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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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waren es zusammen mit dem Wiener Geld mehr als 4000 Schilling – auszugeben, sie war reine Zukunft. Ich wartete immer noch auf den richtigen Zeitpunkt – wie der Mann, dem der Teufel eine Zauberuhr schenkt, mit der er die Zeit anhalten könne, wenn er meinte, glücklich zu sein; allerdings unter der Geschäftsbedingung, sollte er sie bis an sein Lebensende nicht angehalten haben, werde er in die Hölle abtransportiert.
    Herr Lundin entschuldigte sich, der Anruf sei leider sehr wichtig, aber auch sehr erfolgreich gewesen. Er tänzelte auf seinen für diese Körperfülle ungewöhnlich zarten Füßen und zeigte mir an der einen Hand den aufgestellten Daumen, an der anderen Zeigefinger und Mittelfinger zum Victory gespreizt. Ob ich mir seinen Vorschlag überlegt hätte.
    Ich sagte: »Ja, Herr Lundin, das habe ich, ich will mich bemühen, Leifs schulische Leistungen nicht nur zu halten, sondern sogar zu steigern.«
    Er nickte, mit nichts anderem war gerechnet worden; nahm, noch während ich sprach, seine Brieftasche vom Fensterbord, schlug sie auf und gab mir, als ich mein Sätzchen abgespult hatte, einen Fünfziger, zwei Zwanziger und einen Zehner.
    »Fürs erste. Und bedanke dich nicht! Wo Dank ist, ist auch Undank, und reiche Männer wie ich schaffen sich viele Undankbare, weil sie niemals so viel geben, wie sie geben könnten.«
    Als er, seine Aktenmappe unter dem einen, einen dünnen hellen Mantel unter dem anderen Arm, über die Steintreppe nach unten eilte, wo Herr Wohlwend neben dem Mercedes wartete und seine Old Gold paffte, rief er, ohne nach mir zu sehen: »Wir beide, wir beide, Master Anders Philip, wir beide sollten einmal ausführlichst miteinander reden! Und jetzt hol dir aus dem Eisschrank, was ihr braucht!«
    Hundertvierzig Franken in fünf Minuten! Und der Tag war noch nicht zu Ende.
    Ich betrat das Haus, zum ersten Mal übrigens. Es roch nach Kaffee und Rasierwasser. Der Flur war nicht kleiner als unser Wohnzimmer, an den Wänden hingen Gemälde, die Landschaften zeigten, die meisten Dünen mit Meer und Dünen ohne Meer. Ich öffnete eine der Türen und betrat einen riesigen Raum mit einem Kristalllüster an der Decke. Unter den Atelierfenstern zog sich eine burgunderrote Polsterbank hin, sieben Meter lang oder mehr, mit Einbuchtungen und Ausbuchtungen versehen, die als Liegen verwendet werden konnten und auf denen Dutzende bunte Kissen aufgereiht waren. In einer Ecke, zusammengerollt unter einer Decke, lag Frau Lundin, und wie es schien, schlief sie. Ich erkannte sie an ihren Haaren und an ihrer Hand, eigentlich an dem Ring an ihrer Hand. Leise verließ ich das Zimmer und legte die Tür ins Schloss. Ich fand die Küche und nahm zwei Phanta-Flaschen aus dem Kühlschrank. Meine Mutter versteckte ihr Haushaltsgeld in einer Tasse im Küchenkasten, so hatte es auch Moma gehalten und auch meine Großtante Martha aus der Josefsstadt in Budapest, wie sie überall stolz und töricht herumerzählt hatte. Ich öffnete eine der schmalen Türen über der Spüle, fuhr mit der Hand nach hinten und tastete das Geschirr ab. In einem Milchtopf fand ich eine Rolle Banknoten. Zwei Zehner steckte ich ein.
    Und auch das war noch nicht alles an diesem Tag.
    In der Garage fragte mich Leif, ob ich es irgendwie anstellen könnte, dass er in seiner Klasse nicht mehr »der Gelbe« genannt werde. Er fürchte, dass der Name auf die ganze Schule übergreife und schließlich nicht mehr zu stoppen sei und ihm womöglich lebenslang anhänge. Ähnlich sei es bei dem Amerikaner Benjamin Siegel gewesen, der im Spielbankgeschäft steinreich geworden sei; er sei ein brutaler Erpresser und Mörder gewesen, ein Gangster erster Sorte, und jeder hätte ihn gefürchtet, aber jeder hätte ihn »Bugsy« genannt, trotzdem er es ausdrücklich verboten habe. Wie er denn wünsche, genannt zu werden, fragte ich. Bei seinem Familiennamen, gern mit dem Artikel davor: der Lundin.
    »Ich gebe dir fünfzig Franken, wenn du es fertigbringst«, sagte er.
    Ich sagte, ich wolle sehen, was sich machen lässt. Fügte aber hinzu: »Gib mir fünfundzwanzig gleich, und fünfundzwanzig, wenn ich es geschafft habe.«
    »Und wenn du es nicht schaffst«, fragte er, und zum ersten Mal glaubte ich, Schüchternheit bei ihm zu erkennen, »gibst du mir dann die fünfundzwanzig zurück?«
    »Nein«, sagte ich, »die gebe ich dir nicht zurück. Einen Vorschuss gibt man nicht zurück.«
    Vertrauensvoll blickte ich in die Zukunft …
     

5
     
    … und nun, dort angekommen,

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