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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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königlichen Kopf.
    Wie vom Donner gerührt verfolgten die Menschen von Ngoubé Angies tollkühne Tat. Die Erde hatte nicht gebebt, als die Füße des Königs sie berührten. Niemand war taub geworden durch sein wütendes Brüllen, die Vögel waren nicht tot vom Himmel gefallen, und der Wald hatte nicht unter Todesröcheln gezuckt. Als sie nun zum ersten Mal in Kosongos Gesicht blickten, fielen sie nicht erblindet zu Boden, sondern nur aus allen Wolken. Was unter dem Hut mit dem Perlenvorhang zum Vorschein kam, war unverkennbar der Kopf von Kommandant Maurice Mbembelé.
    »Hat Kate also Recht gehabt: Wie ein Ei dem anderen!«, rief Angie.
    Inzwischen waren die Soldaten zu sich gekommen und umringten ihren Kommandanten, aber keiner wagte, ihn anzufassen.Die beiden Männer, die Kate in den Tod hatten befördern wollen, ließen von ihr ab und rannten ebenfalls zu ihrem Anführer, hatten aber auch nicht den Mut, ihm aus dem ungefügen Umhang zu helfen. Doch Kate nutzte die Gelegenheit, in der Menschenmenge zu verschwinden und schnell einige Worte mit Nadia zu wechseln. Schließlich hatte sich Mbembelé allein aus dem Umhang geschält, und mit einem Satz war er auf den Füßen. Er sah aus wie der leibhaftige Zorn, die Haut schweißbedeckt, mit geiferndem Mund und brüllend wie ein Raubtier. Mit zwei Fäusten wollte er Angie in den Boden stampfen, aber die hatte sich längst aus seiner Reichweite geflüchtet.
    Diesen Moment wählte Beyé-Dokou, um vorzutreten. Den Kommandanten herauszufordern hätte schon unter normalen Bedingungen großen Mut erfordert. Es nun zu tun, da er blind war vor Zorn, verlangte Todesverachtung. Kümmerlich stand der kleine Mann vor Mbembelé wie vor einem uneinnehmbaren Turm. Von unten sah er dem Riesen ins Gesicht und lud ihn ein, sich in einem Duell ohnegleichen mit ihm zu messen.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Keiner konnte glauben, was er da eben gehört hatte. Geschlossen schoben sich die Menschen an den wie schockstarren Wachen vorbei und drängten sich hinter das kleine Grüppchen Pygmäen.
    Mit versteinerter Miene blickte Mbembelé auf den Sklaven herab, als kostete es ihn Mühe, den Sinn seiner Worte zu begreifen. Dann blinzelte er plötzlich und lachte los. Minutenlang grölte er vor Lachen. Seine Soldaten lachten mit, weil sie glaubten, das werde von ihnen erwartet, aber es klang nicht echt. Dieser Abend hatte groteske Züge angenommen, und sie wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Die Feindseligkeit der Dorfbevölkerung war mit Händen zu greifen, und die Wachleute schienen drauf und dran, das Lager zu wechseln.
    »Räumt den Platz!«, befahl Mbembelé.
    Für niemanden in Ngoubé war der Zweikampf Ezenji etwas Neues, denn der Kommandant genoss es, seine Gefangenen auf diese Weise zu bestrafen. Doch dieses eine Mal würde Mbembelé nicht Richter und Zuschauer sein, sondern selbst kämpfen. Natürlich sorgte er sich nicht darum, wie der Kampf ausgehen würde, erdachte, er werde diesen Pygmäen zerquetschen wie einen Wurm, aber zuvor wollte er ihn leiden sehen.
    Bruder Fernando, der sich bisher etwas abseits gehalten hatte, trat nun unerschrocken vor. Die Nachricht vom Tod seiner Ordensbrüder hatte seinen Glauben noch vertieft, und das verlieh ihm eine ungeahnte Autorität. Er fürchtete Mbembelé nicht, denn tief in seinem Innern war er davon überzeugt, dass ein schlechter Mensch früher oder später für seine Schandtaten büßen muss, und auf das Konto dieses Mannes gingen Verbrechen ohne Zahl. Es war Zeit abzurechnen.
    »Ich werde Schiedsrichter sein. Schusswaffen sind nicht erlaubt. Welche Waffe wählen Sie? Speere, Messer oder Macheten?«
    »Keine. Wir kämpfen Mann gegen Mann, ohne Waffen«, fauchte Mbembelé grimmig.
    »Einverstanden«, sagte Beyé-Dokou sofort.
    Alex zuckte zusammen: Sein Freund glaubte sich von dem Amulett beschützt. Er hatte den Jägern gesagt, es schütze vor Klingen, bestimmt dachte Beyé-Dokou, es werde ihn auch vor der übermenschlichen Stärke des Kommandanten bewahren, der ihn mit bloßen Händen in Stücke reißen konnte. Er zog Bruder Fernando am Hemd beiseite und sagte, er dürfe diese Bedingung auf keinen Fall akzeptieren, aber der Missionar antwortete, Gott sei mit den Gerechten.
    »Beyé-Dokou ist verloren in diesem Kampf! Der Kommandant ist viel stärker als er!«, flehte Alex.
    »Und der Stier ist stärker als der Torero. Der Trick ist, das Tier müde zu machen.«
    Alex wollte eben etwas entgegnen, als er begriff, was Bruder

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