Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
Hund dabei vorsichtig nach allen Seiten um.
    Es gibt einige Systeme, Hunde zu stehlen. Entweder direkt nach Art des Taschendiebes oder durch trügerisches Anlocken des unglücklichen Geschöpfes. Der Hund ist ein treues Tier, allein nur im Lesebuch oder in der Naturgeschichte. Laßt den treuesten Hund eine gebackene Pferdewurst schnuppern, und er ist verloren. Er vergißt den Herrn, neben dem er geht, dreht sich um und geht euch nach. Speichel fließt ihm aus dem Maul, und er wedelt in der Erwartung und Vorahnung der großen Freude freundlich mit dem Schwanz und bläht die Nüstern wie der wildeste Hengst, wenn man ihn zur Stute führt.
    Auf der Kleinseite bei der Schloßstiege befindet sich ein kleiner Bierausschank. Eines Tages saßen dort rückwärts im Halbdunkel zwei Männer. Ein Soldat und ein Zivilist. Zueinander geneigt flüsterten sie geheimnisvoll. Sie sahen aus wie Verschwörer aus den Zeiten der venetianischen Republik.
    »Jeden Tag um acht Uhr«, sagte der Zivilist flüsternd zu dem Soldaten, »geht das Dienstmädchen mit ihm an die Ecke vom Hawlitschekplatz zum Park. Aber er is ein Luder, er beißt, was das Zeug hält. Er läßt sich nicht streicheln.«
    Und noch näher zu dem Soldaten geneigt, flüsterte er ihm ins Ohr: »Nicht mal Wurst frißt er.«
    »Auch keine gebratene?« fragte der Soldat.
    »Nicht mal gebratene.«
    Beide spuckten aus.
    »Was frißt das Luder also?«
    »Gott weiß. Manche Hunde sind verzärtelt und verwöhnt wie der Erzbischof.«
    Der Soldat und der Zivilist stießen an, und der Zivilist fuhr |205| flüsternd fort: »Einmal hat von mir ein schwarzer Spitz, den ich für den Hundezwinger über der Klamowka gebraucht hab, auch keine Wurst nehmen wolln. Drei Tage bin ich ihm nachgegangen, bis ichs schon nicht ausgehalten hab und die Frau, was mit dem Hund spazierengegangen is, direkt gefragt hab, was der Hund eigentlich frißt, daß er so hübsch is. Der Frau hats geschmeichelt, und sie hat gesagt, daß er am liebsten Koteletts hat. Also hab ich ihm ein Schnitzel gekauft. Ich hab mir gedacht, das is sicher besser. Und siehst du, dieses Aas von einem Hund hat sich nicht mal drauf umgeschaut, weils Kalbfleisch war. Er war an Schweinefleisch gewöhnt. So hab ich ihm ein Kotelett kaufen müssen. Ich habs ihm zu beschnuppern gegeben und bin gelaufen und der Hund mir nach. Die Frau hat geschrien: ›Puntik, Puntik!‹ aber woher, der liebe Puntik. Dem Kotelett is er bis um die Ecke nachgelaufen, dort hab ich ihm eine Kette um den Hals gegeben, und am nächsten Tag war er schon im Hundezwinger über der Klamowka. Unterm Hals hat er paar weiße Haare gehabt, einen Fleck, die ham sie ihm schwarz angemalt, und niemand hat ihn erkannt. Aber die andern Hunde, und es waren ihrer viele, sind alle auf eine gebratene Pferdewurst geflogen. Du möchtest auch am besten tun, wenn du sie fragen möchtest, was der Hund am liebsten frißt: Du bist Soldat, hast Figur, und sie wird dirs eher sagen. Ich hab sie schon gefragt, aber sie hat mich angeschaut, wie wenn sie mich durchbohren wollt, und hat gesagt: ›Was geht das Sie an?‹ Sie is nicht sehr hübsch, sie is ein Aff, aber mit einem Soldaten wird sie sprechen.«
    »Is es wirklich ein Stallpinscher? Mein Oberlajtnant will keinen andern.«
    »Ein fescher Kerl, ein Stallpinscher, Pfeffer und Salz, wirklich reinrassig, so wahr du der Schwejk bist und ich Blahnik heiß. Mir handelt sichs drum, was er frißt, das gib ich ihm und bring dir ihn.«
    Beide Freunde stießen abermals an. Als sich Schwejk vor dem Krieg noch mit dem Verkauf von Hunden ernährte, hatte Blahnik sie ihm geliefert. Er war ein erfahrener Mann, und man erzählte von ihm, daß er unterderhand in der Abdeckerei verdächtige |206| Hunde kaufe und wieder weiterverkaufe. Er hatte sogar schon einmal die Hundswut gehabt, und im Pasteurinstitut in Wien war er wie zu Hause. Jetzt hielt er es für seine Pflicht, dem Krieger Schwejk uneigennützig zu helfen. Er kannte alle Hunde in ganz Prag und Umgebung und sprach deshalb leise, um sich nicht vor dem Wirt zu verraten. Vor einem halben Jahr hatte er nämlich unter dem Rock einen jungen Hund aus dem Gasthaus weggetragen, einen Dachshund, dem er aus einer Saugflasche Milch zu trinken gegeben hatte, so daß der dumme Hund ihn offenbar für die Mutter hielt und sich unter dem Mantel gar nicht regte.
    Er stahl aus Prinzip nur reinrassige Hunde und hätte gerichtlicher Sachverständiger sein können. Er lieferte in alle Hundezwinger und auch in

Weitere Kostenlose Bücher