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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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ergriff:
    »Ich werde dafür bezahlt, einen Artikel über die Bestie zu schreiben, und das gedenke ich auch zu tun, Herr Professor, Giftpfeile hin oder her. Wenn Sie zurück möchten, können Sie schwimmen oder zu Fuß gehen, ganz wie es Ihnen beliebt. Wir anderen fahren wie geplant weiter.«
    »Sie unverschämter alter Drachen, was fällt Ihnen ein …!«, konnte der Professor gerade noch brüllen, ehe die Reporterin ihn mit einem gelassenen: »Ein bisschen mehr Respekt, bitte, mein Kleiner«, beim Kragen packte und mit ihren furchteinflößenden blauen Augen anstarrte.
    Alex dachte, gleich würde der Anthropologe ihr eine Ohrfeige verpassen, und wollte schon dazwischengehen, aber das war nicht notwendig. Wie durch Zauberei gelang es Kate Cold, den aufbrausenden Leblanc mit ihrem Blick zur Ruhe zu bringen.
    »Was machen wir mit dem armen Kerl?«, fragte die Ärztin und deutete auf den Toten.
    »Wir können ihn nicht mitnehmen, Omayra, du weißt ja, in diesem Klima … Wir könnten ihn in den Fluss werfen …«, schlug César Santos vor.
    »Wir würden seinen Geist gegen uns aufbringen, und er würde uns verfolgen, um uns zu töten.« Matuwe stand die Furcht ins Gesicht geschrieben.
    »Dann machen wir es so wie die Indianer, wenn sie keine Zeit haben, einen Leichnam sofort zu verbrennen; wir lassen ihn offen liegen, für die Vögel und die anderen Tiere«, entschied César Santos.
    »Aber irgendeine Zeremonie muss es doch geben!« Der Indianer wollte nicht klein beigeben.
    »Dafür haben wir keine Zeit. Ein angemessenes Begräbnis würde mehrere Tage dauern. Außerdem war der Mann Christ«, erklärte César Santos.
    Schließlich entschieden sie sich dafür, den Toten in einSegeltuch zu wickeln und auf eine kleine Bahre aus Baumrinde zu legen, die sie in einer Baumkrone befestigten. Kate Cold, die solche Feierlichkeiten zwar eigentlich für Mumpitz hielt, aber ein gutes Gedächtnis hatte, behalf sich für eine kurze christliche Andacht mit den Gebeten aus ihrer Kindheit. Timothy Bruce und Joel González filmten und fotografierten die Leiche und die Bestattung, als Beweis für das, was geschehen war. César Santos ritzte Kreuze in die Bäume am Ufer und markierte ihren Standort so gut es ging auf der Karte, damit sie auf dem Rückweg die Stelle wiederfinden und die Gebeine mitnehmen konnten, die sie der Familie des Toten in Santa María de la Lluvia übergeben wollten.
    ~
    Von nun an wurde die Reise immer beschwerlicher. Das Grün schloss sich zu einem Tunnel, und die Sonnenstrahlen drangen nur noch zu ihnen durch, wenn sie in der Flussmitte fuhren. Sie hockten so gedrängt und unbequem aufeinander, dass sie nicht in den Booten schlafen konnten; obwohl ihnen Indianer und Raubtiere gefährlich werden konnten, mussten sie ihr Lager am Ufer aufschlagen. César Santos gab die Lebensmittel aus, entschied, wer zum Jagen und Fischen ging, und teilte die Nachtwachen unter den Männern auf. Professor Leblanc ließ er aus, denn es war nicht zu übersehen, dass dem beim geringsten Geräusch die Nerven durchgingen. Kate Cold und Dr. Omayra Torres forderten, ebenfalls für den Wachdienst berücksichtigt zu werden, sie fanden es beleidigend, als Frauen davon befreit zu sein. Schließlich bestanden auch Alex und Nadia darauf, dass man sie einteilte, mit dem Hintergedanken, Karakawe dadurch im Auge behalten zu können. Sie hatten beobachtet, wie er sich haufenweise Patronen in die Hosentaschen stopfte und um das Funkgerät herumschlich, mit dem es César Santos hin und wieder unter großer Mühe gelang, eine Verbindung nach Santa María de la Lluvia zu bekommen und dem Funker ihre Position durchzugeben. Die Pflanzenkuppel des Urwalds wirkte wie ein Schutzschild, der die Funkwellen abschirmte.
    »Was ist wohl schlimmer, die Indianer oder die Bestie?«, wollte Alex den Professor ein bisschen auf den Arm nehmen.
    »Die Indianer, mein Junge. Das sind Menschenfresser, sie essen nicht nur ihre Feinde, sondern auch die Toten ihres eigenen Stammes«, antwortete Ludovic Leblanc im Brustton der Überzeugung.
    »Ach, wirklich? Das habe ich ja noch nie gehört«, spottete Dr. Omayra Torres.
    »Lesen Sie mein Buch, Fräulein.«
    »Dr. Torres«, verbesserte sie ihn zum tausendsten Mal.
    »Diese Indianer morden, um sich Frauen zu beschaffen.« Leblanc war ganz in seinem Element.
    »Für Sie, Herr Professor, wäre das womöglich ein Grund, jemanden umzubringen, aber doch nicht für die Indianer, die haben genug Frauen, eher zu viele«, sagte die

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