Die Abenteuer von Aguila und Jaguar
Ärztin.
»Ich habe es mit eigenen Augen gesehen: Sie greifen andere Schabonos an und rauben die Mädchen.«
Jetzt unterbrach ihn César Santos:
»Soviel ich weiß, können sie die Mädchen nicht dazu zwingen, bei ihnen zu bleiben. Sie gehen, wenn sie wollen. Kämpfe zwischen zwei Schabonos gibt es nur, wenn ein Stamm einen anderen mit einem bösen Zauber verhext, aus Rache, und hin und wieder werden auch rituelle Kämpfe ausgetragen, mit Knüppeln, aber dabei soll niemand getötet werden.«
»Da irren Sie sich, Santos. Ich würde Ihnen dringend empfehlen, sich meinen Dokumentarfilm anzusehen. Ich versichere Ihnen, danach können auch Sie meine Theorie verstehen.«
»Bisher habe ich nur verstanden, dass Sie Macheten und Messer in einem Schabono verteilt und den Indianern versprochen haben, sie würden noch mehr Geschenke bekommen, wenn sie sich vor der Kamera aufführen, wie Sie es ihnen vorher gesagt haben …«
»Das ist Verleumdung! Meiner Theorie zufolge …«
»Es sind auch schon andere Anthropologen und Reporter mit ihren speziellen Theorien und Vorstellungen über die Indianer ins Amazonasgebiet gekommen.« César Santos blieb gelassen. »Einer hat einmal einen Dokumentarfilm gedreht, in dem die jungen Männer als Frauen verkleidet herumliefen, sich schminkten und Deo benutzten.«
»Ach ja! Dieser Kollege hatte immer etwas ausgefallene Ideen …«, gab der Professor zu.
~
Der Führer zeigte Alex und Nadia, wie die Pistolen geladen wurden und wie man damit schoss. Nadia war weder besonders geschickt, noch schien sie interessiert daran; es sah so aus, als könnte sie ein Ziel nicht auf drei Schritte Entfernung treffen, Alex dagegen war begeistert bei der Sache. Mit der schweren Pistole in der Hand fühlte er sich unbesiegbar; zum ersten Mal konnte er verstehen, warum so viele Leute nach Waffen verrückt waren.
»Meine Eltern haben etwas gegen Knarren. Wenn sie mich so sehen könnten, ich glaube, sie würden in Ohnmacht fallen«, meinte er.
»Sie bekommen dich nicht zu sehen«, beruhigte ihn seine Großmutter, während sie ein Foto von ihm machte.
Alex ging in die Hocke und zielte, wie er das früher beim Spielen gemacht hatte. Er musste zwar etwas blinzeln, wunderte sich aber selbst darüber, wie gut er ohne seine Brille zurechtkam. Vielleicht hatte seine Großmutter Recht, wenn sie behauptete, man solle seine Augen nicht unnötig verwöhnen.
»Wer todsicher daneben schießen will, braucht nur übereilt anzulegen und abzudrücken«, sagte Kate Cold. »Und genau das wirst du tun, falls wir angegriffen werden, Alexander, aber keine Bange, es wird niemand zusehen. Bis dahin sind wir höchstwahrscheinlich sowieso alle tot.«
»Du glaubst nicht daran, dass ich dich verteidigen kann, stimmt’s?«
»Genau. Aber ich will lieber am Amazonas von den Indianern umgebracht werden als in New York vom Alter.«
»Du bist einmalig, Kate!« Alex grinste.
»Wir sind alle einmalig, Alexander«, fuhr sie ihm über den Mund.
~
Am dritten Tag ihrer Fahrt auf dem Fluss entdeckten sie auf einer kleinen Lichtung am Ufer eine Gruppe von Hirschkühen. Die Tiere waren an die Sicherheit des Waldes gewöhnt, und die noch ziemlich weit entfernten Boote schienen sie nicht zu beunruhigen. César Santos ließ die Motoren drosseln und erlegte eines mit demGewehr, während die Übrigen aufgeschreckt flohen. An diesem Abend würden die Expeditionsteilnehmer vorzüglich essen, denn trotz seiner faserigen Struktur war Hirschfleisch sehr geschätzt, und nachdem sie sich tagelang nur von Fisch ernährt hatten, würde es ein Festessen sein. Matuwe hatte ein Gift dabei, das die Indianer seines Stammes in den Fluss warfen, um die Fische zu betäuben, dann ließen sie sich leicht mit einer Lanze oder einem an einer Liane befestigten Pfeil aufspießen. Das Gift hinterließ keine Spuren in dem getöteten Fisch und auch nicht im Wasser, die übrigen Fische erholten sich rasch davon.
Sie hatten ein friedliches Plätzchen gefunden, wo der Fluss eine kleine Lagune bildete, ein erstklassiger Ort, um ein paar Stunden zu rasten, etwas zu essen und wieder zu Kräften zu kommen. César Santos riet zur Vorsicht, denn das Wasser war trüb, und einige Stunden zuvor hatten sie Kaimane gesehen, aber allen war heiß, und es dürstete sie nach Abkühlung. Mit den Bambusstangen rührten die Soldaten das Wasser auf, und als sich keine Kaimane blicken ließen, beschlossen alle, schwimmen zu gehen, außer Professor Ludovic Leblanc, der um keinen Preis in
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