Die Abenteuer des Röde Orm
afrikanische Seeräuber zurückgekommen war, erschienen eines Morgens vier Männer an Bord, und als Khalid sie sah, war er außer sich vor Freude und hörte nicht mehr Orms Fragen. Einer der Männer war ein Beamter mit großer Kopfbedeckung und einem Mantel, der ihm bis auf die Füße reichte; er übergab dem Schiffskapitän einen Brief, den dieser zuerst an die Stirn führte und dann mit großer Ehrfurcht las; der andere schien ein Verwandter des Khalid zu sein, denn sobald der von der Fußkette befreit war, fielen sie einander in die Arme und weinten und küßten einander und sprachen gleichzeitig aufeinander ein. Die beiden anderen Männer waren Diener, die Kleider und Körbe trugen; sie zogen Khalid ein schönes Gewand an und reichten ihm Speise. Orm rief ihm zu, ihn an sein Versprechen zu erinnern, aber Khalid hörte nichts, denn er war schon dabei, seinen Verwandten zurechtzuweisen, weil dieser vergessen hatte, einen Barbier mitzubringen. Darauf gingen Khalid und seine Gesellschaft an Land, und der Kapitän und die Schiffsleute grüßten ihn ehrfurchtsvoll; er nickte herablassend und schien kaum jemand zu bemerken. Arm in Arm mit seinem Verwandten verschwand er.
Da wurde Orm traurig, denn an Khalid hatte er gute Gesellschaft gehabt, und nun konnte es leicht sein, daß er, sobald er frei war, sich für zu vornehm hielt, an seine Versprechen zu denken. Ein anderer Mann wurde neben Orm gesetzt, ein dicker Kaufmann, der falsches Gewicht benutzt hatte; der wurde leicht müde und taugte nicht viel; und mitunter bekam er die Peitsche zu schmecken. Dann jammerte er sehr und murmelte fromme Gebete vor sich hin. An ihm hatte Orm wenig Freude; diese Zeit auf dem Schiff war für ihn die allerschwerste. Er hoffte auf Khalid und Salaman, aber je länger die Zeit hinging, desto mehr sank seine Hoffnung.
Aber in Cadiz kam für sie alle doch endlich der glückliche Tag. Ein Hauptmann erschien mit einer Schar Männer am Schiff, und alle Nordmänner wurden von ihren Fußeisen befreit. Sie erhielten Kleider und Schuhe und wurden auf ein anderes Schiff geführt, das flußaufwärts nach Cordova fuhr. Stromauf mußten sie an den Rudern mithelfen, aber hier gab es keine Fußeisen und keine Peitsche, und sie wurden oft abgelöst. Dazu durften sie beisammensitzen und zum ersten Male seit langer Zeit unbehindert miteinander reden. Zwei Jahre lang und den größten Teil des dritten waren sie Rudersklaven gewesen, und Toke, der jetzt viel sang und lachte, sagte, er wisse allerdings nicht, was nun mit ihnen werde, dies aber wisse er: daß es hohe Zeit für ihn sei, so viel zu trinken, bis ihm der Durst ganz vergangen sei. Doch Orm sagte, er täte am besten, bis zu einer passenden Gelegenheit damit zu warten, denn es könne schlimm werden, wenn es zu Gewalttätigkeiten käme, und die pflege es (wenn er sich recht erinnere) zu geben, sobald Toke seinen Durst einmal wirklich gelöscht habe. Auch Toke selbst war der Meinung, daß es für ihn besser sei, zu warten, aber leicht werde das nicht sein, sagte er. Sie waren alle neugierig zu erfahren, was mit ihnen werde, und Orm berichtete nun von dem Gespräch, das er mit Khalid gehabt hatte. Da sagten die Mannen viel zum Lobe Orms und Salamans, und obschon Orm der jüngste von ihnen war, sahen sie nun alle in ihm ihren Häuptling.
Orm fragte den Hauptmann, was mit ihnen geschehen werde, und ob er Salaman kenne; aber der Hauptmann wußte nicht mehr, als daß ihm befohlen war, sie nach Cordova zu bringen; und Salaman kannte er nicht.
Sie kamen in der Stadt des Kalifen an und sahen sie zu beiden Seiten des Stromes daliegen, erfüllt von Häusern und weißen Palästen und Palmengärten und Türmen. Sie verwunderten sich über ihre Größe und Schönheit, die alles überstieg, was sie sich hatten denken können, und ihr Reichtum schien ihnen hinreichend, allen Seefahrern des ganzen Dänenreiches lohnende Plünderung zu bieten.
Sie wurden durch die Stadt geführt und betrachteten neugierig das Menschengewimmel, und die Männer klagten, daß so wenige Frauen dabei seien und daß man von diesen wenigen nicht mehr zu sehen bekäme, denn sie gingen verhüllt und verschleiert einher.
»Es gehört schon viel dazu«, sagte Toke, »daß mir nicht die erste beste Frau, mit der ich vielleicht ins Gespräch gerate, als große Schönheit erscheint. Denn wir sind nun drei Jahre lang bei diesem Volk gewesen, ohne auch nur einer einzigen in die Nähe gekommen zu sein.«
»Haben wir erst unsere Freiheit, so
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