Die Abenteuer des Röde Orm
worden war, fertig werden können und saß nun da und hatte vom Bier das Schlucken; aber er wollte sich trotzdem zur Sache äußern. Er sagte, daß er ihnen allen gern vom Königssohn Absalom erzählen wolle, der seines langen Haares wegen ins Unglück gekommen sei. Das, sagte er, sei eine gute und lehrreiche Geschichte, die in Gottes eigenem heiligem Buche geschrieben stehe. Aber König Sven sagte da gleich, er möge dergleichen Frauen und Kindern erzählen, wenn die es anhören wollten; und zwischen ihm und dem Bischof entstand nun deswegen ein Wortstreit.
Da sagte König Harald: »Bei einem Gastmahl wie diesem, das sechs Tage dauert, werden viele hier Zeit haben, etwas vorzutragen, und es gibt wenig, was besser ist, als eine gute Geschichte zu hören, wenn man sich sattgegessen hat und dazu noch Bier in der Kanne ist. Denn so geht die Zeit zwischen den Mahlzeiten schnell hin, und es kommt über die Tische hinweg zu weniger Wortgefecht. Und zur Ehre des Bischofs muß ich sagen, daß er gute Geschichten kennt, denn ich habe selbst viele, sowohl von Heiligen und Aposteln wie auch von alten Königen im Morgenland, mit Vergnügen gehört. Er hat viel von einem, der Salomo hieß, gesprochen; der war von Gott geliebt und war wie ich, nur daß er allerdings noch mehr Frauen hatte. Und mir wäre es nach dem Sinn, wenn der Bischof sich als erster ans Erzählen machte, noch bevor er vom Essen und Bier müde wird; denn das Jultrinken bekommt ihm nicht so gut wie uns, da er nicht beizeiten daran gewöhnt worden ist. Und nach ihm sollen andere erzählen: die bei Hjörungaväg mit dabei gewesen sind oder die mit Styrbjörn bei den Wenden waren oder sonstwo. Und hier sitzen auch Männer, die in Hispanien gewesen sind und mit einer heiligen Glocke bei mir angesegelt kamen und mir zu großem Nutzen gereicht haben. Und auch ihnen wollen wir, so lange dieses Gastmahl dauert, gern zuhören.«
Alle fanden, daß König Harald weise gesprochen habe, und es geschah nun so, wie er gesagt hatte; an jenem Abend erzählte der Bischof vom König David und seinem Sohn Absalom. Er sprach mit großer Klugheit und so laut, daß alle ihn hören konnten; und außer König Sven gefiel die Geschichte allen. Als der Bischof mit seiner Erzählung zu Ende war, meinte König Harald, daß diese Geschichte aus verschiedenen Gründen wohl wert sei, im Gedächtnis behalten zu werden, und Styrbjörn lachte und sagte, indem er König Sven zutrank: »Vielleicht ist das ein guter Rat an dich, von nun an das Haar ebenso kurz zu schneiden wie ein Bischof.«
König Harald gefiel dieser Vorschlag; er schlug sich auf den Schenkel und kam so ins Lachen, daß die Bank des Hochsitzes bebte; und als seine und Styrbjörns Mannen ihre Herren lachen sahen, stimmten sie alle, auch die, die nichts gehört hatten, mit ein, so daß die ganze Halle dröhnte. Aber König Svens Mannen mißfiel das, und er selber erblaßte vor Wut und murmelte vor sich hin und biß sich in den Lippenbart und sah gefährlich aus, als ob er bereit wäre, aufzuspringen und gewaltsam zu werden. Styrbjörn saß vornübergebeugt und sah ihn aus seinen bleichen Augen an, in die kein Blinken kam, und dabei lächelte er; und nun war große Unruhe in der Halle, und es sah aus, als würde der Julfrieden schlecht geraten. Der Bischof streckte die Hände aus und schrie irgend etwas, das keiner hörte, und die Männer hielten einander über die Tische hin scharf im Auge und tasteten nach Gegenständen zum Zuschlagen. Aber die beiden Gaukler des Königs – zwei irische Männchen, die ihrer Possen wegen weitberühmt waren – sprangen nun auf den Tisch des Königs; sie trugen scheckige Jacken, hatten Federn im Haar und fingen an, mit ihren weiten Ärmeln flatternd sich zu brüsten und dabei zu scharren; und sie reckten die Hälse und krähten einander zu, so daß es allen schien, sie hätten noch nie einen wirklichen Hahn so gut krähen hören wie diese beiden; und bald hatten alle ihren Zorn vergessen und saßen schwach vor Lachen über diese Kunststücke da. Und damit war der erste Tag des Festes zu Ende.
Als man am nächsten Tage gegessen hatte und die Fackeln gebracht worden waren, erzählte Sigurd Buesson, was er in Hjörungaväg erlebt und welchen Nutzen er von seinem langen Haar gehabt hatte. Alle wußten von dieser Heerfahrt: wie die Jomsvikinger und die Männer von Bornholm und Schonen mit einer großen Flotte unter den Söhnen Strutharalds und Bue dem Dicken und Vagn Äkesson hinausgesegelt waren, um
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