Ludwig Ganghofer zwei Teile hat. Wollen Sie sich gefälligst auf der Titelseite überzeugen: ›Ro man in zwei Bänden‹. Wir haben den ersten Teil, und Sie haben den zweiten Teil«, fuhr der gründliche Kadett Biegler fort, »es ist deshalb klar wie der Tag, daß unsere 160. und 161. Seite Ihrer nicht entspricht. Wir haben dort etwas ganz anderes. Das erste Wort der entzifferten Depesche soll bei Ihnen ›Auf‹ sein, und bei uns ist ›Heu‹ herausgekommen!«
    Allen ward nun vollständig klar, daß Biegler vielleicht doch nicht so ein Dummkopf sei.
    »Ich habe den zweiten Teil vom Brigadestab«, sagte Hauptmann Sagner, »und es handelt sich hier offenbar um einen Irrtum. Der Herr Oberst hat für Sie den ersten Teil bestellt. Allem Anschein nach«, fuhr er fort, als wäre alles klar und deutlich und als hätte er es schon längst gewußt, bevor er seinen Vortrag über die überaus einfache Art des Chiffrierens begonnen hatte, »hat man es beim Brigadestab verwechselt. Man hat dem Regiment nicht angegeben, daß es sich um den zweiten Teil handelt, und so ist das Ganze geschehen.«
    Kadett Biegler blickte inzwischen alle siegesbewußt an, und Leutnant Dub flüsterte Oberleutnant Lukasch zu, daß der »Storchenflügel mit dem Fischschwanz« Sagner ganz gehörig kleingekriegt habe.
    »Ein merkwürdiger Fall, meine Herren«, ließ sich Hauptmann Sagner abermals vernehmen, als wollte er ein Gespräch anknüpfen, denn die Stille war überaus peinlich. »In der Brigadekanzlei gibt es Hohlköpfe.«
    »Ich erlaube mir zu bemerken«, meldete sich abermals der unermüdliche Kadett Biegler, der wiederum mit seinem Wissen prahlen wollte, »daß ähnliche Dinge vertraulicher, streng vertraulicher Natur von der Division nicht durch die Brigadekanzlei gehen sollten. Eine die vertraulichsten Angelegenheiten |492| des Armeekorps betreffende Angelegenheit könnte mittels eines streng vertraulichen Zirkulars nur den Kommandanten der Divisions- und Brigadetruppenteile der Regimenter bekanntgegeben werden. Ich kenne ein Chiffresystem, das in den Kriegen um Sardinien und Savoyen, im anglo-französischen Feldzug bei Sewastopol, beim Boxeraufstand in China und während des letzten Russisch-Japanischen Krieges benützt wurde. Dieses System wurde weitergeleitet …«
    »Daran liegt uns ein Dreck, Kadett Biegler«, sagte Hauptmann Sagner mit einem Ausdruck der Verachtung und des Mißfallens, »es ist sicher, daß das System, von dem die Rede war und das ich Ihnen erklärt habe, nicht nur

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