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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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fetten Hände in die Luft wie einer, der schrecklich aufgeregt ist. ›Wie kann jemand einer so anziehenden und gebildeten Dame nur eine so klägliche Summe anbieten?‹
    ›Meine Bildung, Sir, ist vielleicht geringer, als Sie annehmen‹, sage ich. ›Ein bißchen Französisch, ein bißchen Deutsch, Musik und Zeichnen …‹
    ›Na, na!‹ ruft er. ›Das tut alles nichts zur Sache. Die Frage ist, haben Sie die Haltung und das Benehmen einer Dame oder nicht? Darauf kommt es an. Wenn Sie das nicht haben, dann sind Sie ungeeignet, um ein Kind zu erziehen, das einmal eine beträchtliche Rolle in der Geschichte des Landes spielen könnte. Aber wenn Sie das haben, ja, wie kann dann ein Gentleman verlangen, daß Sie sich dazu herablassen, irgend etwas Geringeres als eine dreistellige Summe zu akzeptieren? Ihr Gehalt bei mir, Madame, wäre für den Anfang einhundert Pfund pro Jahr.‹
    Sie können sich vorstellen, Mr. Holmes, daß für mich, mittellos wie ich bin, ein derartiges Angebot fast zu schön schien, um wahr zu sein. Aber der Gentleman hat vielleicht den Ausdruck von Ungläubigkeit auf meinem Gesicht gesehen, seine Brieftasche geöffnet und eine Note herausgenommen.
    ›Ich habe außerdem die Angewohnheit‹, sagt er, wobei er in der freundlichsten Weise lächelt, bis seine Augen nur noch zwei leuchtende Schlitze zwischen den weißen Runzeln seines Gesichts sind, ›meinen jungen Damen die Hälfte ihres Gehalts vorab zu zahlen, damit sie keine Probleme mit den anfallenden Kosten für Reise und Kleidung haben.‹
    Mir kam es so vor, als hätte ich noch nie einen so faszinierenden und fürsorglichen Mann getroffen. Weil ich bei all meinen Händlern schon Schulden hatte, ist mir der Vorschuß sehr gelegen gekommen, und trotzdem war bei der ganzen Transaktion etwas Unnatürliches, so daß ich gern ein wenig mehr wissen wollte, bevor ich mich völlig festlegte.
    ›Darf ich noch fragen, wo Sie wohnen, Sir?‹ habe ich gefragt.
    ›In Hampshire. Nettes Haus auf dem Land‹.
The Copper Beeches
(Die Blutbuchen), fünf Meilen hinter Winchester. Die Gegend ist ganz entzückend, meine liebe junge Dame, und das alte Landhaus ist allerliebst.«
    ›Und meine Pflichten, Sir? Ich wüßte gern, welcher Art sie wären.‹
    ›Ein Kind – ein lieber kleiner Wildfang, gerade sechs Jahre alt. Ach, wenn Sie ihn nur sehen könnten, wie er Kakerlaken mit dem Pantoffel totschlägt! Patsch! Patsch! Patsch! Drei erledigt, bevor Sie auch nur blinzeln können!‹ Er lehnt sich im Stuhl zurück und lacht wieder so sehr, daß seine Augen im Kopf verschwinden.
    Ich war ein wenig erschreckt über die Art der Zerstreuungen dieses Kindes, aber das Lachen des Vaters hat mich annehmen lassen, daß er vielleicht einen Scherz machte.
    ›Meine einzige Pflicht wäre es also‹, frage ich, ›mich um ein einzelnes Kind zu kümmern?‹
    ›Nein, nein, nicht die einzige Pflicht, nicht die einzige, meine liebe junge Dame‹, ruft er. ›Wie Ihnen bestimmt Ihr gesundes Empfinden sagt, wäre es Ihre Pflicht, allen kleinen Anweisungen, die meine Frau geben könnte, nachzukommen, immer unter der Voraussetzung, daß es sich um Anweisungen handelt, die eine Dame unbesorgt befolgen kann. Sie sehen da doch keine Schwierigkeit, eh?‹
    ›Ich wäre glücklich, mich nützlich machen zu können.‹
    ›Natürlich. Also zum Beispiel, was die Kleidung angeht! Wir sind ein bißchen schrullig, wissen Sie – schrullig, aber gutmütig. Wenn wir Sie auffordern würden, irgendein Kleid zu tragen, das wir Ihnen geben, da hätten Sie dann doch nichts einzuwenden gegen so eine kleine Laune, eh?‹
    ›Nein‹, sage ich, einigermaßen erstaunt über seine Worte.
    ›Oder sich hierhin zu setzen oder dahin zu setzen, das würde Ihnen doch nichts ausmachen?‹
    ›Aber nein.‹
    ›Oder Ihr Haar ganz kurz zu schneiden, bevor Sie zu uns kommen?‹
    Ich habe meinen Ohren kaum getraut. Wie Sie bemerken werden, Mr. Holmes, ist mein Haar ziemlich üppig und hat einen ganz besonderen kastanienbraunen Farbton. Man hat mir gesagt, es sei künstlerisch wertvoll. Ich würde nicht einmal im Traum daran denken, es einfach so zu opfern.
    ›Ich fürchte, das ist ganz unmöglich‹, habe ich gesagt. Mit seinen kleinen Augen hatte er mich sehr neugierig angeschaut, und ich konnte sehen, wie ihm bei meinen Worten ein Schatten über das Gesicht glitt.
    ›Ich fürchte, das ist ganz wesentlich‹, sagt er. ›Das ist eine kleine Laune meiner Frau, und, wissen Sie, Madame, auf die Launen von Ladies

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