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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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gefilmt, und gleichzeitig sind alle Koordinaten aufgezeichnet worden. So konnten Tex Gürteltier und die Skorpionkrieger dem König folgen.«
    »Warum hat sie das getan?« Dem Prinzen stand das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben.
    »Schätze, wegen der Statue, sie ist ein Vermögen wert.« Alex hatte weit weniger Probleme als der Prinz, sich vorzustellen, dass jemand aus Habgier zu einem solchen Verrat fähig ist.
    »Habt ihr die Explosion gehört? Der Hubschrauber ist abgestürzt und die Statue bestimmt völlig zerstört«, meldete sich der Pilot.
    »Vielleicht ist es besser so …«, sagte der König sehr schwach, ohne die Augen zu öffnen.
    Tensing beugte sich zu ihm hinunter: »In aller Bescheidenheit möchte ich Euch bitten, dass die beiden jungen Ausländer Euren Sohn in den Palast begleiten dürfen. Der Jaguarjunge Alexander und das Adlermädchen Nadia sind reinen Herzens wie Prinz Dil Bahadur und können ihm möglicherweise bei seiner Aufgabe helfen, Majestät. Alexander weiß, wie man mit diesem Gerät umgeht, und Nadia versteht es, mit dem Herzen zu sehen und zu hören.«
    »Nur der König und sein Thronfolger …«
    »Mit allem Respekt wage ich, Euch zu widersprechen, ehrwürdiger König. Vielleicht muss die Tradition manchmal gebrochen werden …«
    Ein langes Schweigen folgte den letzten Worten Tensings. Die Kräfte des Verwundeten schienen erschöpft, doch dann begann er noch einmal zu sprechen:
    »Gut, sie sollen zu dritt gehen.«
    »Vielleicht wäre es angeraten, dass ich mir Eure Wunde ansehe, Majestät«, sagte Tensing.
    »Wozu, Tensing? Wir haben schon einen neuen König, meine Zeit ist vollendet.«
    »Möglicherweise haben wir erst einen neuen König, wenn sich der Prinz der Aufgabe gewachsen zeigt«, sagte Tensing und hob den König vom Boden auf.
    ~
    Der nepalesische Nationalheld hatte Tex Gürteltiers Schlafsack gefunden, breitete ihn in einem geschützten Winkel des Raumes aus, und Tensing bettete den bewusstlosen König darauf. Er öffnete die blutgetränkte Weste und wusch die Brust des Königs, damit er die Wunde untersuchen konnte. Die Kugel hatte ein scheußliches Loch gerissen und war im Rücken wieder ausgetreten. Als Tensing sah, welchen Weg sie genommen hatte und wie dunkel das Blut war, wusste er, dass die Lunge verletzt sein musste; er konnte nichts tun; all sein Wissen und seine Heilkunst würden hier wenig ausrichten. Auch der Sterbende wusste das, aber er brauchte noch etwas Aufschub, ehe er sich von der Welt abwenden konnte. Der Lama stillte die Blutung, legte dem König einen Druckverband und bat den Piloten, in der Feldküche Wasser zu kochen, damit er einen Heiltee ansetzen konnte. Eine Stunde später war der König wieder zu sich gekommen, sein Blick war nicht mehr trüb, aber er war sehr schwach.
    »Mein Sohn, du musst ein besserer König sein als ich«, sagte er zu Dil Bahadur und gebot ihm durch eine Geste, sich das Medaillon über den Kopf zu streifen.
    »Das ist unmöglich, Vater …«
    »Hör mich an, es bleibt nicht viel Zeit. Ich möchte, dass du dies tust: Suche dir bald eine Frau, die so stark ist wie du. Sie soll unserem Volk Mutter sein, wie du ihm Vater sein sollst. Achte die Natur und die Traditionen unseres Königreichs; misstraue den Dingen, die von außen kommen. Die Europäerin, Judit Kinski: Bestrafe sie nicht. Ich möchte nicht, dass sie den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringt. Sie hat sehr schwerwiegende Fehler begangen, aber ihr Karma wird sie selbst reinigen müssen. Vielleicht wird sie erst in einem anderen Leben lernen, was sie in diesem versäumt hat.«
    Erst da fiel ihnen die Frau wieder ein, die für all das Unglück verantwortlich war. Sie wussten, weit würde sie nicht kommen, denn sie kannte sich hier nicht aus, war unbewaffnet, hatte keinen Proviant dabei, keine warmen Sachen und offensichtlich noch nicht einmal Schuhe an, denn ihre Stiefel lagen noch hier. Aber Alex traute ihr eigentlich alles zu, jemand, der auf diese Art den Goldenen Drachen gestohlen hatte, würde vielleicht selbst aus der Hölle noch einen Ausweg finden.
    »Vater, ich fühle mich noch nicht reif zum Regieren«, sagte der Prinz leise.
    »Du hast keine Wahl, mein Sohn. Du bist gut ausgebildet und tapfer, und du hast ein reines Herz. Bitte den Goldenen Drachen um Rat.«
    »Er ist zerstört worden!«
    »Komm näher zu mir, ich muss dir etwas sagen.«
    Die Umstehenden zogen sich außer Hörweite zurück, und Dil Bahadur beugte sich ganz nah zu seinem Vater

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