Die Abenteuer des Röde Orm
gehabt.«
Orm antwortete, daß er von seltsamen Bräuchen recht viel wisse, denn er sei im Südlande, wo niemand Schweinefleisch essen dürfe, gewesen und auch bei den Mönchen in Irland, die es darauf abgesehen hätten, ihn zu taufen.
»Und mir will es nur langsam in den Kopf«, sagte er, »wie dergleichen den Menschen nützen und den Göttern Freude machen kann. Ich will den Bischof oder irgendeinen anderen Mann Gottes sehen, der mich dazu bringt, mich bis über die Ohren in kaltes Wasser zu stecken, es mag Sommer oder Winter sein. Und ich habe auch gar keine Lust, mir von ihnen Wasser über den Kopf gießen zu lassen, während sie über mir Gebete sprechen. Denn ich glaube fest, daß man sich vor allen Beschwörungen und Weihen sehr in acht nehmen muß.«
Ylva sagte, daß einige von König Haralds Mannen nach ihrer Taufe über Hexenschuß geklagt und deswegen vom Bischof Schmerzensgeld verlangt hätten; aber sonst sei nichts Schädliches gemerkt worden, und es gebe viele, die im Gegenteil die Taufe für gesundheitsfördernd hielten. Gegen Schweinefleisch hätten die Priester hier nichts einzuwenden gehabt, wie Orm das ja selber beim Julfest habe merken können, und sie kümmerten sich überhaupt nicht viel um das, was man esse. Nur wenn man ihnen Pferdefleisch anbiete, pflegten sie auszuspucken und sich zu bekreuzigen, und mitunter hätten sie wohl auch flüsternd den Rat gegeben, am Freitag lieber kein Fleisch zu essen; aber da habe ihr Vater gesagt, solches Gerede wolle er nicht wieder hören. Sie selbst könne nicht sagen, daß sie durch die neue Lehre irgendein Ungemach gespürt habe. Aber manche hielten dafür, daß die Ernten schlechter geworden und die Milch der Kühe dünner sei, nun da man angefangen habe, die alten Götter zu vernachlässigen.
Sie zog langsam den Kamm durch einen Haarbüschel, den sie entwirrt hatte, hielt ihn gegen das Tageslicht und sah ihn sich genau an.
»Ich weiß nicht, wie es kommen mag«, sagte sie, »aber es sieht so aus, als hättest du keine einzige Laus im Haar.«
»Das kann nicht sein«, sagte Orm. »Dann ist der Kamm schlecht. Kämm fester.«
Sie sagte, es sei ein guter Lausekamm, und nun drückte sie ihn so fest gegen die Kopfhaut, daß es weh tat. Aber keine Laus war zu finden.
»Dann steht es schlimm mit mir«, sagte Orm, »schlimmer, als ich glaubte. Denn dann ist die Krankheit ins Blut gegangen.«
Ylva meinte, daß es vielleicht nicht so gefährlich sei, aber Orm nahm es sich sehr zu Herzen. Er lag nun, solange sie ihn kämmte, schweigsam da und knurrte traurig als Antwort auf ihr Schwatzen. Aber desto mehr hatten Toke und Mirah einander zu sagen; sie schienen immer besser übereinzukommen. Endlich war Orms Haar und Bart fertiggekämmt und Ylva betrachtete mit Zufriedenheit ihr Werk.
»Nun gleichst du eher einem Häuptling als einer Heuschrecke«, sagte sie. »Wenige Frauen würden nun vor dir davonlaufen, und das hast du mir zu danken.«
Sie hob seinen Schild auf, rieb ihn mit dem Ärmel dort, wo er von Hieben am wenigsten verschrammt war, und hielt ihn Orm hin. Er betrachtete sich darin und nickte.
»Gut gekämmt«, sagte er. »Und das ist mehr, als ich einer Königstochter zugetraut hätte. Aber es mag sein, daß du mehr taugst als die meisten. Nun hast du verdient, daß ich dir mit dem Schmuck zu Willen bin.«
Er öffnete seine Jacke am Halse, zog das Halsband hervor und reichte es ihr. Ylva tat einen Ausruf, als sie es sah; dann wog sie es in der Hand und betrachtete seine Schönheit. Mirah verließ Toke und kam eilig herbei, und auch sie brach in laute Rufe aus.
Orm sagte zu Ylva: »Häng es dir um den Hals.« Sie tat, wie er gesagt hatte. Das Halsband war lang und hing ihr bis zu den Brustschildern am Leibchen herab, und sie hatte es eilig, den Schild auf die Wandbank zu heben und sich darin zu spiegeln.
»Es ist lang genug, doppelt um den Hals gelegt zu werden«, sagte sie, und konnte Augen und Finger nicht davon lassen. »Wie soll es getragen werden?«
»Almanzur verwahrte es in einer Truhe, und niemand durfte es sehen. Und ich habe es, seit ich es bekam, unter der Jacke getragen, bis es mir die Haut wund rieb, und unnötig habe ich es niemand gezeigt bis zu diesem Julfest. Und da hat es mir gleich Schaden gebracht. Jeder wird zugeben, daß es jetzt an einen besseren Platz gekommen ist. Nun, Ylva, ist es dein, und du kannst es tragen, wie es dir am besten gefällt.«
Sie hielt das Halsband in beiden Händen und sah ihn aus großen Augen
Weitere Kostenlose Bücher