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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Schnee undRaureif in den Bodenmulden. Und die Personen sahen aus wie Darsteller: ein Berg von einem Mönch mit Mongolenkriegerbizeps und Heiligengesicht; der stocksteife General Kunglung, einige Soldaten und ein Pilot, alle in Uniform, als wären sie hier durch einen Irrtum vom Himmel gefallen; und schließlich der König, der selbst im Tod noch Gelassenheit und Würde ausstrahlte.
    »Wo sind Alexander und Nadia?« Kate fühlte sich unendlich müde.

NEUNZEHNTES KAPITEL
Der Prinz
    Alex ging mit dem Navigationsgerät voraus, weil der Prinz nicht recht schlau daraus wurde und sich auf zu viele andere Dinge besinnen musste, um sich jetzt auch noch damit zu befassen. Alex war zwar auch kein Fachmann für solche Geräte, und dieses hier schien noch dazu der allerletzte Schrei zu sein, aber er war ja mit Technik groß geworden und hatte schnell herausgefunden, wie er es bedienen musste.
    Zwölf Jahre seines Lebens hatte Dil Bahadur sich darauf vorbereitet, durch das Labyrinth der Türen im Untergeschoss des Palastes zu gehen, die Letzte Tür hinter sich zu lassen und die Hürden im Heiligen Bezirk eine nach der anderen zu nehmen. Und doch hatte er während seiner Unterweisung immer darauf vertraut, dass sein Vater ihm so lange beistehen würde, bis er den Weg alleine zurücklegen konnte. Nun waren die Lehren seines Meisters Tensing und die Unterstützung von Nadia und Alexander alles, worauf er für die Probe hoffen konnte. Zuerst hatte er den kleinen Bildschirm, auf den Alexander dauernd starrte, ziemlich misstrauisch beäugt, bis ihm klar wurde, dass er sie damit geradewegs zur richtigen Tür lotste. Nicht ein einziges Mal mussten sie umkehren, öffneten nie eine falsche Tür, und so hatten sie nun den Raum mit den goldenen Lampenreihen erreicht. Die Letzte Tür war ohne Wachen. Der verwundete Wachsoldat und der Tote waren verschwunden, ohne dass jemand ihren Platz eingenommen hätte, und der Fußboden war fein säuberlich von allen Spuren des Verbrechens gereinigt worden.
    »Wow!«, sagten Nadia und Alex wie aus einem Munde, als sie die prunkvolle Tür sahen.
    »Wir müssen an den richtigen Jadesteinen drehen, wenn wir uns irren, verklemmt sich der Mechanismus, und wir kriegen die Tür nicht mehr auf«, sagte der Prinz.
    »Wir brauchen es nur ganz genauso zu machen wie dein Vater, schau, hier ist die Stelle.«
    Alex ließ den Filmausschnitt zweimal laufen, bis sie sich ganz sicher waren, dann drehte Dil Bahadur vier der Lotosblüten aus Jade. Nichts tat sich. Die drei hielten den Atem an, zählten die Sekunden. Plötzlich ächzten die beiden Türflügel schwer in den Angeln.
    Vor ihnen lag der kreisrunde Raum mit den neun völlig gleichen Türen, und diesmal war es Alex, der sich, genau wie Tex Gürteltier einige Tage zuvor, auf das Auge auf dem Fußboden legte und sich drehte. Nach einer Achteldrehung öffnete sich die Tür, auf die sein rechter Arm wies.
    Ein grausiges Jammern war zu hören, und ein modriger Gestank nach Verwesung stieg ihnen in die Nase. Sehen konnten sie allerdings gar nichts, nur unergründliche Schwärze.
    »Ich gehe vor«, erbot sich Alex. »Immerhin kann wenigstens mein Totemtier im Dunkeln ziemlich gut sehen.« Dicht gefolgt von seinen Freunden, trat er über die Schwelle.
    »Und, siehst du was?« Nadia tippte ihm auf die Schulter.
    »Kein bisschen.«
    »Wäre vielleicht eher was für ein weniger protziges Totemtier. Für eine Küchenschabe beispielsweise.« Nadia kicherte nervös.
    »Möglicherweise wäre uns auch schon mit deiner Lampe geholfen …«, sagte der Prinz.
    Alex kam sich vor wie ein Vollidiot: Er hatte komplett vergessen, dass er nicht nur sein Schweizer Messer, sondern auch die Taschenlampe eingesteckt hatte. Er knipste sie an, und sie sahen, dass sie in einem Korridor standen, den sie jetzt zögerlich durchquerten, bis sie am anderen Ende wieder auf eine Tür stießen. Vorsichtig schoben sie den Riegel zur Seite und öffneten. Schon durch den Türspalt quoll ihnen der Gestank entgegen, aber wenigstens herrschte dort drinnen ein dämmriges Zwielicht, und sie würden etwas sehen können. Blinzelnd trat Alex über die Schwelle und stieß mit dem Kopf an einen knochigen Fuß. Er blickte auf: Von der Decke baumelten Skelette, wiegten sich im Luftzug und gaben durch den Schubs ein makabres Klapperkonzert von sich. Da spürte Alex plötzlich etwas an den Füßen, zuckte zusammen und schrie auf. Der Boden unter seinen Füßen sah aus wie lebendig, war ein Gebrodel sich windender

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