Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
Haut war grau und dick wie die von Elefanten, bildete Wülste hinter den kleinen, runden Ohren und hing in zwei Hautsäcken vom Oberkiefer. Dahinter verbargen sich ihre kräftigen, eckigen Hauer, die mühelos ein Eisenrohr hätten verbiegen können. Sehr bedächtig, um sie nicht zu reizen, verließen die Freunde den Fluss und zogen sich ins Lager zurück. Die gemütlichen Tiere schienen sich nicht an den Menschen zu stören. Sie badeten seelenruhig weiter, und bald waren sie im Dunkel der Nacht nicht mehr zu sehen.
    »Flusspferde sind treuer als die meisten Menschen. Die Paare bleiben ein Leben lang zusammen«, erzählte Bruder Fernando, als sie ihm von dem unerwarteten Besuch berichteten. »Sie haben immer nur ein Kind auf einmal, und das behüten sie über Jahre.«
    ~
    Rasch war es Nacht geworden, und die kleine Schar fand sich umgeben vom tiefen Dunkel des Waldes. Nur über dem schmalen Streifen Sand, auf dem sie gelandet waren, konnte man den Mond sehen. Die Einsamkeit war vollkommen. Sie sprachen ab, wer wann Wache halten und das Feuer versorgen sollte. Weil sie die Jüngste war, wurde Nadia von der Aufgabe entbunden, aber sie wollte Alex unbedingt bei seiner Wache Gesellschaft leisten. Während der Nacht huschten etliche kleinere und größere Tiere am Lager vorbei, um am Fluss zu trinken, obwohl der Rauch, das Feuer und der Geruch der Menschen sie störten. Die scheuesten nahmen erschrocken Reißaus, aber andere witterten, zögerten und näherten sich schließlich doch, um ihren Durst zu stillen. Bruder Fernando, der sich seit dreißig Jahren mit der Tier- und Pflanzenwelt Afrikas beschäftigte, hatte alle angewiesen, die Tiere in Ruhe zu lassen. Normalerweise würden selbst die Raubtierekeine Menschen angreifen, hatte er gesagt, es sei denn, sie wären ausgehungert oder fühlten sich bedroht.
    »Soweit die Theorie«, hatte Angie dagegengehalten. »Tatsächlich sind sie unberechenbar und können jederzeit angreifen.«
    »Das Feuer wird sie abschrecken. Hier am Strand sind wir wohl sicher. Im Wald wird es gefährlicher, wenn wir uns …«
    »Aber wir gehen ja nicht in den Wald«, unterbrach ihn Angie.
    »Wollen Sie bis ans Ende Ihrer Tage an diesem Strand bleiben?«
    »Durch den Wald kommen wir hier nicht weg. Die einzige Möglichkeit ist der Fluss.«
    »Sie wollen schwimmen?«
    »Wir könnten ein Floß bauen«, schaltete Alex sich ein.
    »Du hast zu viele Abenteuerromane gelesen, mein Junge«, sagte der Missionar.
    »Jetzt schlafen wir erst einmal, morgen sehen wir weiter«, entschied Kate.
    Alex und Nadia waren um fünf in der Früh mit ihrer Wache an der Reihe. Zusammen mit Borobá würden sie die Sonne aufgehen sehen. Sie saßen Rücken an Rücken mit den Waffen auf dem Schoß und unterhielten sich flüsternd. Trotz der vielen E-Mails, die sie sich in den letzten Monaten geschrieben hatten, gab es noch immer tausend Dinge zu erzählen.
    Von seiner Mutter war Alex mehr als einmal gefragt worden, ob er mit Nadia »ging«, und immer hatte er das heftiger als nötig bestritten. Er »ging« nicht mit ihr, jedenfalls nicht so, wie sie das meinte. Schon die Frage fand er beleidigend. Seine Freundschaft mit Nadia hatte überhaupt nichts gemein mit der Verknalltheit, an der seine Freunde dauernd litten, oder mit seinen eigenen Träumen von Cecilia Burns, dem Mädchen, das er seit der ersten Klasse hatte heiraten wollen. Was er für Nadia empfand, war etwas ganz Besonderes und ging niemanden etwas an. Natürlich war eine solche Freundschaft zwischen einem Mädchen und einem Jungen in ihrem Alter nichts Alltägliches, deshalb redete er ja nicht darüber, es hätte sowieso niemand verstanden.
    ~
    Eine Stunde später verloschen die Sterne einer nach dem anderen, der Himmel wurde kaum merklich heller, flammte dann plötzlich atemberaubend auf und übergoss alles mit einem orangeroten Schein. Kreischend flog ein Schwarm Papageien über den Strand, und das Konzert der Vögel in den Bäumen weckte die Schlafenden. Sofort waren alle geschäftig, Bruder Fernando, Kate und Joel schürten das Feuer und bereiteten etwas zum Frühstücken, Alex und Nadia machten sich gemeinsam mit Angie an dem Propeller zu schaffen; vielleicht ließe er sich ja doch reparieren.
    Dann mussten sie sich mit Stöcken bewaffnen und die Affen verscheuchen, die über dem kleinen Lager von Ast zu Ast schwangen und etwas Essbares zu stehlen versuchten. Nach dem Kampf waren alle außer Atem. Die Affen zogen sich ans andere Ende des Strandes zurück und

Weitere Kostenlose Bücher