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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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mitleidigen Blick zu. Schließlich verlor Alex die Geduld, schob sich zwischen sie und forderte sie auf, es auszuprobieren.
    Noch immer tuschelnd und wenig überzeugt, stellten sich die Männer in einer Reihe unter den Bäumen auf. Alex maß zehnSchritte ab, was in dem überwucherten Gelände gar nicht so einfach war, stellte sich mit den Händen in den Hüften breitbeinig hin und rief ihnen zu, sie sollten anfangen. Einer nach dem anderen warfen die Pygmäen ihre Speere. Alex zuckte kaum mit der Wimper, als die metallenen Spitzen haarscharf an ihm vorbeisausten. Ungläubig sammelten die Jäger ihre Speere wieder ein und versuchten es noch einmal. Jetzt schleuderten sie die Speere mit mehr Überzeugung und größerer Wucht, doch wieder trafen sie nicht.
    »Probiert es mit Buschmessern«, sagte Alex.
    Die beiden einzigen Jäger, die ein Buschmesser besaßen, stürzten sich brüllend auf ihn, aber Alex wich den Hieben mühelos aus, und die Klingen bohrten sich in den Waldboden.
    »Du bist ein sehr mächtiger Zauberer«, sagte Beyé-Dokou bewundernd.
    »Nein, aber mein Amulett ist ähnlich wertvoll wie das Ipemba-Afua.«
    »Das heißt, jeder, der es trägt, kann das?«
    »Genau.«
    Wieder steckten die Pygmäen die Köpfe zusammen und redeten eine Weile aufgeregt miteinander, bis sie eine Entscheidung getroffen hatten:
    »Einer von uns wird gegen Mbembelé kämpfen.«
    »Wieso? Ich kann das übernehmen«, sagte Alex.
    »Du bist nicht so stark wie wir. Du bist groß, aber du kannst nicht jagen und wirst müde, wenn du läufst. Jede unserer Frauen wäre besser geeignet«, übersetzte Nadia das, was einer der Jäger sagte.
    »Ach, besten Dank auch …«
    »Er hat Recht«, sagte Nadia und unterdrückte ein Lächeln.
    »Der Tuma kämpft gegen Mbembelé.«
    Alle zeigten mit dem Finger auf Beyé-Dokou, den besten Jäger, der artig die Augen niederschlug, auch wenn leicht zu erraten war, dass er sich geehrt fühlte. Er ließ sich ein wenig bitten und nahm dann das Drachenamulett entgegen, streifte es über den Kopf und stellte sich vor seine Gefährten hin. Die Szene war die gleiche wie zuvor bei Alex, und so waren die Jäger schließlich überzeugt, dass dieser schwarze Stein wie ein undurchdringliches Schutzschildwirkte. Alex betrachtete sich Beyé-Dokou, diesen Mann von der Größe eines Kindes, und versuchte ihn sich im Kampf gegen Mbembelé vorzustellen, von dem die Pygmäen gesagt hatten, er sei ein Koloss wie Kosongo.
    »Wie David gegen Goliath«, sagte er.
    Die Pygmäen sahen ihn fragend an, und zusammen mit Nadia erzählte er ihnen die Geschichte:
    »Vor langer Zeit weit weg von diesen Wäldern lagen zwei Stämme im Krieg miteinander. Die einen hatten einen gefürchteten Kämpfer, der Goliath hieß. Er war ein Riese, groß wie ein Baum und stark wie ein Elefant, und er trug ein Schwert, so schwer wie zehn Buschmesser. Alle hatten schreckliche Angst vor ihm. David, ein Junge aus dem anderen Stamm, forderte ihn zum Kampf heraus. Er war mit einer Schleuder und einem Stein bewaffnet. Die beiden Stämme trafen sich, um den Kampf zu sehen. David schleuderte den Stein und traf Goliath genau auf die Stirn. Der Riese stürzte, David nahm ihm das Schwert ab und tötete ihn.«
    Die Zuhörer fanden die Geschichte wohl irgendwie witzig, jedenfalls lachten sie, sahen aber nicht, was das mit ihnen zu tun hatte, bis Alex sagte, Goliath sei Mbembelé und David Beyé-Dokou. Die Pygmäen bedauerten, keine Schleuder zu haben, allerdings war sich Nadia nicht sicher, ob sie wussten, was das war. Sie hielten das wohl für eine wundersame Waffe. Schließlich brach die Gruppe auf, um Nadia und Alex bis an den Rand des Dorfes zu begleiten. Zum Abschied gaben die Jäger den beiden kräftige Klapse auf die Arme und waren gleich darauf im Wald verschwunden.
    ~
    Alexander und Nadia erreichten die ersten Hütten des Dorfes, als eben der Morgen graute. Nur ein paar Hunde nahmen Notiz von ihnen. Die Bewohner Ngoubés schliefen, und die ehemalige Missionsstation war ohne Wachen. Vorsichtig lugten sie durch die Türöffnung, denn sie wollten ihre Freunde nicht erschrecken, aber da stürzte ihnen Kate schon entgegen, die sehr wenig und sehr schlecht geschlafen hatte. Kate fühlte sich unendlich erleichtert und hatte zugleich größte Lust, ihrem Enkel eine anständigeTracht Prügel zu verpassen. Aber ihre Kräfte reichten nur, ihn am Ohr zu nehmen, ihn zu schütteln und dabei zu schimpfen wie ein Rohrspatz:
    »Wo habt ihr gesteckt, ihr verfluchten

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