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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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auch nicht zurück, als sie zwinkerte. Ich bestellte ein Zack-Zack-Spezial und setzte mich zu Mäcki. In dem Bierglas vor ihm war ein Dutzend Fliegen. Ich müsse ihn um etwas bitten, sagte ich. Dazu sei er da, antwortete er. Ich sagte, ich würde nach dem Essen gehen und draußen auf ihn warten, er solle in einer Stunde nachkommen. Ob ihm das recht sei. Er nickte, und wir machten es so.
    Auf dem Weg zu ihm redeten wir nicht. Er hatte eine kleine Wohnung in einer der Seitenstraßen, die zum Prater hinführten. Inzwischen blies der Föhn heftig. Dass ich eine Waffe bräuchte, sagte ich. Er nickte, schaltete das Licht über dem Küchentisch an, das sehr hell war, und verschwand und kam mit einer schweren Kiste wieder. Er packte aus und stellte Stück für Stück vor:
    »Eine 44.er Magnum. Eine teure Kanone. Irres Gerät. Auf hundert Meter haut sie jedem Wagen den Motorblock durch. Damit kannst du auch einen Panzer knacken. Klingt gut, ha? Ja, sie ist eine Prinzessin. Ein Bananenfresser vom Mexikoplatz wird dafür glatt 6000 aus der Tasche reißen. Qualitätsware. Verkaufe ich nur an sympathische Leute. Gefällt sie dir? Ich finde sie nur ein bisschen unhandlich für ein schnelles Geschäft. Dafür habe ich etwas Besseres, eine 38.er Stupsnase, schön handlich. Ist ein schönes kleines Ding. Alles vernickelt. Klapp einmal die Trommel heraus! Mit einer Magnum schießen sie in Afrika Elefanten den Arsch weg. Die Magnum ist eine zuverlässige Waffe. Die meisten kleinen Dinger sind empfindliche Spielzeuge. Die Stupsnase aber ist robust. Mit der kannst du wie mit einem Hammer Nägel in die Wand reinhauen. Der Lauf verzieht sich nicht. Die arbeitet sehr präzise. Das ist ein echtes Meisterwerk mit einem kräftigen Durchschlag. Oder reizt dich mehr eine Automatic? Das hier ist ein 25.er Colt Automatic. Ein schönes Stück. Ich sag dir, ein superschnelles Ei. Ein Schuss im Magazin, ein Schuss im Lauf. Wenn du durchgeladen hast, liegst du immer vorn. Hier etwas Heißes, eine 38.er Walther. Hat acht Schuss im Magazin. Das ist eine klare Sache. Viele Burschen wollen eine Walther und sonst gar nichts. Diese Walther ist noch besser als die legendäre P 38. Im Zweiten Weltkrieg haben nur Offiziere eine Walther bekommen. Na, ist das ein Schätzchen?«
    Die Szene kam mir bekannt vor, und aus seinem Grinsen schloss ich, dass er meinte, ich wüsste, warum mir die Szene bekannt vorkomme. Gegen Schluss seines Monologs machte er mit der Hand eine Leierbewegung, als spule er einen allgemein bekannten Text ab. Erst als ich auf dem Rückweg durch die Stadt war, fiel mir ein, dass er wortwörtlich aus dem amerikanischen Film Taxi Driver zitiert hatte. Da musste ich schmunzeln.
    Ich nahm die 38.er Walther. Und zwei Schachteln Patronen. Er riet mir zu einem Schalldämpfer. Auch den nahm ich. Ich ließ mir zeigen, wie man die Waffe lädt, wie man sie sichert und entlädt und wie man den Dämpfer aufschraubt. Er machte es mir vor, ich machte es ihm nach. Ich solle die Waffe mit beiden Händen halten, sagte er. Das tat ich und schoss ihm schnell hintereinander zwei Kugeln in den Kopf.
    Ich schaltete das helle Licht aus und ging.
    Vor dem Haus des Arschlochs war es vier, ich hörte die Uhr vom Türmchen des Priesterseminars schlagen, ein liebes Geräusch, das mich durch meine Tage und Nächte im Heim begleitet hatte. In der Wohnung oben brannte Licht. Das Fenster war offen. Es war warm wie im Mai. Musik hörte ich. Ich klingelte. Das Arschloch schaute zum Fenster heraus. Ich rief, er solle mich hereinlassen. Er wollte nicht. Ich sagte, in Ordnung, also komme ich morgen gleich in der Frühe. Er sagte, er wolle auch nicht, dass ich morgen käme. Ich sagte, in Ordnung, also komme ich übermorgen. Er verschwand vom Fenster, das Licht im Flur ging an, und er öffnete die Haustür einen Spalt. Was ich ihm sagen wolle, könne ich auch hier sagen. Er solle mich hereinlassen, sagte ich. Nein, sagte er. In Ordnung, sagte ich, ich komme morgen. Er ließ mich herein. Er habe aber Besuch, sagte er.
    »Wen denn?«, fragte ich. »Janna Lundin?«
    Wie ich auf die Idee komme! Einen Freund.
    Das war mir nicht recht. Ich wollte umdrehen. Wer immer der Freund war, ich hatte nichts mit ihm zu schaffen und er nichts mit mir. Aber der Freund kam schon die Stiege herunter, ein großer dicker Mann mit krausen Haaren wie ein Mopp. Er fragte das Arschloch, was los sei, ob er Hilfe brauche. Ich stand direkt unter der Lampe.
    »Ich weiß, wer du bist«, sagte er plötzlich.

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