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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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beschafft haben mussten. Ertrank ein paar Schlucke und hielt die Flasche dann Angie hin, die dankend ablehnte, denn sie wollte sich mit dem Mann nicht gemein machen. Als er ihr jedoch eine Zigarette anbot, konnte sie nicht widerstehen: Sie hatte seit einer Ewigkeit nicht geraucht.
    Auf einen Wink von Mbembelé spielten die Musiker einen Trommelwirbel, und die Vorstellung war eröffnet. Vom gegenüberliegenden Ende des Platzes wurden die beiden Wachen gebracht, vor deren Nase Alexander und Nadia entwischt waren. Sie wurden in den Ring gestoßen und fielen mit gesenkten Köpfen auf die Knie, am ganzen Leib zitternd. Die beiden waren sehr jung, etwa so alt wie Alexander, dachte Kate, siebzehn oder achtzehn. Eine Frau, vielleicht die Mutter von einem, schrie und wollte sich in den Ring stürzen, aber sofort waren andere Frauen bei ihr, die sie zurückhielten, sie umarmten und zu trösten versuchten.
    Mbembelé erhob sich und stand breitbeinig da, die Hände in die Hüften gestemmt, den Unterkiefer vorgeschoben. Der Schweiß perlte auf seinem rasierten Schädel und dem nackten, muskelbepackten Oberkörper. Er bellte ein paar Sätze, die Kate nicht verstand, ließ sich wieder auf die Stuhlkante sinken, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Einer seiner Soldaten drückte jedem der beiden Jungen im Ring ein Messer in die Hand.
    Kate und ihre Freunde hatten die Regeln des Spiels rasch begriffen. Die beiden Wachen waren zu einem Kampf auf Leben und Tod verurteilt, und ihre Kameraden, ihre Familien und Freunde waren dazu verurteilt, sich diese grausige Bestrafung anzusehen. Ezenji, einst ein heiliger Tanz, mit dem die Pygmäen vor der Jagd den großen Geist des Waldes beschworen, war in Ngoubé zu einem Turnier des Todes verkommen.
    ~
    Der Kampf währte nur kurz. Erst sah es aus, als tanzten die beiden verurteilten Jungen umeinander herum, während sie, das Messer in der Faust, auf einen Fehler des anderen warteten, um einen Stoß zu platzieren. Mbembelé und seine Soldaten feuerten die beiden mit Schreien und Pfiffen an, aber die Stille der übrigen Zuschauerhatte etwas Drohendes. Den Kameraden der beiden Kämpfenden war ihr Grauen anzusehen, sie wussten, jeder von ihnen konnte der Nächste sein. Ohnmächtig und voller Zorn nahm die Bevölkerung Ngoubés Abschied von den beiden Jungen. Wären sie nicht berauscht gewesen vom Palmwein und wäre die Angst vor Mbembelé nicht gewesen, es hätte einen Aufstand gegeben. Zwischen den Familien des Dorfes bestanden unzählige verwandtschaftliche Bande, alle kannten die beiden Kämpfenden von klein auf.
    Als sie schließlich angriffen, blitzten die Klingen einen Augenblick im Schein der Fackeln, dann fuhren sie auf die Körper herab. Gleichzeitig zerrissen zwei Schreie die Nacht, die beiden Jungen stürzten zu Boden, der eine krümmte sich, der andere kauerte auf allen vieren, das Messer noch immer in der Faust. Es war, als stockte der Mond am Himmel, während die Menschen von Ngoubé den Atem anhielten. Der Junge am Boden wand sich und zuckte wieder und wieder, dann lag er reglos. Da warf der andere das Messer weg, drückte die Stirn gegen die Erde, schlang die Arme über den Kopf und schluchzte.
    Mbembelé stand auf, trat betont langsam in den Ring und drehte den Liegenden mit der Spitze seines Stiefels um, dann zog er seine Pistole aus dem Gürtel und zielte auf den Kopf des anderen Jungen. Im selben Augenblick stürzte Angie vor und fiel ihm mit solcher Wucht in den Arm, dass ihm nicht die Zeit blieb zu reagieren. Die Kugel schlug knapp neben dem Kopf des Jungen im Schlamm ein. Ein entsetztes Raunen ging durch die Menge: Es war bei Todesstrafe verboten, den Kommandanten anzufassen. Niemand hatte je gewagt, ihm auf solche Art entgegenzutreten. Mbembelé selbst war so fassungslos, dass er einen Moment brauchte, bis er wieder zu sich kam, aber da stand Angie schon zwischen seiner Pistole und dem Jungen und sagte, ohne mit der Wimper zu zucken:
    »Sagen Sie König Kosongo, ich bin bereit, seine Frau zu werden, und möchte das Leben dieser beiden Jungen zum Hochzeitsgeschenk.«
    Mbembelé und Angie starrten einander an, nahmen Maß wie zwei Boxer vor dem Kampf. Der Kommandant war einen halben Kopf größer als sie und weit stärker, außerdem hatte er die Pistole, aber Angies Selbstvertrauen brachte man so leicht nicht insWanken. Sie wusste, sie war schön, sie war klug und unwiderstehlich, und wenn sie es wirklich darauf anlegte, bekam sie, was sie wollte. Sie

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