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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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sich mit überkreuzten Beinen niederließ, vor sich eine Unze Shagtabak und eine Schachtel Streichhölzer. Im undeutlichen Licht der Lampe sah ich ihn dort sitzen, eine alte Bruyère-Pfeife zwischen den Lippen, die Augen mit einem leeren Ausdruck auf eine Ecke der Zimmerdecke geheftet; der blaue Rauch stieg von ihm in Girlanden aufwärts; stumm und regungslos saß er da, und das Licht beschien die kräftigen Züge und die Adlernase. So saß er da, als ich einschlief, und so saß er da, als ein jäher Ausruf mich weckte und ich feststellte, daß die Sommersonne in den Raum, schien. Die Pfeife stak noch immer zwischen seinen Lippen, die Rauchgirlanden kräuselten sich noch immer aufwärts, und der Raum war erfüllt von dichtem Tabakdunst; von dem Shaghaufen, den ich nachts gesehen hatte, war jedoch nichts übrig geblieben.
    »Sind Sie wach, Watson?« fragte er.
    »Ja.«
    »Bereit zu einer Morgenfahrt?«
    »Gewiß.«
    »Dann ziehen Sie sich an. Unten hat sich noch niemand gerührt, aber ich weiß, wo der Stallbursche schläft, und wir werden den Wagen bald haben.« Beim Sprechen kicherte er in sich hinein, seine Augen zwinkerten, und er schien ein ganz anderer Mann zu sein als der düstere Denker des vergangenen Abends.
    Während ich mich ankleidete, schaute ich auf meine Uhr. Kein Wunder, daß sich noch niemand gerührt hatte. Es war fünf Minuten vor halb fünf. Ich war kaum fertig, als Holmes mit der Nachricht zurückkehrte, der Junge spanne gerade das Pferd an.
    »Ich möchte eine kleine Theorie auf die Probe stellen«, sagte er, als er seine Stiefel anzog. »Ich schätze, Watson, daß Sie sich in diesem Moment in der Gesellschaft eines der vollkommensten Trottel Europas befinden. Ich hätte es verdient, mit einem Tritt von hier bis Charing Cross befördert zu werden. Ich glaube aber, daß ich jetzt den Schlüssel zu der Angelegenheit habe.«
    »Und wo ist der Schlüssel?« fragte ich lächelnd.
    »Im Badezimmer«, antwortete er. »Oh, nein, ich scherze nicht«, fuhr er fort, als er meinen ungläubigen Blick bemerkte. »Ich bin eben dort gewesen, habe den Schlüssel an mich genommen und trage ihn in dieser Reisetasche. Kommen Sie, mein Lieber, und wir werden sehen, ob er ins Schloß paßt.«
    So leise wie möglich gingen wir die Treppe hinunter und traten in den hellen Morgensonnenschein hinaus. Auf der Straße fanden wir unser Pferd und den Jagdwagen, und der halbbekleidete Stalljunge wartete neben dem Kopf des Tieres. Wir sprangen auf den Wagen und brausten los in Richtung London. Ein paar Fuhrwerke waren schon unterwegs, um Gemüse in die Metropole zu schaffen, aber die Reihen der Villen zu beiden Seiten waren stumm und leblos wie eine Stadt in einem Traum.
    »In verschiedenen Hinsichten war dieser Fall einzigartig«, sagte Holmes; unter seiner Peitsche begann das Pferd zu galoppieren. »Ich muß gestehen, ich war blind wie ein Maulwurf, aber es ist besser, spät zur Weisheit zu gelangen als überhaupt nicht.«
    In der Stadt begannen die frühesten Frühaufsteher eben verschlafen aus ihren Fenstern zu schauen, als wir durch die Straßen auf der Surrey-Seite fuhren. Wir nahmen die Waterloo Bridge Road und überquerten den Fluß, und nach schneller Fahrt durch die Wellington Street bogen wir scharf rechts ab und befanden uns in der Bow Street. Sherlock Holmes war den Polizeikräften wohlbekannt, und die beiden Constables an der Tür salutierten vor ihm. Einer hielt den Kopf des Pferdes, während der andere uns ins Revier führte.
    »Wer ist der Diensthabende?« fragte Holmes.
    »Inspektor Bradstreet, Sir.«
    »Ah, Bradstreet, wie geht es Ihnen?« Ein großer, stämmiger Beamter war über den steingefliesten Gang hereingekommen; er trug eine Schirmmütze und eine mit Schnüren besetzte Jacke. »Ich würde mich gern kurz mit Ihnen unterhalten, Bradstreet.«
    »Gewiß, Mr. Holmes. Kommen Sie in mein Zimmer hier.«
    Es war ein kleiner büroartiger Raum; auf dem Tisch lag eine riesige Kladde, und aus der Wand ragte ein Telephon hervor. Der Inspektor setzte sich an seinen Schreibtisch.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. Holmes?«
    »Ich komme wegen dieses Bettlers, Boone – der Mann, dem man vorwirft, am Verschwinden von Mr. Neville St. Clair aus Lee beteiligt zu sein.«
    »Ach ja. Er ist vorgeführt und dann für weitere Befragungen in Untersuchungshaft belassen worden.«
    »Das habe ich gehört. Haben Sie ihn hier?«
    »In der Zelle.«
    »Ist er ruhig?«
    »Ach, er macht keinen Ärger. Aber er ist ein

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