Die Abenteuer des Röde Orm
hatten, aufgegessen war. Während der Fisch gebraten wurde, saßen die Männer mit finsteren Mienen an den Feuern, denn sie sehnten sich nach Fleisch und waren sich darüber einig, daß viel Fisch den Menschen schwermütig mache. Sie fingen nun auch an, des anstrengenden Ruderns überdrüssig zu werden, aber Spof tröstete sie damit, daß sie bald anderes zu sehen bekommen würden.
»Das eigentlich anstrengende Rudern hat nämlich noch gar nicht begonnen«, sagte er. Den Sonesöhnen behagte das viele Fischessen am wenigsten, und sie gingen jeden Abend mit Speer und Bogen auf die Jagd. Sie waren geschickt im Aufspüren der Wildpfade und Tränken, aber trotz aller Ausdauer, und obschon sie stets spät zum Lager zurückkehrten, dauerte es lange, bis sie ein Wild zur Strecke brachten. Schließlich erlegten sie einen Elch, den sie in eine Schlucht getrieben hatten. Dieses Mal kamen sie erst in der Morgendämmerung zum Lager zurück. Sie hatten im Walde ein Feuer gemacht und sich satt gegessen; das Fleisch, das sie mitbrachten, teilten sie nur knausernd im Lager aus.
Von jetzt ab wurde mit größerem Eifer gejagt. Ulf Frohsinn, Svarthövde und andere schlossen sich den Sonesöhnen an, und Orm ärgerte sich, daß er nicht einige der großen Hunde mitgenommen hatte, die ihm nun gute Dienste geleistet hätten.
Eines Abends kam Svarthövde atemlos zum Lager gelaufen und rief nach Männern und Stricken. Nun gäbe es Fleisch genug für alle, sagte er, und das brachte jedermann auf die Beine. Sie hätten fünf große Tiere in einen Sumpf getrieben und erlegt, und viele Männer seien nötig, um sie herauszuziehen. Alle waren mit Freuden bereit mitzuhelfen, und bald lag die herrliche Beute auf trockenem Boden. Die Tiere sahen wie große, bärtige Ochsen aus, wie Orm sie noch nie gesehen hatte. Aber einige von Tokes Mannen behaupteten, es seien Wildochsen, deren es am See Asne in Värend noch einige gäbe und die man dort heilig halte.
»Morgen machen wir uns einen freien Tag und halten ein Festmahl«, sagte Orm.
Und es wurde ein Festmahl, das allen benagte. Zu dem Fleisch der Wildochsen, dessen guter und kräftiger Geschmack hoch gerühmt wurde, gesellte sich der Rest des Bieres, das an der Flußmündung gebraut worden war.
»Das mag jetzt draufgehen«, sagte Orm. Es war nämlich schon ein wenig sauer geworden.
»In der Stadt der Polotjaner können wir Met bekommen«, sagte Spof. »Aber laß dich nur nicht verlocken, an das Schleppbier zu gehen.«
Als sie sich von diesem Mahl erholt hatten, fuhren sie weiter, und nun hatten sie Glück, denn einen ganzen Tag lang konnten sie Segel setzen. Nun gelangten sie in Gegenden, in denen Menschen sich aufzuhalten schienen.
»Hier fängt das Gebiet der Polotjaner an«, sagte Spof, »aber wir bekommen erst welche zu sehen, wenn wir ihre Stadt erreicht haben. Die in der Wildnis wohnen, kommen nicht hervor, wenn ein Schiff sich nähert, denn sie fürchten, als Ruderer ergriffen und in der Fremde verkauft zu werden.« Spof erzählte auch, daß die Polotjaner keine anderen Götter hätten als die Blindschleichen, die bei ihnen in den Hütten wohnten; aber Orm blickte Spof streng an und sagte, er sei schon früher zur See gewesen und glaube von dergleichen Geschichten nur so viel, als ihm selbst rätlich scheine.
Sie kamen zur ansehnlichen Stadt der Polotjaner, die Polotsk hieß und durch Wälle und Pfahlwerk befestigt war. Viele Männer – jedoch nicht die Frauen – gingen dort nackt einher; denn kurz zuvor war die Steuer eingetrieben worden, und der Stadthauptmann hatte befohlen, daß kein Mann Kleider tragen dürfe, der nicht bezahlt hatte, was er dem Großfürsten schuldig war. Einige dieser Männer sahen besonders mißvergnügt aus; sie erzählten, sie hätten bezahlt, müßten aber trotzdem nackt gehen, da ihnen nach Erlegen der Steuer keine Kleider geblieben seien. Um ihre Lage noch vor der kalten Jahreszeit zu bessern, boten sie ihre Frauen für eine Jacke und ihre Töchter für ein Paar Schuhe zum Kauf an, und Orms Mannen trieben mit ihnen schwunghaften Handel.
Der Stadthauptmann war von schwedischer Herkunft und hieß Faste; er nahm sie freundlich auf und war begierig, Neuigkeiten zu hören. Nachdem er lange dem Großfürsten gedient, war er nun zu Jahren gekommen. In seinem Hause hatte er polotjanische Frauen und viele Kinder, und deren Sprache redete er in der Betrunkenheit leichter als seine eigene. Orm kaufte von ihm Met und Speckseiten und andere Vorräte.
Als sie
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