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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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einen Brief diktieren.«
    Er diktierte ihm:
    »Sehr geehrter Herr! Wollen Sie den herzlichsten Dank für |202| die vierhundert Kronen bestellen, die mir Ihre Frau Gemahlin für die Dienste geschenkt hat, die ich ihr während ihres Besuches in Prag geleistet habe. Alles, was ich für sie tun konnte, habe ich gern getan, und deshalb kann ich diesen Betrag nicht annehmen und schicke ihn …
    Nun, schreiben Sie nur weiter, Schwejk, was drehn Sie sich denn so herum? Wo hab ich aufgehört?«
    »Und schicke ihn …«, sagte Schwejk mit zitternder Stimme voller Tragik.
    »Also gut: schicke ihn zurück mit der Versicherung meiner tiefsten Hochachtung. – Einen ergebenen Gruß und Handkuß der gnädigen Frau. Josef Schwejk, Offiziersdiener bei Oberleutnant Lukasch. Fertig?«
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, das Datum fehlt noch.«
    »20. Dezember 1914. So, und jetzt schreiben Sie das Kuvert und nehmen Sie die vierhundert Kronen und tragen Sie sie auf die Post und schicken Sie sie an diese Adresse.«
    Und Oberleutnant Lukasch fing an, lustig eine Arie aus der Operette »Die geschiedene Frau« zu pfeifen.
    »Noch etwas, Schwejk«, fragte der Oberleutnant, als Schwejk zur Post gehen wollte, »wie steht es mit dem Hund, den Sie suchen gegangen sind?«
    »Ich hab einen in petto, Herr Oberlajtnant, ein sehr hübsches Tier. Aber es wird schwer sein, ihn zu bekommen. Morgen, hoff ich, werd ich ihn vielleicht doch herbringen. Er beißt.«

    VI

    Das letzte Wort hatte Oberleutnant Lukasch nicht gehört, und doch war es so wichtig. »Das Biest beißt, was das Zeug hält«, wollte Schwejk nochmals wiederholen, aber zum Schluß dachte er: Was geht das eigentlich den Oberlajtnant an. Er will einen Hund, also bekommt er einen Hund!
    Es ist freilich ganz einfach zu sagen: »Bringen Sie mir einen Hund!« Die Eigentümer von Hunden geben auf ihre Hunde sehr gut acht, es müssen nicht einmal reinrassige Hunde sein. |203| Sogar den Köter, der zu nichts anderem taugt, als einer alten Frau die Füße zu wärmen, liebt sein Eigentümer und läßt ihm nichts zuleide tun.
    Ein Hund fürchtet selbst instinktiv, insbesondere wenn er von reiner Rasse ist, daß er seinem Herrn eines schönen Tages entwendet werden wird. Er lebt ununterbrochen in der Angst, daß er gestohlen werden könnte, gestohlen werden muß. Ein Hund entfernt sich beispielsweise auf dem Spaziergang von seinem Herrn, ist anfangs lustig, übermütig. Spielt mit andern Hunden, kriecht unmoralisch auf sie hinauf und umgekehrt, beschnuppert die Ecksteine, hebt an jeder Ecke, ja sogar bei der Hökerin über dem Korb mit den Kartoffeln ein Beinchen hoch, kurz, empfindet eine solche Freude am Leben und hält die Welt sicherlich für so schön wie ein Jüngling nach glücklich bestandener Matura.
    Plötzlich aber könnt ihr bemerken, daß sein Frohmut verschwindet; der Hund fühlt, daß er verlorengegangen ist. Und erst jetzt fällt wahre Verzweiflung ihn an. Er läuft erschreckt auf der Straße herum, schnüffelt, winselt und zieht in völliger Verzweiflung den Schwanz zwischen die Beine, legt die Ohren nach hinten und stürzt inmitten der Fahrbahn irgendwohin ins Unbekannte.
    Wenn er sprechen könnte, würde er schreien: Jesusmaria, jemand wird mich stehlen!
    Wart ihr einmal in einem Hundezwinger und habt ihr dort solche erschreckten Hunde gesehen? Sie alle sind gestohlen. Die Großstadt hat eine besondere Art von Dieben großgezogen, die ausschließlich vom Hundediebstahl leben. Es gibt kleine Arten von Salonhündchen, Zwerge, Rattler, ganz kleine Dings, sie haben Platz in der Überziehertasche oder in einem Damenmuff, in dem man sie mit sich trägt. Auch von dort zieht man euch den Ärmsten heraus. Eine böse, gefleckte deutsche Dogge, die in der Vorstadt wütend eine Villa hütet, stiehlt man in der Nacht. Einen Polizeihund stiehlt man dem Detektiv vor der Nase weg. Ihr führt einen Hund an der Leine, man schneidet sie entzwei, und schon ist der Dieb samt dem Hund verschwunden, und ihr schaut verdutzt auf die leere Schnur. |204| Fünfzig Prozent der Hunde, denen ihr auf der Straße begegnet, haben einigemal ihre Herren gewechselt, und oft kauft ihr nach Jahren euren eigenen Hund, den man euch als Junges gestohlen hat, als ihr mit ihm spazierengingt. Die größte Gefahr, gestohlen zu werden, droht Hunden, wenn man sie auf die Straße führt, damit sie ihre kleine und große Notdurft verrichten. Besonders bei dem letzten Akt gehen die meisten verloren. Deshalb schaut sich jeder

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