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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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tausend
Kochlöffel !«
    Für
Grischa und Sascha begann eine schlechte Zeit. Nie zuvor hatte Tante Akulina so
oft das Essen anbrennen lassen wie jetzt; nie war das Brot, das sie ihnen zur
Arbeit mitgab, so hart gewesen, nie die Suppe so dünn und versalzen. Und
Pfannkuchen? Pfannkuchen gab es nun überhaupt nicht mehr, nicht einmal an den
höchsten Feiertagen.
    Jeden
Abend schlug Grischa sein Beil in den Pfosten am Hoftor: Tag um Tag eine Kerbe,
je sieben dicht untereinander, dann eine Daumenbreite dazwischen frei und die
nächsten sieben.
    So
fügte sich Woche zu Woche. Der Sommer verging, der Herbst kam, es wurde Winter
und wieder Frühling. Drei Kanten des Pfostens waren von oben bis unten
vollgekerbt und die vierte zu einem guten Drittel.
    Von
Zeit zu Zeit zählten Grischa und Sascha die Kerben nach:
    Noch
drei Wochen ...
    Noch
vierzehn Tage...
    Noch
acht...
    Da
kam eines Abends Aljoscha Rotschopf zu ihnen ans Tor geschlendert, es war wohl
kein Zufall.
    »Nun ?« fragte er. »Stimmt euer Holzkalender? Wann ist es soweit ?«
    »In
drei Tagen«, gab Sascha zur Antwort. »Du kannst es ja nachzählen .«
    »Nachzählen?
Pah! Daß ihr zählen könnt, traue ich euch gerade noch zu, wenn auch sonst nicht
viel .«
    Grischa
und Sascha spürten, wie ihnen das Blut zu Kopf stieg.
    »Oho !« knurrte Grischa. »Wenn dich das Fell juckt, Rotschopf,
brauchst du es bloß zu sagen !«
    Aljoscha
gab sich entrüstet.
    »Was
ihr bloß wieder habt !« rief er. »Glaubt mir, ich meine
es wirklich gut mit euch! Es wird höchste Zeit, daß ihr die Sache mit Wanja zu
einem Ende bringt. Laßt euch um Himmels willen nicht wieder auf irgendwelche
Geschichten ein, ihr müßt hart bleiben diesmal, versteht ihr? — Hart bleiben !«
    Grischa
und Sascha versicherten, es sei alles beschlossene Sache und nichts mehr daran
zu ändern. Darauf könne er sich verlassen.
    »Und
trotzdem«, meinte der Rotschopf, »trotzdem wäre ich gern dabei in drei Tagen...
Hättet ihr was dagegen? Ich werde nichts tun und nichts reden — bloß zuschaun .«
    Die
Brüder waren sich über die Antwort einig, ohne daß sie es nötig hatten, ein
Wort zu wechseln.
    »Zuschauer
brauchen wir keine«, erwiderte Grischa barsch.
    »Und
am allerwenigsten dich !« fügte Sascha hinzu.
    So
rasch war Aljoscha jedoch nicht abzuweisen.
    »He !« rief er. »Behandelt man so seinen besten Freund? Wer, zum
Teufel, hat euch die Jahre her in den Ohren gelegen, den Faulpelz
herunterzuholen von seinem Ofen? Und wer ist es wohl gewesen, der euch geraten
hat, ihm mit Feuer zu kommen? Ich doch, Aljoscha Rotschopf! Ich ganz allein!
Und nun gönnt ihr mir nicht mal die kleine Freude, dabeizusein, wenn ihr ihm
endlich die Hölle heiß macht? Das finde ich schäbig von euch !«
    In
dieser Art ging es eine Zeitlang weiter, doch Grischa und Sascha ließen sich
nicht erweichen. Das einzige, was der Rotschopf mit seinen vielen Worten
erreichte, war, daß sie ihn wegschickten.
    Aljoscha
maulte etwas von Undank und falschen Freunden, dann zog er ab.
    Er
wußte nicht, daß das Fenster zur Wohnstube während der ganzen Zeit
offengestanden und Wanja auf seinem Backofen alles mitgehört hatte.
    »Schau,
schau !« dachte Wanja. »Von dorther weht uns das Feuer
aufs Dach. — Gut, daß ich Bescheid weiß, damit ich mich danach richten kann!«
     
    A m
Morgen des dritten Tages erwachten die Brüder Grischa und Sascha beim ersten
Hahnenschrei. In aller Eile standen sie auf und streiften die Kleider über.
Sascha holte die beiden Fackeln hervor, die in der Wäschetruhe bereitlagen.
Grischa schlug Feuer.
    Die
Fackeln brannten mit leisem Knistern und qualmten ein wenig. Als Sascha die
Kammertür vorsichtig öffnete, loderten sie im Luftzug hellauf.
    Barfuß
schlichen die Brüder den Flur entlang. Vor der Kammer des Tantchens zögerte
Grischa einen Augenblick.
    »Sollten
wir sie nicht wecken ?« fragte er leise. »Sie und den
Vater auch?«
    »Erst,
wenn das Dach brennt !« entgegnete Sascha. »Sie dürfen
uns nicht dazwischenkommen, bevor wir mit Wanja fertig sind .«
    Grischa
sah ein, daß er recht hatte. Ohne sich weiter aufzuhalten, schlichen sie vor
die Wohnstube. Mit einem Fußtritt stieß Sascha die Tür auf. Sie stürmten
hinein, um noch einmal mit Wanja zu reden — ganz kurz nur und ohne Umschweif.
    Aber
der Platz auf dem Ofen, wo Wanja seit sieben Jahren gelegen hatte, war leer.
Bis auf die sieben Schafspelze und die Säcke, in denen die Sonnenblumenkerne
gewesen waren.
    »Mein
Gott !« sagte Grischa

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