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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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waren furchtbar verkrampft. Zuerst habe ich geglaubt, sie hätte mich nicht erkannt, aber als ich mich über sie beuge, schreit sie plötzlich mit einer Stimme, die ich nie vergessen werde: ›Oh mein Gott! Es war das Band! Das gesprenkelte Band!‹ Da war noch etwas, was sie sagen wollte, und sie hat mit ihrem Finger in die Luft gestochen, dorthin, wo das Zimmer des Doktors ist, aber dann packt sie ein neuer Krampf und erstickt die Worte. Ich bin losgelaufen und habe laut nach meinem Stiefvater gerufen, und er kam mir aus seinem Raum eilig im Morgenmantel entgegen. Als er meine Schwester erreichte, war sie ohnmächtig, und obwohl er ihr Brandy in die Kehle geschüttet und nach ärztlicher Hilfe aus dem Dorf geschickt hat, war doch alles vergebens; sie ist langsam zusammengesunken und gestorben, ohne wieder zu Bewußtsein zu kommen. Das war das schreckliche Ende meiner geliebten Schwester.«
    »Einen Augenblick bitte«, sagte Holmes. »Sind Sie sicher, was dieses Pfeifen und das metallische Geräusch angeht? Könnten Sie das beschwören?«
    »Das hat mich auch der Coroner der Grafschaft bei der gerichtlichen Untersuchung gefragt. Ich habe sehr deutlich den Eindruck, es gehört zu haben, aber bei all dem Getöse des Sturms und dem Knacken in einem alten Haus könnte ich mich vielleicht getäuscht haben.«
    »War Ihre Schwester angekleidet?«
    »Nein, sie trug ihr Nachtgewand. In ihrer rechten Hand hat man den verkohlten Stumpf eines Streichholzes gefunden, und in der linken eine Streichholzschachtel.«
    »Das zeigt, daß sie Licht gemacht und sich umgeschaut hat, als ihre Besorgnis begann. Das ist wichtig. Und zu welchen Schlußfolgerungen ist der Coroner gelangt?«
    »Er hat in diesem Fall sehr sorgfältig ermittelt, weil Dr. Roylotts Verhalten in der Grafschaft längst berüchtigt war, aber er konnte keine befriedigende Todesursache finden. Meine Aussage hat bewiesen, daß die Tür von innen abgeschlossen war, und die Fenster waren von altmodischen Läden mit breiten Eisenstangen versperrt, die jeden Abend vorgelegt wurden. Man hat die Wände sorgfältig untersucht und festgestellt, daß sie rundherum sehr solide sind, und mit dem gleichen Ergebnis wurden auch Boden und Decke überprüft. Der Kamin ist zwar breit, aber von vier großen Querstangen versperrt. Deshalb ist es sicher, daß meine Schwester ganz allein war, als sie den Tod fand. Außerdem waren an ihr keinerlei Anzeichen von Gewalt zu finden.«
    »Wie steht es mit Gift?«
    »Die Ärzte haben sie daraufhin untersucht, aber ohne Befund.«
    »Was glauben Sie denn, woran die unglückliche Dame gestorben ist?«
    »Ich bin davon überzeugt, daß sie an schierer Angst und nervösem Schock gestorben ist, obwohl ich mir nichts denken kann, was sie so erschreckt haben könnte.«
    »Waren die Zigeuner zu dieser Zeit auf dem Besitz?«
    »Ja, es sind fast immer welche da.«
    »Aha. Und was entnehmen Sie dieser Anspielung auf ein Band 33 – ein gesprenkeltes Band?«
    »Manchmal glaube ich, daß es nur wirres Reden im Delirium war, und manchmal, daß sie vielleicht auf eine Bande von Leuten verweisen wollte, möglicherweise auf eben die Zigeuner auf dem Gelände. Ich weiß nicht, ob die gefleckten Tücher, die so viele von ihnen um den Kopf tragen, ihr vielleicht dieses seltsame Adjektiv eingegeben haben.«
    Holmes schüttelte den Kopf wie einer, der noch lange nicht zufrieden ist.
    »Das sind tiefe Wasser«, sagte er; »bitte fahren Sie in Ihrer Erzählung fort.«
    »Seither sind zwei Jahre vergangen, und bis vor kurzem war mein Leben noch einsamer als früher. Vor einem Monat hat mir jedoch ein lieber Freund, den ich seit vielen Jahren kenne, die Ehre erwiesen, um meine Hand anzuhalten. Er heißt Armitage – Percy Armitage –, er ist der zweite Sohn von Mr. Armitage aus Crane Water bei Reading. Mein Stiefvater hat keine Einwände gegen die Verbindung erhoben, und wir wollen im Lauf des Frühlings heiraten. Vor zwei Tagen hat man mit Ausbesserungsarbeiten im Westflügel des Hauses begonnen, und die Wand meines Schlafzimmers wurde aufgestemmt, so daß ich in den Raum habe umziehen müssen, in dem meine Schwester gestorben ist, und nun muß ich in ihrem Bett schlafen. Stellen Sie sich also mein Entsetzen vor, als ich in der letzten Nacht wachgelegen und über ihr schreckliches Schicksal nachgedacht habe und plötzlich in der Stille der Nacht das leise Pfeifen höre, das damals Vorbote ihres Todes gewesen war. Ich bin aufgesprungen und habe die Lampe angemacht, aber im

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