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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Zimmer war nichts zu sehen. Ich war aber viel zu erschüttert, um wieder zu Bett zu gehen, deshalb habe ich mich angekleidet, und sobald es hell wurde, habe ich mich aus dem Haus geschlichen, im
Crown Inn
gegenüber einen kleinen Wagen geliehen und bin nach Leatherhead gefahren, und von dort bin ich heute früh hergekommen, mit dem Anliegen, Sie zu sprechen und Ihren Rat zu suchen.«
    »Sie haben sich klug verhalten«, sagte mein Freund. »Haben Sie mir aber wirklich alles erzählt?«
    »Ja, alles.«
    »Miss Stoner, das haben Sie nicht. Sie versuchen, Ihren Stiefvater zu decken.«
    »Wieso, was meinen Sie?«
    Als Antwort schob Holmes die schwarze Rüschenborte zurück, die die auf ihrem Knie liegende Hand unserer Besucherin säumte. Fünf kleine blasse Flecken, die Abdrücke von vier Fingern und einem Daumen, zeichneten sich auf dem weißen Handgelenk ab.
    »Man hat Sie grausam mißhandelt«, sagte Holmes.
    Tiefe Röte überzog das Gesicht der Dame, und sie bedeckte ihr verletztes Gelenk. »Er ist ein harter Mann«, sagte sie, »und kann vielleicht seine eigene Kraft nicht richtig einschätzen.«
    Es stellte sich ein langes Schweigen ein, währenddessen Holmes sein Kinn auf die Hände stützte und ins prasselnde Feuer starrte.
    »Das ist eine sehr verwickelte Angelegenheit«, sagte er schließlich. »Da gibt es tausend Einzelheiten, die ich gern wüßte, bevor ich unser Vorgehen festlege. Und doch haben wir keinen Moment zu verlieren. Wenn wir heute nach Stoke Moran kämen, wäre es uns dann möglich, uns diese Räume ohne Wissen Ihres Stiefvaters anzusehen?«
    »Zufällig hat er davon geredet, daß er heute wegen überaus wichtiger Geschäfte in die Stadt fahren wollte. Wahrscheinlich wird er den ganzen Tag fortbleiben, also würde nichts Sie stören. Wir haben jetzt eine Haushälterin, aber sie ist alt und närrisch, und ich könnte sie ganz leicht aus dem Weg schaffen.«
    »Ausgezeichnet. Ihnen ist diese Reise nicht zuwider, Watson?«
    »Aber keineswegs.«
    »Dann werden wir beide kommen. Was haben Sie selbst denn vor?«
    »Es gibt ein oder zwei Dinge, die ich gern erledigen würde, da ich nun schon in der Stadt bin. Ich werde aber mit dem Zug um zwölf Uhr zurückfahren, um zeitig dort zu sein, wenn Sie eintreffen.«
    »Dann können Sie uns am frühen Nachmittag erwarten. Ich habe selbst auch noch einige kleine geschäftliche Angelegenheiten zu regeln. Wollen Sie nicht zum Frühstück bleiben?«
    »Nein, ich muß gehen. Mein Herz ist schon viel leichter, seit ich Ihnen meinen Kummer anvertraut habe. Ich freue mich darauf, Sie heute nachmittag wiederzusehen.« Sie ließ den dichten schwarzen Schleier vor ihr Gesicht fallen und glitt aus dem Raum.
    »Und was halten Sie nun von all dem, Watson?« fragte Sherlock Holmes. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück.
    »Das scheint mir eine sehr düstre und sinistre Angelegenheit zu sein.«
    »Reichlich düster und sinister.«
    »Wenn aber die Dame recht hat, indem sie sagt, daß Wände und Boden fest sind und daß man durch Tür, Fenster und Schlot nicht eindringen kann, dann muß ihre Schwester doch ohne Zweifel allein gewesen sein, als sie ihr mysteriöses Ende fand.«
    »Was machen Sie denn dann mit diesen nächtlichen Pfiffen, und was mit diesen sehr merkwürdigen Worten der Sterbenden?«
    »Ich kann mir keinen Reim darauf machen.«
    »Wenn man all diese Vorstellungen zusammenfaßt, das nächtliche Pfeifen, die Anwesenheit einer Bande von Zigeunern, die mit diesem alten Arzt offenbar auf vertrautem Fuß stehen, die Tatsache, daß wir gute Gründe haben, anzunehmen, daß der Doktor daran interessiert ist, die Heirat seiner Stieftochter zu verhindern, die Anspielung der Sterbenden auf ein Band und schließlich die Tatsache, daß Miss Helen Stoner ein metallisches Klappern gehört hat, was sehr gut darauf zurückzuführen sein könnte, daß eine dieser Metallstangen, mit denen die Läden befestigt sind, wieder in die Halterung gefallen ist, dann, so glaube ich, können wir mit guten Gründen annehmen, daß das Rätsel irgendwo in diesem abgesteckten Rahmen zu lösen ist.«
    »Aber was haben denn diese Zigeuner getan?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ich sehe viele Einwände gegen solch eine Theorie.«
    »Ich auch. Und genau deshalb fahren wir heute nach Stoke Moran. Ich möchte mich davon überzeugen, ob diese Einwände endgültig sind oder zerstreut werden können. Aber was zum Teufel soll das!«
    Dieser Ausruf meines Freundes rührte daher, daß plötzlich unsere Tür

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