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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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dazu kommen.
    Der Multimilliardär nannte sich selbst »der Sammler«, und sein Gegenüber in Hongkong war einfach »der Spezialist«. Der Sammler wusste nicht, wer sich hinter diesem Namen verbarg. Neben anderen Sicherheitsvorkehrungen benutzten beide für das Gespräch ein Zusatzgerät am Telefon, das die Stimme verzerrte, und ein weiteres, durch das es unmöglich wurde, die Nummer zurückzuverfolgen. Dieses Telefonat würde nirgends eine Spur hinterlassen, und nicht einmal das FBI mit seiner hoch entwickelten Abhörtechnik hätte herausfinden können, was die beiden miteinander verhandelten.
    Gegen eine gewisse Summe besorgte der Spezialist einfach alles. Er konnte den Präsidenten von Kolumbien ermorden, eine Bombe in einem Flugzeug der Lufthansa platzieren, die Krone der Königin von England stehlen, den Papst entführen oder das Bild der Mona Lisa im Louvre durch eine Fälschung ersetzen. Um Werbung für seine Dienste brauchte er sich nicht zu kümmern, an Arbeit war kein Mangel, im Gegenteil: Seine Kunden standen oft monatelang auf der Warteliste, ehe er Zeit für sie fand. Im Umgang mit ihnen hatte der Spezialist seine eigene Methode: Der Kunde transferierte einen sechsstelligen – nicht rückzahlbaren – Vorschuss auf ein Konto und hatte sich zu gedulden, bis die Organisation des Spezialisten wasserdicht überprüft hatte, wer da ihre Dienste in Anspruch zu nehmen gedachte.
    Irgendwann tauchte dann ein Mittelsmann bei dem Kunden auf, in der Regel jemand, der nicht weiter auffiel, eine junge Studentinetwa, die vorgab, Recherchen für eine Seminararbeit zu machen, oder ein Priester, der Geld für einen mildtätigen Zweck sammeln wollte. Der Mittelsmann befragte den Kunden über dessen Wünsche und verschwand dann wieder. Bei diesem ersten Treffen wurde der Preis für die Dienste des Spezialisten mit keiner Silbe erwähnt, denn es galt als ausgemacht, dass jemand, der danach fragte, die Summe doch nicht zahlen konnte. Zu guter Letzt brachte der Spezialist höchstpersönlich das Geschäft durch einen Anruf unter Dach und Fach. Dieser Anruf konnte von jedem beliebigen Ort der Welt kommen.
    Der Sammler war zweiundvierzig Jahre alt und mittelgroß. Wahrscheinlich hätte man ihn älter geschätzt, denn er hatte kaum noch Haare auf dem Kopf, aber ansonsten sah er ziemlich gewöhnlich aus mit seiner dicken Brille und den Hängeschultern. Er kleidete sich schlampig, seine letzten Haarsträhnen sahen immer fettig aus, und er besaß die schlechte Angewohnheit, in der Nase zu popeln, wenn er über etwas brütete, was er eigentlich immer tat. Als Kind war er einsam, verschüchtert und kränklich gewesen, ohne Freunde und so hoch begabt, dass er sich in der Schule zu Tode langweilte. Seine Klassenkameraden konnten ihn nicht ausstehen, weil er immer die besten Noten bekam, ohne etwas dafür tun zu müssen, und auch seine Lehrer fanden ihn unerträglich, denn er fragte immer so haarspalterisch nach und wusste alles besser als sie. Mit fünfzehn hatte er seine Karriere damit begonnen, dass er in der Garage seiner Eltern Computer zusammenbaute. Mit dreiundzwanzig war er Millionär, und mit dreißig hatte er, weil er ein solches Superhirn und reichlich gewissenlos war, mehr Geld auf seinen persönlichen Konten gehortet, als den gesamten Vereinten Nationen in einem Jahr zur Verfügung steht.
    In seiner Kindheit hatte er Briefmarken und Münzen gesammelt, also nichts Besonderes; in seiner Jugend sammelte er dann Rennautos, mittelalterliche Burgen, Golfplätze, Banken und Schönheitsköniginnen; jetzt, da er sich einem reifen Mannesalter näherte, hatte er mit einer Sammlung »seltener Objekte« begonnen. Auf fünf Kontinente verteilt, verwahrte er sie in unterirdischen Bunkern, damit seine kostbare Sammlung im Falle einer Katastrophe nicht auf einen Schlag vernichtet würde. Das hatteden Nachteil, dass er sich nie an allen seinen Schätzen zugleich erfreuen konnte; wollte er sie alle betrachten, musste er mit seinem Privatjet eine Runde um die ganze Welt drehen, aber im Grunde war ihm nicht so häufig danach. Es genügte ihm zu wissen, dass diese Schätze sicher untergebracht waren und ihm ganz allein gehörten. Es war nicht die Sammelleidenschaft des Kunstliebhabers, weswegen er diese Beute machte, sondern schlicht und ergreifend Habgier.
    Unter anderen Objekten von unschätzbarem Wert besaß der Sammler die älteste von Menschen angefertigte Handschrift, die echte Totenmaske des Tutanchamun (die im Museum von Kairo ist eine

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