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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Schwejk gefragt, was er von dem allen halte, hätte er wohl geantwortet: »Es tut mir sehr leid, Herr Major, weil Sie eine höhere Charge haben wie der Herr Hauptmann, aber der Herr Hauptmann hat recht. Nämlich jede Übereilung is schädlich. Bei einem Bezirksgericht in Prag is mal ein Richter verrückt geworn. Lang hat man ihm nichts angemerkt, bis es bei ihm einmal bei einer Verhandlung wegen Ehrenbeleidigung zum Ausbruch gekommen is. Ein gewisser Znamenatschek |717| hat zum Kaplan Hortik, der in der Religionsstunde seinen Jungen abgeohrfeigt hat, wie er ihn auf der Gasse getroffen hat, gesagt: ›Sie, Ochs, du schwarzes Luder, du frommer Idiot, du schwarzes Schwein, du Ziegenbock von einem Pfarrer, du Schänder der Lehre Christi, du Heuchler und Scharlatan in der Kutte!‹ Dieser verrückte Richter war ein sehr frommer Mensch. Er hat drei Schwestern gehabt, und die waren alle Pfarrersköchinnen, und bei allen ihren Kindern war er Pate gestanden, so hat ihn das so aufgeregt, daß er auf einmal den Verstand verloren hat und den Angeklagten angebrüllt hat: ›Im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs verurteile ich Sie zum Tod durch den Strang. Gegen dieses Urteil is keine Berufung möglich.‹ – ›Herr Horatschek!‹ hat er dann den Aufseher gerufen: ›Nehmen Sie hier diesen Herrn und hängen Sie ihn dort auf, Sie wissen schon, wo man Teppiche klopft, und dann kommen Sie her, Sie bekommen auf Bier!‹ Das versteht sich, daß der Herr Znamenatschek samtn Aufseher stehngeblieben sind wie angewurzelt, aber er hat mitn Fuß gestampft und hat sie angeschrien: ›Wern Sie folgen oder nicht!‹ Der Aufseher is so erschrocken, daß er den Herrn Znamenatschek schon heruntergezogen hat, und wenn nicht der Verteidiger gewesen wär, der sich ins Mittel gelegt hat und die Rettungsstation gerufen hat, ich weiß nicht, wie es mitn Herrn Znamenatschek ausgefalln wär. Noch wie man den Herrn Richter in den Wagen der Rettungsstation gesetzt hat, hat er geschrien: ›Wenn Sie keinen Strick finden, hängen Sie ihn an einem Leintuch auf, wir verrechnens dann in den Halbjahrsausweisen.‹«
    Schwejk wurde also, nachdem das von Major Wolf aufgesetzte Protokoll unterschrieben worden war, unter Eskorte zum Garnisonskommando gebracht. Das Protokoll besagte, Schwejk habe als Angehöriger der österreichischen Armee wissentlich, ohne jede Pression, eine russische Uniform angezogen und sei hinter der Front, als die Russen zurückwichen, durch die Feldgendarmerie angehalten worden.
    Das alles war heilige Wahrheit, und Schwejk, als redlicher Mensch, konnte dagegen nicht protestieren. Als er beim Niederschreiben des Protokolls versuchte, dasselbe durch irgendeinen |718| Ausspruch, der die Situation vielleicht hätte näher beleuchten können, zu ergänzen, erscholl sofort der Befehl des Herrn Major: »Halten Sies Maul, danach frag ich Sie nicht! Die Sache ist vollständig klar.«
    Schwejk salutierte dann jedesmal und erklärte: »Melde gehorsamst, daß ich das Maul halt und daß die Sache vollständig klar is.«
    Als man ihn hierauf zum Garnisonskommando brachte, sperrte man ihn in irgendein Loch, das früher als Reismagazin und gleichzeitig als Mäusepensionat gedient hatte. Auf dem Boden war noch überall Reis verstreut, und die Mäuse fürchteten sich durchaus nicht vor Schwejk, sondern liefen munter umher, während sie die Körner auflasen. Schwejk mußte sich einen Strohsack holen, und als er im Finstern umherschaute, bemerkte er, daß in diesen Strohsack sofort eine ganze Mäusefamilie übersiedelte. Es bestand kein Zweifel, daß sie sich dort in den Trümmern des Ruhms, in einem morschen österreichischen Strohsack, ein neues Nest begründen wollte. Schwejk fing an, auf die versperrte Tür zu hämmern; irgendein Korporal – ein Pole – kam, und Schwejk verlangte, in einen andern Raum gebracht zu werden, weil er die Mäuse in seinem Strohsack zerdrücken und so dem Militärärar einen Schaden zufügen könne, denn was sich in den Militärmagazinen befinde, sei alles Eigentum des Ärars.
    Der Pole verstand teilweise, drohte Schwejk vor der versperrten Tür mit der Faust, sagte noch etwas von »beschissen« und »Arsch« und entfernte sich, während er aufgeregt »Cho lera !« brummte, als hätte ihn Schwejk weiß Gott wie beleidigt.
    Die Nacht verbrachte Schwejk ruhig, denn die Mäuse stellten keine großen Ansprüche an ihn, sondern hatten offenbar ihr nächtliches Programm, das sie im anstoßenden Magazin, voll

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