Die Abenteuer des Röde Orm
steht es bei Slattes übrigen Verwandten. Für uns wäre das eine schwere Bürde, aber wenn wir mit der Hälfte davonkämen, dann würde es angehen. Und hier ringsum sitzen viel große und angesehene Männer, deren Gürtel mit Silber vollgepfropft sind, so daß sie es wenig merkten, wenn ihr alle nun noch ein halbes Sechstel einsammeln wolltet. Das würde eure Ehre mehren und mir Armem wäre geholfen.«
Aber nun brachen die Richter und Schöffen und sogar der große Volkshaufe in lautes Lachen aus; denn jedermann wußte, daß Gudmunds Geiz noch größer war als sein Reichtum. Als er nun begriff, daß niemand es mit ihm halten wollte, mußte er schließlich klein beigeben, und zwei Männer, die im Namen von Agnes Geschlecht das Wort führten, sagten, daß sie für ihr Sechstel einständen.
»Das beste wäre«, sagte Sone zu Gudmund, »wenn auch du dein Teil gleich einsammeltest, denn hier hast du gewiß viele Verwandte und Freunde, und bei Agnes Verwandten werde ich selbst die Runde machen.«
Toke hatte nun die Silberwaage in der Hand und machte sich ans Rechnen. »Dreizehn machen mit«, sagte er, »und alle zahlen gleich, ausgenommen Olof Sommervogel, der das Doppelte gibt. Auch dem größten Rechenmeister auf Gotland wäre es nicht leicht, zu sagen, was den vierzehnten Teil vom Drittel von sieben und einviertel Mark ausmacht. Aber ein Schlauberger weiß immer Rat, und die Sache wird gleich einfacher, sobald wir in Marderfellen rechnen. Dann berechnen wir den vierzehnten Teil von sechs Dutzend Marderfellen, und das ist soviel wie der siebente Teil von drei Dutzend; und es muß in ganzen Fellen gerechnet werden, denn beim Wägen verliere ich immer ein wenig, das pflegt so zu sein. Dann wird der Anteil eines jeden in Silber ebensoviel wie der Preis von sechs Fellen, und damit haben dreizehn Mann für Geringes viel Ehre gewonnen. Hier habt ihr die Waage und das Gewicht, das jeder prüfen möge, bevor ich mit dem Wägen beginne.«
Kundige Männer prüften nun sorgfältig die Waage, denn die der Händler war oft listig eingerichtet, so daß es sich wohl lohnte, sie näher zu betrachten. Aber das Gewicht konnte nur in der Hand abgeschätzt werden, und als einige Männer dessen Richtigkeit bezweifeln wollten, erklärte Toke sich sofort mit jedem zum Zweikampf bereit, der an solchem Zweifel festhielt.
»Denn es gehört zum Geschäft des Händlers, daß er sich für seine Gewichtsstücke schlägt«, sagte er, »und dem, der das nicht wagt, ist wenig zu trauen.«
»Deswegen soll es keinen Streit geben«, sagte Ugge sehr bestimmt. »Alles Silber, das im Helm gesammelt wird, erhalten Glum und Askman sofort, und welchen Nutzen könnte Toke haben, wenn er falsch wiegt, da ja auch sein eigenes Silber mit dabei ist?«
Jedermann zog nun Silber aus dem Gurt und sein Anteil wurde gewogen. Einige gaben kleine silberne Ringe, andere geflochtenen Silberdraht, wieder andere gaben Silber, das zu viereckigen Stückchen zerhackt war. Die meisten jedoch gaben Münzen, und es gab deren von allen Enden der Welt und aus so fernen Reichen, daß niemand ihren Namen zu sagen wußte. Orm zahlte in andalusischer Münze, denn er besaß deren noch eine Menge; und Olof Sommervogel zog mehrere schön verzierte byzantinische Silberstücke hervor, die das Bild des großen Kaisers Johannes Zimiskes trugen.
Als man mit alledem fertig war, schüttete Toke das eingesammelte Silber in einen kleinen Tuchbeutel und wog alles auf einmal; da zeigte es sich, daß es gut stimmte, so daß das Drittel voll war und noch ein wenig Silber darüber hinaus.
»Das ist zu wenig, um es aufzuteilen und zurückzugeben«, sagte Toke, »denn so kleine Stücke kann ich auf der Waage nicht wiegen.«
»Was soll also damit geschehen?« fragte Ugge. »Mir scheint es unnötig, daß Glum und Askman mehr erhalten, als sie gefordert haben.«
»Geben wir es doch der Witwe Gudny«, sagte Orm, »dann bekommt auch sie etwas für die Kümmernisse, die sie durchgemacht hat.«
Damit waren alle einverstanden, und bald kamen auch Sone und Gudmund mit je dem Sechstel zurück, das sie bei Freunden und Verwandten eingesammelt hatten. Sones Anteil stimmte, aber bei Gudmund fehlte nicht wenig, trotzdem er einen Packen Felle und zwei Kupferkessel mitbrachte, um das fehlende Silber zu ersetzen. Er klagte laut und erklärte sich bereit, einen Eid abzulegen, daß er nicht mehr aufbringen könne. Das Fehlende, sagte er, werde ihm hoffentlich einer der reichen Schöffen borgen. Aber dazu wollte
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