Die Abenteuer des Röde Orm
Bischof segnen; ihn selber aber wollte er nicht auf die Reise mitnehmen wegen des schlechten Wetters, das Priester auf der Reise zu haben pflegten. Der Bischof wollte sehr gern nach Schonen, um dort nach seinen Priestern und Kirchen zu sehen und die Bekehrten zu zählen; aber König Harald sagte, das müsse anstehen, bis wieder einmal Schiffe dorthin gingen; und er selber werde nie einen Bischof mit auf See nehmen, ja nicht einmal einen ganz gewöhnlichen Priester.
»Denn ich bin zu alt, um mit dem Unglück zu spielen«, sagte er, »und alle Seefahrer wissen, daß die Meerfrau und die Seegeister und andere Mächte des Meeres gegen niemand so große Feindschaft hegen wie gegen Geschorene; die wollen sie, kaum daß sie aufs offene Meer hinauskommen, ertränken. Goldharald, mein Neffe, segelte einmal von der Bretagne heim und hatte viele neue Sklaven an den Rudern, und obschon es noch früh im Herbst war, bekam er Sturm und Unwetter und den ärgsten Seegang, und als sein Schiff nahe am Untergehen war, hielt er Umschau und fand zwei Geschorene unter seinen Ruderern. Kaum hatte er sie über Bord geworfen, so bekam er für den Rest der Reise das schönste Wetter. Er, der ein Heide war, konnte das tun; aber für mich würde es sich kaum passen, den Bischof über Bord zu werfen, um den Sturm zu stillen, und darum muß er hierbleiben.«
Am Morgen, als die Flotte aussegeln sollte und mit ihr auch Orm und Toke, kam König Harald mit Silberhelm und in weißem Mantel die Schiffsbrücken entlang. Er war auf dem Wege zu seinem eigenen Schiff und ging mit großem Gefolge, und sein Banner wurde vor ihm hergetragen. Als er dort vorbeikam, wo Orm mit seinem Schiff lag, blieb er stehen; er ließ sein Gefolge warten und ging allein zu Orm an Bord, um ihm noch einige Worte zu sagen.
»Ich will dir diese Ehre erweisen«, sagte er, »damit man von unserer Freundschaft weiß und niemand glaubt, daß wir schlecht miteinander stehen, weil ich dir meine Tochter Ylva noch nicht gegeben habe. Sie sitzt nun eingesperrt bei den Frauen und tobt, und so, wie sie ist, könnte es leicht geschehen, daß sie, sobald ich den Rücken wende, hierher auf dein Schiff gerannt kommt und dich dazu verlockt, sie mitzunehmen. Das würde weder für sie selber gut sein noch für dich. Nun trennen wir uns für einige Zeit; und ich habe jetzt kein Geschenk für dich, um dich für die Glocke zu belohnen; aber im Herbst wird sich das vielleicht besser machen lassen.«
Es war ein schöner Frühlingsmorgen, der Himmel war klar und der Wind milde, und König Harald war munterer Laune. Er besah sich das Schiff genau und hob dessen ausländische Bauart hervor; er war in allem wohl erfahren und verstand sich ebensogut wie ein Schiffszimmermann auf Beplankung und Rudergabeln und sah allerlei, was ihm des Beachtens wert schien. Währenddessen kam Toke an Bord. Er ging gebeugt unter einer großen Kiste. Verwundert, König Harald hier zu sehen, setzte er die Last nieder und grüßte.
»Du bringst aber viel mit«, sagte der König. »Was hast du denn da drin?«
»Das ist allerlei Kram, den ich mir für die Alte daheim zusammengetauscht habe – für meine Mutter – wenn sie noch am Leben sein sollte«, sagte Toke. »Man tut ja wohl recht, ihr etwas mitzubringen, wenn man so lange wie ich fortgewesen ist.«
König Harald nickte und meinte, es sei gut, wenn junge Leute ihren Eltern Freundlichkeit erzeigten, er selber habe allerdings nie viel von dergleichen merken können. »Und nun bin ich durstig«, sagte er, indem er sich auf die Kiste setzte, »und würde gern, bevor wir uns trennen, einen Schluck Bier trinken.«
Er war so schwer, daß die Kiste knackte; Toke wurde unruhig und trat einen Schritt näher heran; aber die Kiste hielt. Orm zapfte Bier aus einem Fäßchen und reichte es dem König, und der trank auf eine gute Reise und sagte dann, indem er sich den Schaum aus dem Bart wischte, es sei merkwürdig, daß Bier auf See immer am besten schmecke; daher wolle er die Kanne gern noch einmal gefüllt haben. So geschah es, und er leerte sie langsam; dann nickte er zum Abschied und ging an Land, um sich zu seinem großen Königsschiff zu begeben. Dort wurde sein Banner aufgesetzt; es war von roter Seide, und zwei Raben mit ausgebreiteten Flügeln waren darauf gestickt.
Orm sah Toke an. »Warum bist du so bleich?« fragte er.
»Ich habe meine Sorgen wie andere auch«, sagte Toke. »Du selber siehst auch nicht gerade blühend aus.«
»Ich weiß, was ich hinter mir
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