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Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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lassen, was es ihm ermöglicht hat, den Grad eines Doktors der Medizin zu erwerben. Er ist nach Kalkutta gegangen, wo er dank seiner beruflichen Tüchtigkeit und seiner starken Persönlichkeit eine gutgehende Praxis aufbauen konnte. In einem Anfall von Wut wegen einiger, im Haus verübter Diebstähle hat er aber seinen eingeborenen Butler zu Tode geprügelt und ist nur knapp der Todesstrafe entgangen. Statt dessen hat er eine lange Haftstrafe verbüßt und ist danach als verdrossener und enttäuschter Mann nach England heimgekehrt.
    Als Dr. Roylott noch in Indien war, heiratete er meine Mutter, Mrs. Stoner, die junge Witwe von Generalmajor Stoner, von der Bengalischen Artillerie. Meine Schwester Julia und ich sind Zwillinge, und wir waren erst zwei Jahre alt, als meine Mutter wieder heiratete. Sie verfügte über eine beträchtliche Summe Geldes, nicht weniger als tausend Pfund im Jahr, und diese hat sie vollständig Dr. Roylott überschrieben, solange wir bei ihm wohnen, mit dem Zusatz, daß uns beiden im Fall einer Heirat jährlich eine gewisse Summe zusteht. Kurz nach unserer Rückkehr nach England ist meine Mutter gestorben – sie ist vor acht Jahren bei einem Eisenbahnunglück in der Nähe von Crewe umgekommen. Damals hat Dr. Roylott seine Versuche aufgegeben, sich in London eine Praxis aufzubauen, und er ist mit uns in das Haus seiner Ahnen in Stoke Moran gezogen. Das Geld, das meine Mutter hinterlassen hatte, reichte aus für all unsere Bedürfnisse, und es schien nichts zu geben, was uns daran hätte hindern können, glücklich zu sein.
    Aber etwa zu dieser Zeit begann unser Stiefvater sich schrecklich zu verändern. Statt sich mit unseren Nachbarn, die zunächst überglücklich gewesen waren, endlich wieder einen Roylott aus Stoke Moran im alten Familiensitz zu sehen, anzufreunden und Besuche auszutauschen, hat er sich in seinem Haus eingeschlossen und es nur noch selten verlassen, und wenn, dann um wilde Streitereien mit allen anzufangen, die ihm in den Weg kamen. Ein zum Manischen neigendes hitziges Temperament ist bei den Männern der Familie immer erblich gewesen, und im Fall meines Stiefvaters ist es, wie ich annehme, durch seinen langen Aufenthalt in den Tropen noch verschlimmert worden. Es gab eine Reihe unwürdiger Zänkereien, von denen zwei vor dem Polizeigericht endeten, und so ist er schließlich zum Schrecken des Dorfes geworden, und die Leute nehmen Reißaus, wenn sie ihn kommen sehen, denn er ist ein Mann von ungeheurer Kraft und völlig unkontrollierbar, wenn er in Wut gerät.
    Vorige Woche hat er den Grobschmied des Orts über ein Geländer in den Fluß geworfen, und nur indem ich alles Geld bezahlte, das ich auftreiben konnte, war es mir möglich, eine weitere öffentliche Bloßstellung zu vermeiden. Er hat keinerlei Freunde außer den Zigeunern, und er erlaubt es diesen Vagabunden, auf den wenigen
acres
mit Dornengestrüpp bedeckten Landes zu kampieren, die das Familiengut darstellen, und als Gegenleistung nimmt er die Gastfreundschaft ihrer Zelte an und geht manchmal mit ihnen wochenlang auf Wanderschaft. Außerdem hat er eine Leidenschaft für Tiere aus Indien, die ihm ein Korrespondent schickt, und zur Zeit besitzt er einen Geparden und einen Pavian, die auf dem Besitz frei herumlaufen und von den Dorfbewohnern fast so sehr gefürchtet werden wie ihr Herr.
    Bei dem, was ich Ihnen erzähle, können Sie sich sicher vorstellen, daß meine Schwester Julia und ich nicht viel Erfreuliches erlebten. Kein Dienstbote wollte bei uns bleiben, und lange Zeit haben wir alle Arbeit im Haus getan. Als sie starb, war sie erst dreißig, und dennoch hatte ihr Haar schon begonnen, weiß zu werden, genau wie meines.«
    »Ihre Schwester ist demnach tot?«
    »Sie ist vor etwa zwei Jahren gestorben, und ich möchte mit Ihnen über ihren Tod sprechen. Sie verstehen sicher, daß wir bei der Art des Lebens, die ich Ihnen beschrieben habe, nicht viele Gelegenheiten hatten, jemanden unseres Alters und unserer Stellung kennenzulernen. Wir haben aber eine Tante, die unverheiratete Schwester meiner Mutter, eine Miss Honoria Westphail; sie lebt in der Nähe von Harrow, und hin und wieder durften wir sie für kurze Zeit besuchen. Weihnachten vor zwei Jahren war Julia dort und lernte einen auf Halbsold befindlichen Major der Marine-Infanterie kennen, mit dem sie sich verlobte. Als meine Schwester zurückkam, hat mein Stiefvater von dieser Verlobung erfahren und keine Einwände gegen eine Heirat erhoben; aber etwa zwei

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