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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Gefangenen etwas.
    Nadia bekam einen Blechnapf, in dem ein brockiger, grauer Brei dampfte. Ein Schwall Knoblauch stieg ihr in die Nase und ließ sie würgen. Ich muss essen, dachte sie, wenn ich hier rauskommen will, brauche ich alle meine Kräfte. Sie nickte Pema zu, und beide hoben sich die Näpfe an den Mund. Sie würden sich nicht so einfach unterkriegen lassen.

NEUNTES KAPITEL
Borobá
    Das Lagerfeuer war zu einem Haufen Asche und ausgeglühten Holzscheiten zusammengefallen. Die Peitsche fest im Griff, schnarchte die Aufpasserin im Sitzen, ihr Mund stand offen, und ein Spuckefaden rann ihr übers Kinn. Die Blauen Krieger lagen auf der Erde und schliefen ebenfalls, nur einer hielt mit einem museumsreifen Gewehr am Höhleneingang Wache. Eine einzige brennende Fackel ließ gespenstische Schatten auf den Felswänden tanzen.
    Man hatte den Gefangenen die Füße mit Lederriemen zusammengebunden und ihnen vier viel zu kurze Decken aus grober Wolle gegeben. Dicht aneinander gekauert versuchten die Mädchen, sich warm zu halten. Alle waren erschöpft und schliefen schließlich ein, nur Pema und Nadia nutzten die Gelegenheit, leise miteinander zu sprechen.
    Pema sagte ihrer Freundin alles, was sie über die gefürchteten Skorpionkrieger wusste, wie sie Mädchen raubten und sie misshandelten. Sie schnitten nicht nur denjenigen, die zu viel redeten, die Zunge heraus, sondern verbrannten ihnen auch die Fußsohlen, wenn sie zu fliehen versuchten.
    »Ich werde mich jedenfalls nicht von diesen ekelhaften Kerlen quälen lassen. Eher bringe ich mich um«, flüsterte Pema.
    »Sag so was nicht. Wir sollten wenigstens versuchen abzuhauen, wenn sie uns dann umbringen, ist das immer noch besser, als einfach aufzugeben.«
    »Wie willst du denn hier rauskommen?« Pema nickte zu den am Boden liegenden Kriegern und dem Wachposten am Eingang hinüber.
    »Irgendwann wird sich eine günstige Gelegenheit ergeben«, sagte Nadia und rieb sich ihre Knöchel, die von den Fesseln schon ganz geschwollen waren.
    Wenig später fielen auch Pema und Nadia die Augen zu. Es waren mehrere Stunden vergangen, und Nadia, die nie eine Uhrbesessen hatte, es aber gewöhnt war, die Zeit zu schätzen, nahm an, dass es etwa zwei Uhr am Morgen war. Instinktiv wusste sie, dass irgendetwas vorging. Wie ein Prickeln auf der Haut hatte sie die Veränderung in der Höhle gespürt, und gespannt setzte sie sich auf.
    An der gegenüberliegenden Höhlenwand huschte ein Schatten vorbei. Nadia konnte nicht erkennen, was es war, doch dann sah sie ihn mit dem Herzen: Borobá. Unendlich erleichtert begriff sie, dass es ihrem kleinen Freund gelungen war, den Entführern zu folgen. Die Pferde mussten ihn schnell abgehängt haben, aber irgendwie hatte es der kleine Affe geschafft, die Fährte aufzunehmen, und schließlich hatte er die Höhle gefunden. Nadia hoffte inständig, Borobá möge keinen Freudenschrei ausstoßen, wenn er sie sah, und versuchte, ihm in Gedanken mitzuteilen, dass er sich ruhig verhalten solle.
    Nadia hatte den neugeborenen Borobá gefunden, als sie selbst neun Jahre alt war. Ganz winzig war er damals gewesen, und sie hatte ihn mit einer Pipette füttern müssen. Seither waren die beiden unzertrennlich. Der Affe war mit ihr aufgewachsen, und sie waren so gut aufeinander eingespielt, dass sie jederzeit wussten, wie sich der andere fühlte. Neben der Sprache des Tieres, die Nadia gelernt hatte, verständigten sie sich mit Gebärden und Gedanken. Jetzt musste der Affe Nadias Warnung gespürt haben, denn er kam nicht näher heran. In einen dunklen Winkel der Höhle gekauert, blieb er lange reglos sitzen, suchte nach dem sichersten Weg, lauschte auf den Atem der Schlafenden und wartete.
    Als sich Nadia sicher war, dass die Aufpasserin unverändert weiterschnarchte und auch sonst niemand Borobá bemerkt hatte, stieß sie einen kaum hörbaren Pfiff aus. Gegen die Höhlenwand gedrückt, kam der Affe jetzt Stück für Stück näher, nutzte den Schutz der Dunkelheit, bis er bei ihr war und mit einem Sprung auf ihrer Schulter landete. Er steckte nicht mehr in dem Baby-Anorak, den musste er sich mit Gewalt vom Leib gerissen haben. Seine kleinen Hände wühlten in Nadias dichten Locken, und er rieb sein runzliges Gesicht an ihrem Hals, aufregt, aber stumm.
    Nadia wartete, bis er sich beruhigt hatte, und dankte ihm wortlos dafür, dass er sie nicht im Stich gelassen hatte. Dann wispertesie ihm eine Bitte ins Ohr. Borobá sprang unverzüglich von ihr herunter. Er huschte

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