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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Schmutzfink.«
    »Schmutzfink?«
    »Ja. Wir können ihn nur dazu bringen, sich die Hände zu waschen, doch sein Gesicht ist so schwarz wie das eines Kesselflickers. Na, wenn sein Fall erst einmal abgeschlossen ist, wird er das vorschriftsmäßige Gefängnisbad bekommen; und ich glaube, wenn Sie ihn sehen könnten, würden Sie mir zustimmen, daß er es nötig hat.«
    »Ich würde ihn sehr gern sehen.«
    »Ach ja? Das können Sie gern haben. Kommen Sie, hier entlang. Ihre Tasche können Sie da stehen lassen.«
    »Nein, ich möchte sie gern mitnehmen.«
    »Wie Sie wünschen. Bitte hier entlang.« Er führte uns einen Gang hinunter, öffnete eine verriegelte Tür, stieg eine Wendeltreppe hinab und brachte uns in einen geschlämmten Korridor mit einer Reihe von Türen auf jeder Seite.
    »Die dritte rechts«, sagte der Inspektor. »Da sind wir.« Er öffnete leise eine Klappe im oberen Teil der Tür und blickte hindurch.
    »Er schläft«, sagte er. »Sie können ihn gut sehen.«
    Wir legten beide die Augen an die vergitterte Öffnung. Der Gefangene lag in tiefem Schlaf und wandte uns sein Gesicht zu; er atmete langsam und schwer. Er war von mittlerer Größe und seinem Beruf entsprechend schäbig gekleidet; durch einen Riß in seinem zerlumpten Rock war ein buntes Hemd zu sehen. Wie der Inspektor gesagt hatte, war er überaus schmutzig, aber der Dreck auf seinem Gesicht konnte dessen abstoßende Häßlichkeit nicht verdecken. Die breite Wulst einer alten Narbe erstreckte sich vom Auge bis zum Kinn, und beim Verheilen hatte sie eine Seite der Oberlippe hochgedreht, so daß drei Zähne in einer immerwährenden Grimasse gebleckt waren. Ein zottiger Schopf überaus hellroten Haares wuchs in einem niedrigen Ansatz über den Augen aus der Stirn.
    »Ist er nicht eine Schönheit?« fragte der Inspektor.
    »Er kann auf jeden Fall eine Waschung vertragen«, meinte Holmes. »Das hatte ich mir wohl gedacht, und deshalb war ich so frei, die entsprechenden Gerätschaften mitzubringen.« Während er noch sprach, öffnete er die Reisetasche, und zu meiner Verblüffung zog er einen großen Badeschwamm hervor.
    »He, he! Sie sind ja ein Spaßvogel«, kicherte der Inspektor.
    »Wenn Sie jetzt die große Güte besäßen, diese Tür ganz leise zu öffnen, werden wir dafür sorgen, daß er bald eine sehr viel ansehnlichere Figur abgibt.«
    »Also, ich wüßte nicht, wieso nicht«, sagte der Inspektor. »Er gereicht den Zellen des Bow-Street-Reviers nicht gerade zur Ehre, oder?« Er steckte seinen Schlüssel ins Schloß, und sehr leise betraten wir allesamt die Zelle. Der Schläfer wandte sich halb um, verfiel dann aber sofort wieder in tiefen Schlummer. Holmes beugte sich zum Wasserkrug, benetzte seinen Schwamm und rieb diesen dann zweimal kräftig die Länge und die Breite über das Gesicht des Gefangenen.
    »Erlauben Sie«, rief er, »daß ich Sie mit Mr. Neville St. Clair aus Lee, Grafschaft Kent, bekannt mache.«
    Nie in meinem Leben habe ich solch einen Anblick gesehen. Unter dem Schwamm wurde das Gesicht des Mannes abgeschält wie Borke von einem Baum. Fort war der grobe braune
teint!
Fort auch die gräßliche Narbe; die das Gesicht gestriemt, und die entstellte Lippe, die es zu einer abstoßenden Fratze gemacht hatte! Mit einem Ruck war das wirre rote Haar entfernt, und es saß dort aufrecht im Bett ein bleicher Mann mit einem traurigen, vornehmen Gesicht, schwarzen Haaren und glatter Haut; er rieb sich die Augen und sah sich verschlafen und verblüfft um. Dann begriff er plötzlich, daß er bloßgestellt war, stieß einen schrillen Schrei aus und warf sich mit dem Gesicht aufsein Kopfkissen.
    »Lieber Himmel!« rief der Inspektor. »Das ist tatsächlich der vermißte Mann. Ich kenne ihn von der Photographie.«
    Der Gefangene wandte sich um, mit der unbekümmerten Miene eines Menschen, der sich in sein Schicksal ergeben hat.
    »Also dann«, sagte er. »Und wessen, bitte sehr, bezichtigt man mich?«
    »Der Beseitigung von Mr. Neville St. – ach was, man kann Sie doch nicht deswegen anklagen, außer, man macht einen Fall von versuchtem Selbstmord daraus«, sagte der Inspektor grinsend. »Also, ich bin seit siebenundzwanzig Jahren bei der Polizei, aber das schießt wirklich den Vogel ab.«
    »Wenn ich Mr. Neville St. Clair bin, dann ist offensichtlich kein Verbrechen begangen worden, und demnach hält man mich hier widerrechtlich fest.«
    »Es wurde zwar kein Verbrechen begangen, wohl aber ein sehr großer Irrtum«, sagte Holmes. »Sie

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