Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
übers Maul gekriegt, daß der Cafetier früh, wie er die Zähne ausgekehrt hat, sein Töchterchen gerufen hat, was in die fünfte Volksschulklasse gegangen is, und sie gefragt hat, wieviel Zähne ein erwachsener Mensch im Mund hat. Weil sies nicht gewußt hat, so hat er ihr zwei Zähne herausgeschlagen, und am dritten Tag hat er eine Zuschrift vom Kellermeister gekriegt, in der sich dieser für alle Unannehmlichkeiten entschuldigt hat, daß er nichts Ordinäres hat sagen wolln, aber daß man ihn immer mißversteht, weil es eigentlich lauten soll: ›Ihr werdet euch auf uns, wir wern uns auf euch nicht ärgern!‹ Wer zweideutige Sachen redet, muß sichs zuerst überlegen. Ein aufrichtiger Mensch, was spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, kriegt selten übers Maul. Und wenns ihm paarmal passiert ist, dann gibt er sich überhaupt acht und hält lieber in Gesellschaft die Goschen. Es is wahr, daß von so einem Menschen jeder denkt, er is geschnapst, und Gott weiß wie, und daß man ihn auch oft verprügelt, aber das bringt schon seine Überlegenheit mit sich, seine Selbstbeherrschung, weil er damit rechnen muß, daß er allein is und gegen ihn viele Menschen, was sich beleidigt fühlen, und wenn er anfangen möcht, sich mit ihnen herumzuschlagen, könnt er noch doppelt soviel abkriegen. So ein Mensch muß bescheiden und geduldig sein. In Nusle lebte ein gewisser Herr Hauber, den hat man mal Sonntag in Kundratitz |770| auf der Straße aus Versehn mitn Messer gestochen, wie er von einem Ausflug von der Bartùnek-Mühle heimgegangen is. Und er ist mit dem Messer im Rücken nach Haus gekommen, und wie ihm seine Frau den Rock ausgezogen hat, hat sies ihm hübsch ausn Rücken herausgezogen, und vormittag hat sie schon mit dem Messer Fleisch auf Gulasch zerschnitten, weil es aus Solinger Stahl und gut geschliffen war und sie lauter stumpfe Messer zu Haus gehabt ham. Sie hat dann eine ganze Garnitur von solchen Messern in die Wirtschaft ham wolln und hat ihn immer Sonntag auf einen Ausflug nach Kundratitz geschickt, aber er war so bescheiden, daß er nirgends woanders hingegangen ist als zu ›Banzet‹ nach Nusle, denn wenn er dort in der Küche gesessen ist, hat er gewußt, daß ihn der Wirt Banzet herauswirft, bevor ihn jemand anrühren kann.«
    »Du hast dich gar nicht verändert«, sagte der Einjährigfreiwillige.
    »Nicht verändert«, sagte Schwejk, »ich habe keine Zeit dazu gehabt. Man hat mich sogar erschießen wolln, aber das war noch nicht das ärgste, ich hab seit dem zwölften noch nirgendwo meine Löhnung gekriegt.«
    »Bei uns wirst du sie jetzt nicht kriegen, weil wir nach Sokal gehn und die Löhnung erst nach der Schlacht ausgezahlt werden wird, wir müssen sparen. Wenn ich annehme, daß das Vergnügen in vierzehn Tagen abgetan sein wird, so belaufen sich die Ersparnisse bei jedem gefallenen Soldaten samt Zulage auf vierundzwanzig Kronen zweiundsiebzig Heller.«
    »Und was gibts sonst Neues bei euch?«
    »Erstens ist uns die Nachhut verlorengegangen, dann gibts für das Offizierskorps in der Pfarre ein Schweinefest, und die Mannschaft treibt sich im Dorf herum und verübt allerhand Unsittlichkeiten an der hiesigen weiblichen Bevölkerung. Vormittag hat man einen Soldaten von eurer Kompanie angebunden, weil er einem siebzigjährigen Weib auf den Dachboden nachgekrochen ist. Der Mensch ist unschuldig, denn im Tagesbefehl ist nichts davon gestanden, bis zu wieviel Jahren es erlaubt ist.«
    |771| »Das denk ich mir auch«, sagte Schwejk, »daß der Mensch unschuldig is, weil, wenn so eine alte Babe auf der Leiter hinaufkriecht, so sieht man ihr nicht ins Gesicht. Grad so ein Fall is dir auf den Manövern bei Tabor passiert. Ein Zug von uns war im Gasthaus einquartiert, und ein Frauenzimmer hat im Vorzimmer den Fußboden gescheuert, und ein gewisser Chramosta hat sich an sie herangemacht und hat ihr – wie soll ichs sagen – die Röcke getätschelt. Sie hat sehr entwickelte Röcke gehabt, und wie er sie so getätschelt hat, so macht sie, wie wenn nichts wär, er tätschelt sie zum zweitenmal, tätschelt sie zum drittenmal, sie wieder wie wenns sie nichts angehn möcht, so hat er sich dir zu einer Tat entschlossen und sie hat ruhig weiter den Fußboden gescheuert, und dann dreht sie sich mitn ganzen Gesicht zu ihm um und sagt: ›Schön hab ich dich drangekriegt.‹ Die Alte war über siebzig Jahre alt, und sie hats dann im ganzen Dorf herumerzählt. – Und jetzt möcht ich mir erlauben zu fragen, ob du

Weitere Kostenlose Bücher