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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Bengtsson
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Schwert Blauzunge bekam
    Der Zungenlose, der mit Orm am gleichen Ruder saß, wurde immer jämmerlicher und taugte nicht mehr viel; und als das Schiff in einem der südlichen Kriegshäfen des Kalifen, in Malaga, lag, nahm man ihn an Land, um an seine Stelle einen anderen zu setzen.
    Orm hatte während der letzten Zeit die Hauptarbeit am Ruder leisten müssen und war nun neugierig, ob er einen besseren Kameraden bekommen werde. Am nächsten Morgen kam dieser an Bord. Vier Soldaten schleppten ihn zum Schiff und hatten genug damit zu tun, ihn über die Landungsbrücke zu schaffen. Daß er seine Zunge noch hatte, merkte man schon von weitem. Er war jung, schön, bartlos und hatte schlanke Glieder, und er schrie und fluchte ärger, als man es auf dem Schiff je gehört hatte.
    Man hob ihn auf seinen Platz und hielt ihn dort fest, während ihm die Fußkette angelegt wurde; dabei liefen ihm einige Tränen über die Wangen, die aber, wie es schien, hauptsächlich seiner Wut entsprangen. Der Kapitän und der Aufseher kamen herbei, um ihn in Augenschein zu nehmen, und er begann sogleich, sie mit Schmähworten und Drohungen zu überschütten und sie bei vielen Namen zu nennen, die Orm noch nie gehört hatte. Alle Ruderer erwarteten, daß er sogleich gründlich gepeitscht würde. Doch der Kapitän und der Aufseher strichen sich nur den Bart und sahen gedankenvoll aus, und dann lasen sie sorgfältig ein Schreiben durch, das die Soldaten mitgebracht hatten; und an einigen Stellen nickten sie und an anderen schüttelten sie den Kopf und redeten nachdenklich miteinander, während der Neuling sie anschrie und sie Hurensöhne, Schweinefleischfresser und Beischläfer von Eselinnen nannte. Schließlich, als der Aufseher ihm mit der Peitsche gedroht und ihm befohlen hatte, sich ruhig zu verhalten, gingen jene beiden ihres Weges, und darauf brach der Ankömmling allen Ernstes in Tränen aus, so daß es ihn am ganzen Körper schüttelte.
    Orm fand das alles ungewöhnlich und meinte, er werde wohl auch von diesem nur wenig Hilfe haben, aber er war immerhin froh, statt des Zungenlosen einen Kameraden bekommen zu haben, der reden konnte. Indes hatte der Neue anfangs, trotz freundlicher Zuspräche, Orm nur wenig mitzuteilen, und mit seinem Rudern war es auch schwach bestellt. Es fiel ihm in jeder Weise schwer, sich zurechtzufinden, und zu Anfang raste er wegen des Essens, das hier geboten wurde, obschon dieses nach Orms Meinung allerdings knapp bemessen, aber stets sehr gut war. Orm hatte jedoch Geduld mit ihm und ruderte für zwei und redete ihm, so gut er konnte, aufmunternd zu; und mehr als einmal fragte er ihn, wer er sei und was ihn hierher gebracht habe. Der andere sah ihn hochmütig an und zuckte die Achseln; schließlich gab er zur Antwort, er sei aus vornehmem Geschlecht und nicht gewohnt, von Sklaven ausgefragt zu werden, die nicht einmal ordentlich reden könnten. Da sagte Orm: »Für das, was du da gesagt hast, könnte ich dich so, daß du’s richtig spürst, am Nacken nehmen; aber es ist besser, daß wir Frieden halten und miteinander bekannt werden. Sklaven sind wir hier alle, sowohl du wie wir anderen, und du bist nicht der einzige hier an Bord, der aus gutem Geschlecht ist, und dazu gehöre auch ich. Orm heiße ich und bin eines Häuptlings Sohn. Und es stimmt schon, daß ich deiner Sprache nicht mächtig bin, aber von der meinen verstehst du noch weniger, denn von der kannst du ja nicht ein einziges Wort. Darum scheint mir, daß wir, du und ich, uns die Waage halten, und wenn einer von uns besser sein sollte als der andere, so bist du das gewiß nicht.«
    »Du sprichst schlecht«, sagte der Ankömmling, »aber es scheint, daß du einigen Verstand besitzt. Mag sein, daß du bei deinem Stamm als ein Mann von guter Herkunft giltst, aber mit mir kannst du ganz und gar nicht wetteifern; denn mütterlicherseits bin ich von gleichem Stamm wie der Prophet – Friede sei mit ihm! Und du sollst wissen, daß meine Sprache die Allahs ist, wogegen die Teufel alle anderen Sprachen erfunden haben, um der wahren Lehre Hindernisse zu bereiten. Darum sind wir beide nicht gleichgestellt. Khalid heiße ich, Yazids Sohn; mein Vater hatte beim Kalifen ein hohes Amt, und ich selbst besitze große Reichtümer und beschäftigte mich nur mit meinem Lustgarten, mit Gastmählern und mit Musik und Dichtkunst. Allerdings habe ich hier nun anderes zu tun bekommen, aber das wird nicht lange dauern – mögen die Würmer dem, der mich hierher gebracht hat, die

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