Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
uns is aus. Deine gewesene Božena. Damit ich nicht vergeß, der Korporal kanns und wird Dich noch sekkieren, ich hab ihn drum gebeten. Und noch damit ich nicht vergeß, Du wirst mich nicht mehr unter den Lebenden finden, bis Du auf Urlaub kommst.
Versteht sich«, fuhr Schwejk während seines mäßigen Trabs fort, »daß sie, wie ich auf Urlaub gekommen bin, unter den Lebenden war, und noch dazu unter was für Lebenden. Ich hab sie auch bei ›Kocan‹ gefunden, zwei Soldaten ham sie grad angezogen, und einer von ihnen war so lebhaft, daß er ihr ganz öffentlich unter die Bluse gegriffen hat, als ob er, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, von dort den Schmelz ihrer Unschuld hätt herausziehn wolln, wie die Vĕnceslava Lužická sagt, |661| oder wies einmal so ähnlich ein junges Mädl von ungefähr sechzehn Jahren in der Tanzstunde einem Gymnasiasten unter lautem Weinen gesagt hat, wie er sie in den Arm gezwickt hat: ›Mein Herr, Sie ham den Schmelz meiner Jungfräulichkeit vernichtet.‹ Natürlich ham alle gelacht, und ihre Mutter, was dort auf sie achtgegeben hat, hat sie in der ›Beseda‹ 1 aufn Gang geführt und hat dort ihre dumme Urschel ordentlich verwichst. Ich bin, Herr Oberlajtnant, zu der Ansicht gekommen, daß die Mädln vom Lande doch nur aufrichtiger sind wie diese abgequetschten Stadtfräuleins, was in Tanzstunden gehn. Wie wir vor Jahren in Mnischek auf Übung waren, bin ich nach Alt-Knin tanzen gegangen und hab mir dort eine Bekanntschaft mit einer gewissen Karla Weklow gemacht, aber sehr hab ich ihr nicht gefalln. Einmal Sonntagabend hab ich sie zum Teich begleitet, dort hamr uns aufn Damm gesetzt, und ich hab sie gefragt, wie die Sonne untergegangen is, ob sie mich auch gern hat. Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, daß die Luft so lau war, alle Vögel ham gesungen, und sie hat mir mit einem entsetzlichen Lachen geantwortet: ›Ich hab dich so gern, wie einen Strohhalm im Arsch, du bist ja blöd.‹ Und ich war auch wirklich blöd, so fürchterlich blöd, daß ich Ihnen, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, vordem mit ihr zwischen Feldern, zwischen hohem Getreide, in menschenleerem Raum herumgegangen bin, nicht mal einmal hamr uns gesetzt, und ich hab ihr nur diesen Segen Gottes gezeigt, und ich Idiot, ich erklär diesem Bauernmädl, daß das da Korn is, das da Gerste und das da wieder Hafer.«
Und gleichsam zur Bestätigung dieser Worte ertönten von vorn die Stimmen der Soldaten der Kompanie; sie sangen die Fortsetzung des Liedes, mit dem die tschechischen Regimenter bereits vor Solferino für Österreich bluten gegangen waren:
Mit dem Mittnachtsglockenschlag
Springt der Hafer aus dem Sack,
Juphejdija, juphejda!
Jedes Weib gibt da.
|662| Worauf wiederum die andern einfielen:
Gibt da, gibt da, gibt da,
Wozu wäre sie denn da,
Gibt zwei Küsse dir statt einen,
Ja, auf jede Wange einen.
Juphejdija, juphejda,
Jedes Weib gibt da,
Gibt da, gibt da, gibt da,
Wozu wäre sie denn da.
Dann begannen die Deutschen dasselbe Lied in deutscher Sprache zu singen.
Es ist ein altes Soldatenlied, das vielleicht schon die Soldateska während der napoleonischen Schlachten in allen Sprachen gesungen hatte. Jetzt erscholl es jauchzend auf der verstaubten Straße vor Turowa-Wolska in der galizischen Ebene, wo auf beiden Seiten bis weit zu den grünen Hügeln im Süden hin die Felder unter den Hufen der Pferde zerstampft und unter Tausenden von schweren Soldatenstiefeln vernichtet worden waren.
»So ähnlich hamr mal die Gegend auf den Manövern bei Pisek zugerichtet«, ließ sich Schwejk vernehmen, indem er umherblickte. »Ein Herr Erzherzog war dort mit uns, das war so ein gerechter Herr, daß, wenn er mit seinem Stab aus strategischen Gründen durchs Getreide geritten is, so hat gleich hinter ihm der Adjutant den ganzen Schaden abgeschätzt. Ein gewisser Bauer Picha hat keine Freude an dem Besuch gehabt und hat vom Ärar die achtzehn Kronen Entschädigung für zerstampfte fünf Joch Feld nicht angenommen, er wollt sich Ihnen, Herr Oberlajtnant, prozessieren und hat dafür achtzehn Monate gekriegt.
Ich denk, Herr Oberlajtnant, daß er eigentlich hat froh sein können, daß ihm jemand ausn kaiserlichen Haus auf seinem Grundstück besucht hat. Ein anderer Bauer, was gebildeter war, möcht alle seine Mädln in weiße Kleider anziehn wie Kranzeljungfern, möcht ihnen Blumensträuße in die Hand geben |663| und möcht sie auf seinem Grundstück aufstelln, und jede von ihnen müßt den hohen Herrn
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