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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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an ihren Haaren, rang mit ihr und hatte doch keine Chance, denn die andere war nicht nur viel kräftiger, sondern hatte jetzt obendrein die Peitsche losgelassen und ein Küchenmesser gezückt, das in ihrem Gürtel gesteckt hatte. Aber durch Pemas Einsatz war Dil Bahadur aus seiner Erstarrung erwacht, hatte den Bogen weggeworfen und sich eine Dose mit Kerosin gegriffen, das die Skorpionkrieger in ihren Laternen verfeuerten, und das goss er jetzt über die Skorpione und steckte es mit einem Scheit des Lagerfeuers in Brand. Sofort züngelte ein Vorhang aus qualmenden Flammen auf, der ihm die Wimpern versengte.
    Mit einem Sprung durch die Flammen war der Prinz bei Pema, die auf dem Rücken unter der Narbenfrau lag und mit beiden Händen den Arm auf Abstand hielt, der sich bedrohlich ihrem Gesicht näherte. Die Spitze des Küchenmessers streifte schon Pemas Wange, als der Prinz die Narbenfrau am Hals packte, sie wegzog und durch einen harten Schlag mit dem Handrücken gegen die Schläfe zu Boden streckte.
    Pema rappelte sich auf und schlug verzweifelt auf die Flammen ein, die an ihrem langen Rock leckten, aber die Seide brannte wie Zunder. Der Prinz riss ihr den Sarong vom Leib und stürzte dann zu den anderen Mädchen, die sich kreischend gegen die Höhlenwand pressten. Mit dem Messer der Narbenfrau hatte Pema in Windeseile ihre Fesseln zerschnitten und half nun, die anderen zu befreien und durch den züngelnden Vorhang zu bringen, hinter dem sich die brennenden Skorpione zum Ausgang der qualmgeschwärzten Höhle flüchteten.
    Tensing, Dil Bahadur und Alex zerrten die Skorpionkrieger ins Freie und banden sie Rücken an Rücken paarweise zusammen. Borobá war vor Schadenfreude völlig aus dem Häuschen, bewarf die Gefesselten mit Erdklumpen und streckte ihnen die Zunge heraus, bis Alex ihn zu sich rief. Der Affe sprang auf seine Schultern, schlang ihm den Schwanz um den Hals und packte entschlossen seine Ohren. Alex seufzte ergeben.
    Dil Bahadur hatte einen der Skorpionkrieger um seine Tunika gebracht und reichte Pema seinen Mönchsumhang, denn die stand halb nackt da. Er war ihr viel zu groß, und sie musste ihn sich zweimal um die Hüfte schlingen. Der Prinz wickelte sich angewidert in das schwarzblaue stinkende Verbrechergewand. Tausendmal lieber hätte er darauf verzichtet, aber sobald die Sonne unterging, würde er sich in seinem Lendenschurz totfrieren. Und Pema seinen Umhang zu geben schien ihm das Mindeste, was er für sie tun konnte, wo sie doch so todesmutig gewesen war und jetzt wie die Ruhe selbst wirkte. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen. Sie dankte ihm mit einem scheuen Lächeln und hüllte sich in den groben dunkelroten Mönchsumhang, ohne zu ahnen, dass sie nun die Kleider des Thronfolgers trug.
    ~
    Tensing unterbrach die Liebäugelei zwischen Dil Bahadur und Pema und befragte Pema noch einmal genau über das, was sie in der Höhle gehört hatte. Sie bestätigte seinen Verdacht: Der Rest der Bande war offensichtlich unterwegs, um den Goldenen Drachen zu rauben und den König zu entführen.
    »Dass sie den Drachen wollen, verstehe ich ja. Aber was haben sie mit dem König vor?« Dil Bahadur sah sie fragend an.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Pema.
    Tensing betrachtete kurz die Aura der Gefesselten, suchte sich den Verwundbarsten aus, pflanzte sich vor ihm auf und sah ihn durchdringend an. Von der Sanftheit seiner Augen war nichts übrig: Wie Nadeln bohrte er seinen Blick in den Mann, und der hatte das Gefühl, dass ihn eine Giftschlange anstarrte. Mit monotoner Stimme sprach der Lama einige Sanskritworte, die außer Dil Bahadur niemand verstand, und im Handumdrehen hatte er dieses Häufchen Elend willenlos in seiner Gewalt.
    Das Verhör des Hypnotisierten enthüllte ihnen einiges von den Plänen der Skorpionkrieger und bestätigte ihre Befürchtung, dass die Bande bereits in den Palast eingedrungen sein musste. Der Mann sagte, sie hätten den König sicher nicht umgebracht, weil der Amerikaner ihn unbedingt lebend haben wollte, damit er ihmirgendetwas verriet. Mehr wusste er darüber nicht. Die wichtigste Information war jedoch, dass der Monarch und die Statue in das verlassene Kloster Chenthan Dzong verschleppt werden sollten.
    »Wie wollen sie von dort abhauen? Das Kloster ist völlig unzugänglich.« Der Prinz wusste nicht recht, ob er das glauben sollte.
    »Durch die Luft«, kam die tonlose Antwort.
    »Sie müssen einen Hubschrauber haben«, sagte Alex, der in groben Zügen verstand, was

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