Die Abenteuer von Aguila und Jaguar
erfüllt von Mitgefühl, sie war gerecht, denn sie spürte die Wahrheit, sie war unbesiegbar, denn eine Heerschar von Geistern stand ihr bei.
»Die Menschen in Ngoubé leiden. Als Ihr Königin ward, lebten Dorfbewohner und Pygmäen in Frieden, und sie erinnern sich daran. Kommt mit uns, Nana-Asante, helft uns«, bat Nadia.
»Gehen wir«, sagte die Königin, ohne zu zögern, als habe sie sich lange Jahre auf diesen Moment vorbereitet.
ZWÖLFTES KAPITEL
Herrschaft des Schreckens
Während der beiden Tage, die Nadia und Alexander im Wald zubrachten, spitzte sich die Lage im Dorf Ngoubé bedrohlich zu. Kate, Angie, Joel und Bruder Fernando sahen Kosongo nicht wieder und mussten sich mit Mbembelé verständigen, der ohne Zweifel erheblich kaltblütiger war als der König. Als er hörte, zwei seiner Gefangenen seien verschwunden, kümmerte sich der Kommandant ausschließlich darum, die beiden Wachen für ihre Nachlässigkeit zu bestrafen. Was aus den Verschwundenen würde, war ihm einerlei, er unternahm nicht nur selbst keine Anstrengung, sie zu finden, sondern verweigerte Kate jede Hilfe mit den Worten:
»Sie sind tot, ich werde meine Zeit nicht mit ihnen vergeuden. Niemand überlebt eine Nacht im Wald, außer den Pygmäen, und das sind keine Menschen.«
»Dann geben Sie mir ein paar Pygmäen, die mir bei der Suche helfen«, bat Kate.
Da Mbembelé aus Gewohnheit nicht auf Fragen, geschweige denn auf Bitten antwortete, wagte schon lange niemand mehr, so mit ihm zu sprechen. Über das unverfrorene Auftreten dieser alten Ausländerin war er zunächst eher verwirrt als erbost, er konnte nicht glauben, was er da hörte. Er schwieg und betrachtete Kate durch seine fiese verspiegelte Sonnenbrille, während ihm Schweißperlen über den kahl geschorenen Schädel und die nackten, von den rituellen Narben gezeichneten Arme liefen. Sie waren in seinem »Büro«, wohin er die Reporterin hatte bringen lassen.
Mbembelés »Büro« war ein Kerker, in dem ein rostfleckiger Schreibtisch aus Metall und zwei Stühle standen. Kate spürte die Panik in sich aufsteigen, als sie die Eisenstangen, Zangen und Stricke auf dem Tisch und dunkle Flecken wie von Blut an den gekalkten Lehmwänden sah. Zweifellos hatte der Kommandant sie einschüchtern wollen, indem er sie hierher bestellte, und das war ihm gelungen, aber Kate würde sich nichts anmerken lassen. Ihr einziger Schutz waren ihr amerikanischer Pass und ihrPresseausweis, aber falls Mbembelé klar wurde, wie viel Angst sie hatte, würden auch die ihr nichts nützen.
Anders als Kosongo schien der Kommandant die Geschichte von dem angeblichen Interview mit dem König nicht geschluckt zu haben. Bestimmt ahnte er, dass sie in Wahrheit etwas über das Schicksal der verschwundenen Missionare herausfinden wollten. Sie waren diesem Mann ausgeliefert, aber er würde sich nicht zu unüberlegten Gewalttaten hinreißen lassen, immerhin kamen sie aus dem Ausland, versuchte Kate sich Mut zu machen. Es war eine Sache, die armen Teufel zu tyrannisieren, die er hier in Ngoubé unter der Knute hatte, und eine ganz andere, Ausländern, noch dazu Weißen, etwas anzutun. Nachforschungen seitens der Behörden konnte Mbembelé sich nicht leisten. Er würde seine unliebsamen Besucher möglichst schnell loswerden wollen und wusste, dass sie ohne Alexander und Nadia nicht gehen würden. Dadurch wurde alles schwieriger. Wenn sie zu lange blieben und zu viel in Erfahrung brachten, würde er sie umbringen müssen. Sie mussten sehr vorsichtig sein, denn die eleganteste Lösung für den Kommandanten wäre es, wenn seine Gäste bei einem gut vorbereiteten Unfall ums Leben kamen. Nicht im Traum hätte Kate daran gedacht, dass zumindest eine Person aus ihrer Gruppe in Ngoubé mit Wohlwollen gesehen wurde.
»Wie heißt die andere Frau?«, brach Mbembelé schließlich sein langes Schweigen.
»Angie, Angie Ninderera. Sie hat uns mit dem Flugzeug hergebracht, aber …«
»Seine Majestät König Kosongo ist gewillt, sie unter seinen Frauen aufzunehmen.«
Kate spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Was am Abend zuvor ein Scherz gewesen war, jetzt war es bitterer – und möglicherweise gefährlicher – Ernst. Was würde Angie zu Kosongos Gunstbezeigung sagen? Sie konnte bloß hoffen, dass Alexander sein Versprechen hielt, er und Nadia mussten schleunigst zurückkommen. Auch bei den zwei vorangegangenen Reisen hatte sie wegen der beiden schlimme Ängste ausgestanden, und doch waren sie damals wohlbehalten wieder
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