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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Landkarte die Stelle zeigte, wo Schwejk dem Telegramm zufolge vor einigen Tagen verlorengegangen war, brüllte der General wie ein Stier, denn er fühlte heraus, daß all seine Hoffnungen auf ein Standgericht zuschanden wurden. Er ging zum Telefon, ließ sich mit der Wachstube verbinden und erteilte den Befehl, ihm den Arrestanten Schwejk augenblicklich in der Wohnung des Majors vorzuführen.
    |752| Bevor der Befehl erfüllt wurde, gab der General unzähligemal durch fürchterliche Flüche sein Mißfallen darüber kund, daß er Schwejk nicht auf eigenes Risiko ohne jede Untersuchung sofort hatte hängen lassen.
    Der Major opponierte und sprach etwas davon, daß Recht und Gerechtigkeit einander die Hände reichen; er sprach in glänzenden Perioden über gerechte Urteile im allgemeinen, über Justizmorde und alles mögliche, was ihm der Augenblick auf die Zunge brachte, denn er hatte nach dem verflossenen Abend einen unbeschreiblichen Kater, der einer Auslösung bedurfte.
    Als man Schwejk endlich vorführte, forderte der General von ihm eine Aufklärung: Was war eigentlich in Feldstein vorgefallen, und was bedeutete die Geschichte mit der russischen Uniform?
    Schwejk erklärte ihm dies gründlich und belegte es mit einigen Beispielen aus seiner Geschichte menschlicher Mißgeschicke. Als der Major ihn dann fragte, warum er das alles nicht schon beim Verhör vor Gericht gesagt habe, antwortete Schwejk, daß ihn eigentlich niemand danach gefragt habe, wie er zu der russischen Uniform gekommen sei, sondern daß alle Fragen nur gelautet hätten: »Gestehn Sie, daß Sie freiwillig und ohne jede Pression die Uniform des Feindes angezogen haben?« Da dies der Wahrheit entsprochen habe, hätte er nichts anderes sagen können als: »Freilich – ja – gewiß – so ists – ohne Zweifel.« Deshalb habe er doch auch mit Entrüstung die bei Gericht gefallene Beschuldigung zurückgewiesen, daß er Seine Majestät den Kaiser verraten habe.
    »Der Mann ist ein vollkommener Idiot«, sagte der General zum Major. »Auf dem Damm eines Teiches eine russische Uniform anziehen, die dort Gott weiß wer gelassen hat, sich in eine Abteilung russischer Gefangener einreihen lassen, das kann nur ein Idiot tun!«
    »Melde gehorsamst«, ließ sich Schwejk vernehmen, »daß ich wirklich manchmal an mir selbst bemerk, daß ich schwachsinnig bin, besonders so gegen Abend …«
    |753| »Kusch, Ochs«, sagte ihm der Major und wandte sich an den General mit der Frage, was mit Schwejk geschehen soll«
    »Sollen sie ihn bei seiner Brigade aufhängen«, entschied der General.
    Eine Stunde später wurde Schwejk von einer Eskorte, die ihn zum Brigadestab nach Wojalycza begleiten sollte, auf den Bahnhof gebracht.
    Im Arrest hinterließ Schwejk ein kleines Andenken, indem er an die Wand mit einem Stückchen Holz in drei Kolonnen ein Verzeichnis sämtlicher Suppen, Soßen und Zuspeisen einkratzte, die er in Zivil gegessen hatte. Es war gewissermaßen ein Protest dagegen, daß man ihm innerhalb vierundzwanzig Stunden keinen Bissen verabreicht hatte.
    Mit Schwejk ging gleichzeitig ein Aktenstück nachstehenden Inhaltes an die Brigade ab: »Auf Grund des Telegramms Nummer 469 wird Infanterist Josef Schwejk, Deserteur der 11. Marschkompanie, dem Brigadestab zur weiteren Amtshandlung eingeliefert.«
    Die Eskorte selbst, die aus vier Mann bestand, war ein Durcheinander von Nationen. Sie bestand aus einem Polen, einem Magyaren, einem Deutschen und einem Tschechen, der Eskortenkommandant war und den Rang eines Gefreiten bekleidete. Er spielte sich gegen seinen Landsmann, den Arrestanten, groß auf und ließ ihn sein schreckliches Übergewicht fühlen. Als Schwejk nämlich auf dem Bahnhof den Wunsch äußerte, man möge ihm gestatten zu urinieren, sagte ihm der Gefreite ganz grob, er könne Wasser abschlagen, bis er bei der Brigade anlangen werde.
    »Gut«, sagte Schwejk, »das müssen Sie mir schriftlich geben, damit man weiß, bis mir die Harnblase platzt, wer dran schuld is. Drauf is ein Gesetz, Herr Gefreiter.«
    Der Gefreite, ein Viehknecht, erschrak vor der Harnblase, und so wurde Schwejk auf dem Bahnhof feierlich von der ganzen Eskorte auf den Abort geführt. – Der Gefreite machte überhaupt während des ganzen Wegs den Eindruck eines eigensinnigen Menschen und benahm sich so aufgeblasen, als sollte |754| ihm am nächsten Tage zumindest der Rang eines Korpskommandanten verliehen werden.
    Als sich der Zug auf der Strecke Przemyśl–Chyrow befand, sagte Schwejk

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