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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Ersatz habe, kann ich den Propeller selbst wechseln, aber hier sind wir geliefert. Wo soll ich einen neuen herkriegen?«
    Bevor Bruder Fernando den Mund aufmachen konnte, baute Angie sich vor ihm auf und stemmte die Hände in die Hüften:
    »Und sagen Sie nicht, Ihr Gott werde das richten, wenn Sie nicht wollen, dass ich mich wirklich aufrege!«
    Der Missionar bewahrte umsichtig Schweigen.
    »Wo sind wir genau?«, fragte Kate.
    »Keinen Schimmer«, musste Angie zugeben.
    Bruder Fernando studierte seine Karte und sagte, bis nach Ngoubé sei es ganz sicher nicht weit.
    »Rechts, links, vorne und hinten Dschungel und Sümpfe, ohne Boot kommen wir nirgendwo hin«, sagte Angie.
    »Dann machen wir jetzt erst einmal ein Feuer. Eine Tasse Tee und ein Schluck Wodka werden uns gut tun«, entschied Kate.

VIERTES KAPITEL
Eine Begegnung
    Die kleine Schar Menschen suchte sich eine halbwegs ebene Stelle im Schutz der Bäume, wo sie ihr Lager aufschlagen wollten.
    »Ob es hier Würgeschlagen gibt?« Joel ging die Umarmung einer Anakonda, die ihn am Amazonas fast das Leben gekostet hätte, nicht aus dem Sinn.
    »Mit Würgeschlangen lässt sich fertig werden, man sieht sie von weitem und kann auf sie schießen. Gefährlicher sind die Gabunviper und die Waldkobra. Ihr Biss tötet binnen Minuten«, sagte Angie.
    »Haben wir ein Gegengift?«
    »Gegen die gibt es keins. Aber die Krokodile machen mir mehr Sorgen. Was diese Viecher alles fressen …«
    »Aber sie bleiben im Wasser, oder?«, wollte Alexander wissen.
    »An Land sind sie auch nicht ohne. Sie schnappen sich die Tiere, die nachts zum Trinken ans Ufer kommen, und zerren sie auf den Grund des Flusses. Kein schöner Tod.«
    Angie besaß einen Revolver und eine Flinte, hatte sie allerdings noch nie benutzen müssen. Sie zeigte ihren Gefährten, wie man die Waffen handhabte, denn für die Nacht wollten sie Wachen einteilen. Sie gaben ein paar Schüsse ab, und die Waffen funktionierten auch einwandfrei, dennoch traf keiner die Dose, die sie ein paar Meter weiter hingestellt hatten. Bruder Fernando beteiligte sich nicht an der Schießübung, denn ihm zufolge wurden Schusswaffen vom Teufel geladen. Durch seine Erlebnisse in Ruanda war er ein gebranntes Kind.
    »Das hier beschützt mich.« Er zeigte auf ein kleines Stück braunen Tuchs, das er an einer Kordel um den Hals trug. »Es ist ein Skapulier.«
    »Ein was?« Kate hatte das Wort noch nie gehört.
    »Es ist geweiht und symbolisiert den Schutz der Muttergottes. Der Papst trägt auch eins«, schaltete sich Joel ein und zeigte ihnen sein eigenes, das vor seiner leicht eingedellten Brust baumelte.
    Kate machte große Augen: Sie war unter nüchternen Protestanten aufgewachsen und fand den Katholizismus zuweilen ähnlich exotisch wie den Volksglauben in Afrika.
    »Ich habe auch einen Glücksbringer, aber dass der mich vor Krokodilen bewahrt, glaube ich nicht.« Angie strich über den Lederbeutel an ihrem Hals.
    »Sie können doch einen Fetisch nicht mit einem Skapulier vergleichen!«, sagte Bruder Fernando entrüstet.
    »Wieso nicht?«, fragte Alex ehrlich interessiert.
    »Weil das eine für den Schutz Mariens steht und das andere Aberglaube fürs Volk ist.«
    »Was man selber glaubt, ist Religion, was die anderen glauben, Aberglaube.« Kate grinste.
    Mit diesem Satz hatte sie ihrem Enkel bei jeder sich bietenden Gelegenheit Achtung für fremde Kulturen beibringen wollen, deshalb kannte Alex ihn bereits. Außerdem sagte sie gern: »Was wir sprechen, ist Hochsprache, was die anderen sprechen, Dialekt« und: »Was die Weißen machen, ist Kunst, was die anderen machen, Kunsthandwerk.« Alex hatte diese Lieblingssätze seiner Großmutter einmal im Sozialkundeunterricht angebracht, aber da hatte niemand die Ironie begriffen.
    Hier dagegen entspann sich unverzüglich ein leidenschaftlicher Streit über die Gottesvorstellung der Christen und verschiedener afrikanischer Naturreligionen, und alle redeten durcheinander, außer Alex, der seinen eigenen Glücksbringer um den Hals trug und lieber den Mund hielt, und Nadia, die zusammen mit Borobá den Strand ablief und sich alles sehr aufmerksam ansah. Alex schloss sich den beiden an.
    »Suchst du was, Aguila?«
    Nadia bückte sich und hob einige kurze Stücke Seil vom Sand auf.
    »Davon habe ich noch mehr gefunden.«
    »Bestimmt irgendeine Liane …«
    »Nein. Ich glaube, sie sind handgemacht.«
    »Was könnte es sein?«
    »Keine Ahnung, aber offenbar war vor kurzem jemand hier, und vielleicht

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