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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Züge nach dem Mannschaftsstand; keiner von ihnen wußte ihn auswendig, und sie konnten Biegler die verlangten Ziffern nur nach den undeutlichen Anmerkungen in ihren Notizbüchern angeben.
    Hauptmann Sagner begann inzwischen aus Verzweiflung »Die Sünden der Väter« zu lesen, und als der Zug auf dem Bahnhof in Raab hielt, klappte er die gelesenen Seiten zu und bemerkte: »Dieser Ludwig Ganghofer schreibt nicht schlecht.«
    Oberleutnant Lukasch stürzte als erster aus dem Stabswaggon und schritt auf jenen zu, in dem sich Schwejk befand.

    Schwejk und die anderen hatten bereits längst aufgehört, Karten zu spielen, und Baloun, der Putzfleck Oberleutnant Lukaschs, hatte schon so einen Hunger, daß er anfing, sich gegen die militärische Obrigkeit aufzulehnen und auseinanderzusetzen, daß er sehr gut wisse, wie die Offiziere sich die Mäuler stopften. Das sei ärger als zur Zeit der Leibeigenschaft. Früher habe es so etwas beim Militär nicht gegeben. Wie sein Großvater zu Hause im Ausgedinge zu sagen pflege, hätten die Offiziere noch im Sechsundsechzigerkrieg mit den Soldaten Hennen und Brot geteilt. Sein Gejammre nahm kein |495| Ende, bis Schwejk es schließlich für gut befand, den Militärstand im gegenwärtigen Krieg zu loben.
    »Du hast aber einen jungen Großvater«, sagte er freundlich, als sie sich Raab näherten, »daß er sich nur an den Krieg vom Jahre 66 erinnern kann. Da kenn ich einen gewissen Ronowsky, und der hat einen Großvater gehabt, der war in Italien gewesen, noch zur Zeit vom Robot, und hat dort seine zwölf Jahre gedient und is nach Haus als Korporal gekommen. Und er hat keine Arbeit gehabt, so hat den Großvater sein Vater zu sich in Dienst genommen. Und damals sind sie mal auf Robot gefahren, Baumstämme abführen, und ein solcher Baumstamm war, wie uns der Großvater erzählt hat, was bei seinem Vater gedient hat, wie ein Trumm, und so ham sie mit ihm nicht mal rühren können. Und da hat er also gesagt: ›Laß ihn nur hier, das Luder, wer wird sich mit ihm schinden.‹ Und der Heger, was das gehört hat, hat angefangen zu schreien und hat den Stock gehoben, daß er den Baumstamm aufladen muß. Und der Großvater von unserm Ronowsky hat nichts anderes gesagt als: ›Du junger Hund, du, ich bin ein alter ausgedienter Soldat.‹ Aber in einer Woche hat er eine Zuschrift gekriegt und hat wieder nach Italien einrücken müssen, und dort war er wieder ganze zehn Jahre und hat nach Haus geschrieben, daß er diesem Heger, bis er zurückkommt, mit der Axt eins übern Kopf haun wird. Der Heger hat von Glück sagen können, daß er inzwischen gestorben is.«
    In diesem Augenblick tauchte Oberleutnant Lukasch in der Waggontür auf.
    »Schwejk, kommen Sie her«, sagte er, »unterlassen Sie Ihre dummen Auseinandersetzungen, und kommen Sie mir lieber was erklären.«
    »Ohne weiters, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant.«
    Oberleutnant Lukasch führte Schwejk fort, und der Blick, mit dem er ihn betrachtete, war sehr verdächtig.
    Oberleutnant Lukasch hatte sich während des ganzen Vortrags von Hauptmann Sagner, der mit einem solchen Fiasko endete, zu gewissen Detektiv-Erkenntnissen durchgearbeitet, wozu es nicht vieler besonderer Kombinationen bedurfte, |496| denn einen Tag vor der Abfahrt hatte Schwejk Oberleutnant Lukasch gemeldet: »Herr Oberlajtnant, aufn Bataillon sind irgendwelche Bücheln für die Herren Lajtnants. Ich hab sie aus der Regimentskanzlei weggetragen.«
    Deshalb fragte Oberleutnant Lukasch ohne Umschweife, als sie das zweite Geleise überschritten hatten und hinter eine ungeheizte Lokomotive traten, die bereits seit einer Woche auf irgendeinen Zug mit Munition wartete: »Schwejk, wie war das damals mit den Büchern?«
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, das is eine sehr lange Geschichte, und Sie regen sich immer so auf, wenn ich Ihnen alles ausführlich erzähl. So wie damals, wie Sie mir die Ohrfeige ham geben wolln, wie Sie die Zuschrift von der Kriegsanleihe zerrissen ham und ich Ihnen erzählt hab, daß ich mal in einem Buch gelesen hab, daß die Leute früher, wenn Krieg war, für die Fenster zahlen mußten, für jedes Fenster einen Zwanziger, für die Gänse auch soviel …«
    »So möchten wir nicht fertig werden, Schwejk«, sagte Oberleutnant Lukasch, im Verhör fortfahrend, wobei er sich vornahm, daß das strengst Vertraulichste natürlich vollkommen geheimgehalten bleiben müsse, damit dieser Kerl, der Schwejk, nicht wieder Gebrauch davon mache. »Kennen Sie

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