Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)
aber groß. Dringend. Es zerreißt mich. Ich trau mich nicht vor dir. Ich ging vor die Tür. Ich hörte, dass sie Krämpfe hatte. Sie stöhnte und schrie. Ich holte drei Rollen Klopapier, mehr waren in der Toilette nicht. Daran hatte ich nicht gedacht. Und Cookie hatte auch nicht daran gedacht. Sie stand vornübergebeugt und heulte und schrie und brüllte. Das Wasser tropfte ihr aus den Augen und aus der Nase und aus dem Mund. Ich habe Krämpfe, gib mir etwas, heulte sie. Ich sah, wie sich ihr Bauch bewegte. Es war, als kröchen daumengroße Käfer unter ihrer Haut. Und in den Beinen habe ich auch Krämpfe. Hat er dir nichts Krampflösendes dagelassen? Ist er ein Arzt? Ich verreck! Was soll ich mit Chips und Cola! Gib mir wenigstens ein Valium! Sie sackte auf die Knie nieder und zur Seite und versuchte zu kotzen, aber es kam nichts mehr. Schau, schrie sie, was ist das? Um Gottes willen, was ist das? Die Krämpfe in ihrem Bauch waren so heftig, dass sich ihr Körper verbog und nach hinten spannte. Nun waren keine Käfer unter ihrer Haut, nun waren es Schlangen, die einander bekämpften. Es ist nichts, sagte ich. Das gehört dazu. Ich hatte von Fixern gehört, die sich die Seele aus dem Leib gekotzt haben, die sich vollgeschissen haben, und endlich hat ihnen einer ein kleines Spritzchen mit ihrem Zeug gegeben, und fünf Minuten später kamen sie frisch rasiert und blühend wie nach einem Achtstundenschlaf aus dem Badezimmer und sagten, wohin gehen wir heute Abend. Cookie hatte den Höhepunkt auf fünfunddreißig bis vierzig Stunden nach dem letzten Schuss veranschlagt. Das hieß, Janna hatte noch eine Strecke vor sich.
Ich zog sie an den Händen in den Gang hinaus und zur Dusche. Ich sperrte hinter uns zu und drehte in einer der Kabinen das Wasser auf. Ich zog ihr die Kleider aus, achtete darauf, dass nichts kaputtging, sie hatte nichts anderes bei sich. Ich hob sie hoch und schleppte sie unter die Dusche. Sie schlug mit Armen und Beinen um sich. Als das Wasser auf sie niederprasselte, sackte sie zusammen. Ich zog den Vorhang vor. Das warme Wasser tat ihr gut. Ich klaubte ihre Kleider auf, ging in die Werkstatt und stopfte sie in die Waschmaschine. Es war kein Waschmittel da. Ich holte das Haarshampoo aus meinem Kasten, rief, ich komme gleich, bekam keine Antwort, ließ eine Handvoll Shampoo in die Waschmaschine laufen und schaltete ein.
Ich seifte Janna mit Shampoo ab. Sie wolle noch eine Weile unter der Dusche bleiben, sagte sie, eine Viertelstunde. Ich solle ruhig ins Zimmer gehen und mir keine Sorgen machen.
Ich hatte keine Handtücher mehr. In der Werkstatt suchte ich einen Draht, fand aber nur einen großen Nagel und bog ihn zu einem Dietrich zurecht. Ich rannte hinauf zum Zimmer von Ernst Koch. Die Tür zu öffnen war ein Kinderspiel. Ich nahm die Handtücher aus seinem Kasten, merkte mir, wie sie gelegen hatten, nahm die Flasche mit dem Tabac -Rasierwasser, und die zwei abgepackten Seifen nahm ich auch. Und auch seine Zudecke nahm ich mit. Und eine Wolldecke dazu. Ich warf einen Blick in seinen Schreibtisch. Hier herrschte eine penible Ordnung. Obenauf lag sein Pass.
Ich gab in den Wassereimer Shampoo und Rasierwasser und wischte mein Zimmer und den Gang bis zur Dusche. Aber es stank immer noch. Ich holte mir aus der Küche sämtlichen Tee, den ich fand, schüttete ihn in einen tiefen Teller. Den Teller stellte ich mitten in mein Zimmer und zündete den Tee an. Ich tröpfelte etwas Wasser darauf, damit ordentlich Rauch aufstieg. Das nahm den Gestank einigermaßen. Als Janna aus der Dusche zurückkam, wirkte sie ruhiger.
Eine Stunde oder zwei oder drei schliefen wir.
Irgendwann in der Nacht wachte ich auf. Janna kniete auf dem Fußboden und beugte sich über mich.
Sie sagte: »Magst du im Bett liegen? Sollen wir tauschen?«
Ich legte mich aufs Bett, und sie blieb am Boden. Später zog ich sie ins Bett und hockte mich wieder auf den Boden. Ich las im Schein meiner Schreibtischlampe die Comics noch einmal durch. Ich überlegte, ob ich den Tieren pfeifen sollte. Aber was hätten sie für mich tun können? Hätten sie mit mir gewacht? Ich hörte ein wenig Nachtprogramm im Radio. Ich nahm eine halbe Valium.
Nach weiteren zehn Stunden Schlaf zog sich der Affe von Janna zurück.
Am Mittwoch nach Ostern – Rudis Gott war seit drei Tagen wieder am Leben – kamen die ersten Studenten aus den Ferien ins Heim. Ernst Kochs Sachen hatte ich gewaschen und zurückgebracht, die Rasierwasserflasche mit Wasser
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