Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Besitzer einer Großselcherei. Die Etappenkommandos pflegten auch Fangeisen für herumstreifende verwilderte Soldaten zu sein, die am liebsten während des ganzen Kriegs |763| ihre Truppenkörper gesucht, sich in den Etappen herumgeschlagen und in langen Zügen an den Tischen auf den Etappenkommandos gewartet hätten, wo sich die Aufschrift befand: »Menagegeld.«
Als der dicke Oberleutnant eintrat, schrie der Feldwebel: »Habt acht!«, und der Oberleutnant fragte Schwejk: »Wo hast du die Dokumente?«
Schwejk legte sie dem Oberleutnant vor, und als sich dieser von der Richtigkeit der Marschroute Schwejks, von seinem Brigadestab nach Zoltanecz zu seiner Kompanie, überzeugt hatte, gab er sie Schwejk wieder zurück und sagte huldvoll zu dem Korporal am Tisch: »Geben Sie ihm Informationen«, worauf die Tür zur Kanzlei wieder geschlossen wurde.
Nachdem die Tür hinter dem Oberleutnant zugefallen war, packte der Stabsfeldwebel Schwejk an der Schulter, führte ihn zur Türe und erteilte ihm folgende Information: »Schau, daß du verschwindest, du Stinkvieh!«
Und so befand sich Schwejk abermals im unklaren und forschte nun nach jemandem Bekannten vom Bataillon. Er ging lange in den Gassen hin und her, bis er schließlich alles auf eine Karte setzte.
Er hielt einen Oberst an und fragte ihn in seinem gebrochenen Deutsch, ob er vielleicht wisse, wo Schwejks Bataillon mit der Marschkompanie liege.
»Mit mir kannst du Tschechisch sprechen«, sagte der Oberst, »ich bin auch ein Tscheche. Dein Bataillon liegt nebenan im Dorfe Klimontow hinter der Bahn, und ins Städtchen darf man nicht, weil sich die Soldaten von eurer Kompanie gleich nach ihrer Ankunft auf dem Marktplatz mit den Bayern gerauft haben.«
Schwejk machte sich also auf den Weg nach Klimontow.
Der Oberst rief ihn zurück, griff in die Tasche, gab Schwejk fünf Kronen, damit er sich dafür Zigaretten kaufe, nahm nochmals freundschaftlich von ihm Abschied, entfernte sich und dachte im Geiste: Was für ein sympathischer Soldat.
Schwejk setzte seinen Weg ins Dorf fort und dachte über den Oberst nach. Dabei kam er zu dem Schlusse, daß es vor |764| zwölf Jahren in Trient einen Oberst namens Habermaier gegeben habe, der sich den Soldaten gegenüber auch so freundlich benahm, worauf es sich dann herausgestellt hatte, daß er homosexuell war, denn er wollte in einem Bad an der Ada einen Kadett-Aspiranten schänden und drohte ihm dabei mit dem Dienstreglement.
In solch düstere Gedanken versunken, erreichte Schwejk langsam das unferne Dorf; es bereitete ihm keine große Mühe, den Bataillonsstab zu finden, denn obwohl sich das Dorf sehr in die Länge zog, befand sich darin nur ein einziges anständiges Gebäude, die große Volksschule, die in dieser rein ukrainischen Gegend von der galizischen Landesverwaltung zwecks ausgiebiger Polonisierung der Gemeinde erbaut worden war.
Die Schule hatte während des Krieges einige Phasen durchgemacht. Einigemal waren hier russische Stäbe, österreichische Stäbe einquartiert gewesen, eine Zeitlang, während der großen Schlachten, die über das Schicksal Lembergs entschieden, war der Turnsaal als Operationssaal benutzt worden. Hier wurden Beine und Arme abgeschnitten und KopftŘepanationen durchgeführt.
Hinter der Schule im Schulgarten befand sich eine große trichterförmige Grube, die durch die Explosion einer großkalibrigen Granate entstanden war. In der Ecke des Gartens stand ein starker Birnbaum; auf einem Ast desselben hing ein Stück eines entzweigeschnittenen Stricks, an den kurz vorher der griechisch-katholische Pfarrer des Ortes gehangen hatte, der auf Grund einer Anzeige des polnischen Ortslehrers gehängt worden war; der Lehrer hatte angegeben, daß der Pfarrer Mitglied einer Gruppe von Altrussen sei und während der russischen Okkupation in der Kirche eine Messe für den Sieg des russischen rechtgläubigen Zaren gelesen habe. Das war zwar nicht wahr, denn der Angeklagte war zu jener Zeit gar nicht im Orte anwesend, sondern hielt sich gerade in einem kleinen, vom Kriege unberührten Badeort, in Bochina-Zamurowan, zur Kur seiner Gallensteine auf, allein, das tat nichts zur Sache.
Bei der Hinrichtung des griechisch-katholischen Pfarrers |765| spielten einige Umstände mit: die Nationalität, die religiöse Streitfrage und eine Henne. Der unglückliche Pfarrer hatte nämlich knapp vor dem Kriege in seinem Garten eine von den Hennen des Lehrers, die ihm die eingesetzten Melonenkörner aus dem Boden gepickt
Weitere Kostenlose Bücher