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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Bengtsson
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Äsa jedoch freute sich von Herzen, daß sie noch bei Lebzeiten – und daher festlich gekleidet – mit dabei sein und also nicht im Totenhemd aus dem Reiche der Verschiedenen herbeikommen müsse.
    Aber es gab zwei Dinge, die Orm Sorgen machten: das eine war, daß Toke sich noch immer nicht taufen lassen wollte. Bei seinem letzten Besuch hatte er ihn ernstlich zu überreden versucht, wobei er alle Vorteile aufgezählt hatte, die jedermann nun bald werde merken können; aber Toke war halsstarrig geblieben und hatte sich über Orms Eifer ein wenig lustig gemacht.
    »Wenn Toke nicht mit dabei ist, mag einem im Himmelreich die Zeit abends recht lang werden«, sagte Orm mehr als einmal zu Ylva. »Mir werden dort viele angesehene Männer fehlen, die ich gekannt habe und die nie dorthin kommen werden: Krok und Almanzur und Styrbjörn und Olof Sommervogel und außer diesen noch viele andere. Von Leuten, an denen mir gelegen ist, werden bloß wir und die Kinder da sein, auch unsere Alte, der Vater Willibald, Rapp und das Hofgesinde, dazu der Bischof Poppo und dein Vater, König Harald. Und das ist gut so. Aber noch besser wäre es, wenn auch Toke dabei wäre. Seine Frau ist’s, die ihn daran hindert.«
    »Laß die beiden es damit halten, wie sie wollen«, sagte Ylva. »Alles mag noch ganz anders kommen, als wie du dir’s denkst. Vielleicht hat Gott es gar nicht so eilig mit dem Zerstören der Welt, deren Schöpfung ihm gewiß viel Mühe gemacht hat. Vater Willibald sagt ja, daß uns Flügel wachsen werden; aber denke ich mir ihn oder auch dich oder Rapp geflügelt, dann muß ich lachen. Und ich selbst will keine Flügel haben, wohl aber will ich meine Halskette behalten; doch glaube ich kaum, daß mir’s erlaubt sein wird. Darum bin ich nicht so sehr nach alledem aus und will es lieber erst sehen, bevor ich daran glaube.«
    Das andere, was Orm Sorgen machte, war die Aussaat. Er wollte wissen, zu welcher Jahreszeit Christus zu erwarten sei; aber darüber wußte Vater Willibald gar nichts. Auch wenn das Getreide bis zur Wiederkunft Christi reifen sollte, so war Orm doch im Zweifel darüber, ob die Aussaat sich lohnte, denn für das Geerntete würde man möglicherweise gar keine Verwendung mehr haben. Aber es gelang ihm bald genug, über diese Besorgnisse hinwegzukommen.
    Mehr denn je zuvor trachteten schon zu Anfang dieses Jahres die getauften Frauen nach Liebe. Denn sie wußten nicht, wie es mit alledem im Himmelreich werden würde und wollten daher, solange noch Zeit dazu war, soviel als möglich davon genießen. Denn die irdische Art schien ihnen doch die beste, was auch das Himmelreich ihnen dereinst bieten mochte. Die unverheirateten jungen Mägde wurden widerspenstig und liefen in jedem freien Augenblick hinter den Männern her, und auch bei den Verheirateten ließ sich ein deutlicher Unterschied merken, obschon sie sich sittsam an ihre eigenen Männer hielten; denn so nahe dem göttlichen Gericht schien ihnen das am ratsamsten.
    So kam es, daß schon im Frühling dieses Jahres fast jede Frau auf dem Hof ein Kind erwartete. Als Orm sah, daß es sich mit Ylva, mit Torgunn und anderen so verhielt, wurde ihm leichter zumute, und er befahl, die Aussaat wie gewöhnlich vorzunehmen.
    »Denn«, sagte er, »im Himmel werden keine Kinder geboren. Sie müssen also noch auf Erden geboren werden, und weil diese Frauen erst zu Anfang des nächsten Jahres so weit sind, kann es gar nicht anders sein, als daß die Gottesmänner sich verrechnet haben oder daß Christus seinen Beschluß geändert hat. Und nun weiß ich ein sicheres Zeichen für seine Wiederkunft: die wird neun Monate, nachdem die Fruchtbarkeit der Frauen aufgehört hat, geschehen. Dann mögen wir uns bereit halten; vorher ist es nicht nötig.«
    Vater Willibald hatte nichts anzuführen, was Orm zu anderer Ansicht gebracht hätte, und als es immer später im Jahr wurde, begann sogar er, der Priester, ein wenig unsicher zu werden. Es mochte ja sein, sagte er, daß Gott seinen Ratschluß geändert habe, denn es gebe noch viele Sünder auf Erden, denen das Evangelium noch nicht gepredigt worden sei.
    In diesem Herbst kam von Osten her eine Schar Fremder durch die Grenzlande gezogen. Sie waren allesamt Krieger; alle waren von Waffen gezeichnet, und einigen von ihnen bluteten noch die Wunden. Es waren ihrer elf, die um Speise und Nachtlager bittend von Hof zu Hof zogen, und wo sie das erhielten, verweilten sie eine Nacht oder zwei, machten sich aber dann wieder auf. Sie

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