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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Knüppelhieb über den Schädel bekommen hatte. Vielleicht wäre es besser für ihn gewesen, der Schlag hätte ihn gleich ins Jenseits befördert.
    Kate wuchsen die Dinge allmählich über den Kopf, denn sie hatte von der Zeitschrift International Geographic den Auftrag, eine Reportage über das Reich des Goldenen Drachen zu schreiben. Es passte ihr gar nicht, den Reisetermin immer weiter aufzuschieben, weil sie fürchtete, die Redaktion würde womöglich jemand anderen schicken, aber bevor sie fuhr, hätte sie eigentlich ihren Husten auskurieren müssen. Das kleine Land, in das sie reisen sollte, lag eingezwängt zwischen den Bergen des Himalaja, und das Wetter war dort ziemlich tückisch; binnen weniger Stunden konnte die Temperatur um dreißig Grad schwanken. Auf die Idee, zum Arzt zu gehen, kam sie natürlich nicht. Das hatte sie ihr Lebtag nicht getan, also brauchte sie jetzt auch nicht damit anzufangen; sie hatte eine vernichtende Meinung über Menschen, die ihr Geld stundenweise verdienen. Sie selbst rechnete pro Wort ab. Für sie lag es auf der Hand, dass kein Arzt ein Interesse daran haben konnte, seine Patienten zu heilen, deshalb verließ sie sich lieber auf Hausmittel. Diesmal ruhte ihre Hoffnung auf großen Stücken einer Baumrinde, die sie vom Amazonas mitgebracht hatte und die ihre Lunge wie neu machen sollte. Ein steinalter Schamane mit Namen Walimai hatte ihr versichert, die Rinde helfe gegen Krankheiten von Nase und Mund. Kate stopfte sie in den Mixer, und weil das Pulver ansonsten so bitter geschmeckt hätte, rührte sie es in ihren Tee mit Wodka und trank dieses Gebräu dann todesmutig über den Tag verteilt. Wie sie Professor Ludovic Leblanc soeben in einer E-Mail erklärte, zeigte die Medizin bisher noch keine Wirkung.
    Es bereitete Kate und Leblanc maßloses Vergnügen, einander ihre gegenseitige Verachtung auszudrücken, und sie ließen sich keine Gelegenheit dazu entgehen. Vorwände fanden sich reichlich, denn durch die Diamantenstiftung waren sie auf Gedeih und Verderb miteinander verbandelt, schließlich war er der Präsident,und sie kümmerte sich um die Finanzen. Fast täglich gab es wegen der Stiftung etwas zu klären, und sie schrieben sich Mails, damit sie die Stimme des anderen am Telefon nicht ertragen mussten. Außerdem setzten sie alles daran, einander so wenig wie möglich über den Weg zu laufen.
    Die Diamantenstiftung sollte allen Amazonasindianern bei der Durchsetzung ihrer Rechte helfen, ganz besonders den Nebelmenschen, so wie Alexander das gewollt hatte. Professor Ludovic Leblanc verfasste neben der Arbeit für die Stiftung gerade einen wissenschaftlichen Wälzer über diesen Indianerstamm und seine eigene Rolle in dem überstandenen Abenteuer, obwohl die Nebelmenschen ja eigentlich durch das beherzte Eingreifen von Alexander und dessen brasilianischer Freundin Nadia Santos gerettet worden waren und Leblanc lediglich dabeigestanden hatte. Die Erinnerung an diese Wochen im Urwald machte Kate schmunzeln. Als sie zum Amazonas aufgebrochen waren, war ihr Enkel bloß ein verwöhntes Balg gewesen, und zurückgekommen war er als ein richtiger Mann. Alexander – eigentlich sollte sie ihn Jaguar nennen, das war so ein Spleen von ihm – war wirklich mutig gewesen, das musste sie zugeben. Sie war stolz auf ihn. Ohne Alexander und Nadia hätte es auch die Stiftung nie gegeben; sie wäre bloßes Geschwätz geblieben: Die beiden hatten die Finanzierung ermöglicht.
    ~
    Erst hatte der Professor die Stiftung »Ludovic Leblanc Stiftung« nennen wollen, weil er sich einbildete, dass sie dadurch für die Presse und mögliche Geldgeber interessanter würde; Kate hatte ihn noch nicht einmal ausreden lassen.
    »Nur über meine Leiche wird das Geld, für das mein Enkel gesorgt hat, unter Ihrem Namen laufen, Leblanc«, war sie ihm über den Mund gefahren.
    Der Anthropologe hatte sich fügen müssen, schließlich besaß sie die drei sagenhaften Amazonasdiamanten. Genau wie der Juwelier Rosenblat glaubte auch Ludovic Leblanc kein Wort von der Geschichte dieser einzigartigen Steine. Adler, die Diamanteierlegen? Aber immer! Er hatte César Santos, Nadias Vater, im Verdacht: Bestimmt kannte der eine geheime Diamantmine mitten im Dschungel und hatte seiner Tochter die Steine gegeben. Er spielte mit dem Gedanken, an den Amazonas zurückzukehren und den Mann dazu zu bringen, dass er seine Reichtümer mit ihm teilte. Aber das war bloß ein weltfremder Wunschtraum, denn er wurde langsam alt, alle Knochen

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