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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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spärlichen Besitztümer, und es war verboten, ihre Namen zu erwähnen. Dennoch war es für niemanden im Dorf ein Geheimnis, dass die beiden Missionare umgebracht worden waren und man ihre Leichen in den Brunnen der Krokodile geworfen hatte. Nichts war übrig geblieben von ihnen.
    »Sie sind Märtyrer, wahre Heilige, sie sollen nie vergessen werden«, sagte Bruder Fernando und wischte sich die Tränen von den eingefallenen Wangen.
    Gegen drei Uhr nachmittags kam Angie zurück. Sie war kaum wiederzuerkennen. Ihre Frisur war ein Turm aus Zöpfen mit Perlen aus Glas und Gold, der das Dach der Hütte streifte, ihre Haut schimmerte vom Öl, sie trug eine weite Tunika in knalligen Farben, von den Handgelenken bis zu den Ellbogen verschwanden ihre Arme unter unzähligen goldenen Reifen, und ihre Füße steckten in Sandalen aus Schlangenleder. Ihre Erscheinung füllte die Hütte.
    »Sie sehen aus wie die Freiheitsstatue!« Nadia strahlte sie aus großen Augen an.
    »Grundgütiger! Was haben die mit Ihnen gemacht!«, rief der Missionar entsetzt.
    »Nichts, was sich nicht wieder rückgängig machen ließe,Bruder«, sagte Angie und klimperte mit ihren Armreifen. »Mit denen kaufe ich mir eine ganze Flotte Flugzeuge.«
    »Falls Sie Kosongo entkommen.«
    »Wir entkommen alle zusammen«, sagte Angie sehr selbstgewiss und strahlend.
    »Nicht alle. Ich bleibe hier und nehme den Platz meiner ermordeten Brüder ein.«

VIERZEHNTES KAPITEL
Die letzte Nacht
    Die Feierlichkeiten begannen gegen fünf am Nachmittag, als die Hitze etwas nachgelassen hatte. Unter den Bewohnern Ngoubés war die Anspannung groß. Nzés Mutter hatte in Umlauf gebracht, dass Nana-Asante, die rechtmäßige Königin, um die man im Dorf sehr getrauert hatte, am Leben war. Unterstützt von den Ausländern, wolle sie den Thron zurückerobern, und das sei die einmalige Gelegenheit, Kosongo und Mbembelé loszuwerden. Wie lange wollten sie noch hinnehmen, dass ihre Söhne in den Dienst des Kommandanten gepresst und zu Mördern gemacht wurden? Ihr Leben wurde immer elender, man spionierte sie aus, sie konnten sich nicht frei bewegen und ihre Meinung nicht sagen. Alles, was sie hatten, wurde ihnen von Kosongo genommen, und während er Gold, Diamanten und Elfenbein anhäufte, starben sie an Krankheiten, die man leicht hätte heilen können. In aller Heimlichkeit hatte die Frau mit ihren Töchtern gesprochen, diese sprachen mit ihren Freundinnen, und in weniger als einer Stunde waren die meisten Erwachsenen im Dorf von derselben Unruhe ergriffen. Niemand wagte, die Wachleute ins Vertrauen zu ziehen, denn obwohl sie Teil ihrer Familien waren, wusste keiner, wie sie reagieren würden. Mbembelé hatte sie einer Gehirnwäsche unterzogen, sie waren nicht mehr sie selbst.
    Weit größer noch war die Unruhe unter den Pygmäinnen, da am Abend die Frist ablief, in der ihre Kinder gerettet werden konnten. Bisher hatten die Männer immer rechtzeitig Stoßzähne geliefert, aber diesmal würde alles anders sein. Durch Nadia hatte Jena erfahren, dass die Jäger das heilige Amulett Ipemba-Afua wieder in Händen hatten und diesmal nicht mit Elfenbein kämen, sondern mit dem festen Vorsatz, Kosongo die Stirn zu bieten. Auch sie würden kämpfen müssen. Jahr um Jahr hatten sie die Sklaverei erduldet und gehofft, so ihre Familien retten zu können. Aber alles Dulden hatte wenig geholfen, ihr Leben war immer unerträglicher geworden. Je mehr sie hinnahmen, desto mehr wurden sieausgebeutet. Und Jena hatte Recht: Sobald es keine Elefanten mehr gäbe in den Wäldern, würden ihre Kinder doch verkauft. Es war besser, in einem Aufstand zu sterben, als weiter in Sklaverei zu leben.
    Auch Kosongos Harem war in Aufregung, denn alle wussten bereits, dass die zukünftige Frau des Königs keine Furcht kannte und fast so stark war wie Mbembelé, dass sie den König für einen Hanswurst hielt und den alten Aufseher mit einer Backpfeife umgehauen hatte. Die Mädchen, die nicht das Glück gehabt hatten, es mit eigenen Augen zu sehen, trauten ihren Ohren nicht. Ihnen graute vor Kosongo, der sie zur Heirat gezwungen hatte, und sie kuschten vor dem alten Giftzwerg mit dem Bambusrohr. Einige meinten zwar, Angie Ninderera werde es nicht besser ergehen als ihnen selbst, in weniger als drei Tagen wäre ihr Hochmut gebrochen und sie in eine weitere willfährige Frau des Königs verwandelt, aber die vier Mädchen, die mit Angie am Fluss gewesen waren und gesehen hatten, wie stark sie war und wie sie auftrat, waren

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