Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
den Wahlspruch: ›Schaun wir, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat.‹ Wieviel Menschen sind schon mit diesem Wahlspruch in die Gefangenschaft gegangen – wenn sie, von allen Seiten umringt, ohne einen andern Ausweg, sich nicht vielleicht aus Egoismus zu retten versuchten, sondern als Mitglied der Armee, damit sie dann, wenn sie |624| aus der Gefangenschaft heimkehren, Seiner Majestät dem Kaiser sagen können: Wir sind hier und erwarten weitere Befehle! Verstehn Sie das, Baloun?«
    »Ich verstehs nicht«, seufzte Baloun, »ich hab überhaupt einen dummen Schädel. Mir sollt man alles zehnmal wiederholen.«
    »Kannst du nichts nachlassen?« fragte Schwejk, »also ich wer dirs noch mal erklären. Soeben hast du gehört, daß du dich dran halten mußt, was für ein Geist in der Armee herrscht, daß du an den heiligen Josef glauben mußt und, wenn du von Feinden umringt sein wirst, daß du schaun mußt, wo der Zimmermann das Loch gelassen hat, damit du dich für den Kaiser rettest und für neue Kriege. Jetzt verstehst dus vielleicht und wirst gut dran tun, wenn du uns ein bißl ausführlicher beichten wirst, was für Unsittlichkeiten du in deiner Mühle angestellt hast, nicht aber, daß du dann so was erzählst, wie in der Anekdote von dem Mädl, was zum Herrn Pfarrer beichten gegangen is und sich dann, wie sie schon verschiedene Sünden gebeichtet gehabt hat, angefangen hat zu schämen und gesagt hat, daß sie jede Nacht Unsittlichkeiten getrieben hat. Das versteht sich, wie das der Herr Pfarrer gehört hat, is ihm gleich der Speichel aus der Goschen geflossen, und er hat gesagt: ›No, schäm dich nicht, liebe Tochter, ich bin doch an Gottes Statt, und erzähl mir hübsch genau von deinen Unsittlichkeiten.‹ Und sie hat euch dort zu weinen angefangen, daß sie sich schämt, daß es so eine schreckliche Unsittlichkeit is, und er hat ihr wieder erklärt, daß er ihr geistlicher Vater is. Endlich, nach langem Sträuben, hat sie damit angefangen, daß sie sich immer ausgezogen hat und ins Bett gekrochen is. Und wieder hat er kein Wort aus ihr herausbringen können, und sie hat nur noch mehr zu heuln angefangen. Er also wieder, sie soll sich nicht schämen, daß der Mensch von Natur aus ein sündhaftes Gefäß is, aber daß die Gnade Gottes unermeßlich is. Sie hat sich also entschlossen und hat weinend gesagt: ›Wie ich mich also ausgezogen ins Bett gelegt hab, hab ich anfangen, mir den Schmutz zwischen den Zehn herauszukratzen und hab dazugerochen.‹ Das war also die ganze Unsittlichkeit. Ich hoff aber, |625| Baloun, daß du das in der Mühle nicht gemacht hast und daß du uns etwas Interessanteres sagen wirst, irgendeine wirkliche Unsittlichkeit.«
    Es zeigte sich, daß Baloun nach seiner Aussage in der Mühle mit den Bäuerinnen Unsittlichkeiten getrieben hatte, Unsittlichkeiten, die darin bestanden, daß er ihnen das Mehl mischte, was er in seiner geistigen Einfalt Unsittlichkeit nannte. Am meisten enttäuscht war Telefonist Chodounsky; er fragte ihn, ob er in der Mühle mit den Bäuerinnen auf den Mehlsäcken wirklich nichts gehabt habe, worauf Baloun die Hände ringend erwiderte: »Dazu war ich zu dumm.«
    Der Mannschaft wurde angekündigt, daß sie hinter Palota im Lubkapaß ein Mittagessen erhalten werde, und der Bataillonsrechnungsfeldwebel, die Kompanieköche und Leutnant Cajthaml, der die Bataillonsverpflegung zu überwachen hatte, begaben sich auch in die Gemeinde Medzi Laborce. Vier Mann wurden ihnen als Patrouille zugeteilt.
    Sie kehrten in einer knappen halben Stunde mit drei an den Hinterfüßen zusammengebundenen Schweinen, der brüllenden Familie eines ungarischen Russen, dem die Schweine requiriert worden waren, und dem dicken Militärarzt aus der Roten-Kreuz-Baracke zurück, der dem achselzuckenden Leutnant Cajthaml eifrig etwas erklärte.
    Vor dem Stabswaggon erreichte der ganze Zwist seinen Höhepunkt, als der Militärarzt anfing, Hauptmann Sagner ins Gesicht zu sagen, daß diese Schweine für das Spital des Roten Kreuzes bestimmt seien, wovon wiederum der Bauer nichts wissen wollte; hingegen verlangte er, die Schweine mögen ihm zurückerstattet werden, sie seien sein letzter Besitz, und er könne sie auf keinen Fall, entschieden aber nicht für den ihm ausbezahlten Preis hergeben.
    Dabei streckte er das Geld, das er für die Schweine erhalten hatte, in der Faust Hauptmann Sagner zu, während die Bäuerin dessen andere Hand festhielt und mit jener Unterwürfigkeit küßte, die dieser Gegend

Weitere Kostenlose Bücher