Die Abenteuer des Röde Orm
steckte seine Wurst so tief in den Mund hinein, als es nur ging, biß ab und kaute; darauf wandte er sich schnell wieder um und griff nach dem Bedienten, der mit dem Troge weitergehen wollte. Er bekam ihn an der Jacke zu fassen und sagte: »Wenn es nicht gegen König Haralds Befehl ist, so gib mir gleich noch mehr Wurst; denn im Lande der Andalusier, wo es keine rechte Speise für Männer gibt, ist es mir lange schlimm ergangen; und nun sind es die Blutwürste von sieben Julfesten, nach denen ich mich sehne, weil ich sie nicht zu schmecken bekommen habe.«
»Mir geht es ebenso«, sagte Orm. Der Diener lachte und meinte, König Harald habe Würste genug für alle. Er legte jedem ein gutes Stück von der dicksten Sorte vor, und nun waren sie beruhigt, und machten sich ernsthaft ans Essen.
Eine gute Weile lang wurde nun nicht viel geredet, weder am Tisch des Königs noch an den anderen, außer, wenn nach Bier verlangt oder mitten im Kauen das Julessen des Königs gerühmt wurde.
Orm zur Rechten saß ein junger Mann, der sein Essen mit einem Messer zerschnitt, das einen silbernen verzierten Schaft hatte. Er war von heller Hautfarbe und hatte langes und schönes Haar, das sorgfältig gekämmt war. Er gehörte zur Gefolgschaft Thorkels des Hohen, und da er am Königstisch so hoch oben saß, obschon er noch bartlos war, mußte er von guter Herkunft sein; das merkte man auch an seinen feinen Kleidern und seinem silbernen Schwertgurt.
Als der erste Eßeifer vorüber war, wandte er sich zu Orm und sagte: »Es ist gut, bei Festessen neben weitgereisten Männern zu sitzen, und ich glaube gehört zu haben, daß du weiter herumgekommen bist als die meisten.«
Orm gab zur Antwort, daß das stimme und daß er und Toke sieben Jahre in Hispanien gewesen seien.
»Denn aus verschiedenen Gründen zog sich unsere Reise länger hin, als wir erwartet hatten, und viele von denen, die mit hinausfuhren, sind nie zurückgekehrt.«
Orm fragte den jungen Mann, wer er sei und welche Reisen er mitgemacht habe.
»Ich bin von Bornholm«, sagte der andere, »und heiße Sigurd, und Bue der Dicke war mein Vater. Von ihm hast du vielleicht gehört, wenn du auch lange im Ausland gewesen bist. Ich war mit dabei bei Hjörungaväg, wo er fiel, und mit Vagn und anderen wurde ich gefangengenommen. Und ich würde nun nicht hier sitzen und mit dir reden, wenn ich nicht mein langes Haar gehabt hätte; denn mein Haar hat mir das Leben gerettet, als die Gefangenen getötet werden sollten.«
Nun waren mehrere an diesem Tisch schon einigermaßen satt und fingen an, gesprächig zu werden; und Toke kam auch ins Reden und sagte, was der Bornholmer erzählt habe, höre sich seltsam an und möge eine gute Geschichte abgeben; denn er selber sei immer der Meinung gewesen, daß langes Haar dem Seefahrer mehr Schaden als Nutzen bringe. Thorkel der Hohe saß da und reinigte die Zähne in der höfischen Art, die unter bereisten großen Männern Brauch zu werden begann: er saß zur Seite gewandt und hielt eine Hand flach vor den Mund. Er hörte dieses Gespräch und sagte, langes Haar habe Kriegern schon mehr als einmal Unglück gebracht, weswegen verständige Männer es sich stets unter den Helm aufzubinden pflegten; aber aus Sigurd Buessons Geschichte könne man lernen, daß dem Klugen auch langes Haar nützlich sein kann, und er hoffe, alle in der Halle würden diese Geschichte zu hören bekommen.
König Sven war nun guter Laune geworden, nachdem er anfangs finster geblickt hatte, als Styrbjörn ihm zu Gesicht gekommen war; er saß zurückgelehnt auf seinem Hochsitz, nagte an einem Schweinefuß und spuckte die Knochen in das Stroh auf dem Fußboden, während er zufrieden zusah, wie König Harald, der sich mit Styrbjörn über Frauen unterhielt, dauernd und mehr als jeder andere aß und trank. Er hörte, was über langes Haar gesagt wurde, und ergriff selbst das Wort, indem er sagte, daß ein kluger Krieger auch an seinen Bart denken müsse; denn in einem Kampf bei windigem Wetter könne ihn der Bart leicht im Sehen stören, gerade wenn es darauf ankomme, sich vor Hieb und Wurf zu hüten; und daher, sagte er, habe er es sich schon früh zur Gewohnheit gemacht, den Bart auf Heerfahrten stets geflochten zu tragen. Nun aber wolle er gern hören, welchen Nutzen Sigurd Buesson von seinem langen Haar gehabt habe, denn Männer, die bei Hjörungaväg mit dabei gewesen seien, pflegten nicht Mittelmäßiges zu berichten.
Bischof Poppo hatte nicht mit allem, was ihm vorgelegt
Weitere Kostenlose Bücher