Die Abenteuer von Sherlock Holmes
reichte ihr das Bouquet zurück und es schien durch den Fall nicht gelitten zu haben. Doch als ich sie daraufhin ansprach, antwortete sie mir kurz angebunden, und im Wagen, auf dem Weg nach Hause, schien sie unvermindert erregt über diese Nichtigkeit."
"So also war das. Sie sagten, es saß ein Gentleman dort in der Bank. Dann war also doch Öffentlichkeit zugegen?"
"Ja. Es ist unmöglich, sie ganz auszuschließen, da die Kirche jedem offen steht."
"War dieser Gentleman nicht ein Freund Ihrer Frau?"
"Nein, nein! Ich nenne ihn nur aus Höflichkeit einen Gentleman,. Er sah ganz gewöhnlich aus. Ich hätte ihn kaum bemerkt. Aber ich glaube, wir kommen ziemlich weit von der Sache ab."
"Dann ist Lady St. Simon also in einer weniger heiteren Gemütsverfassung von der Trauung zurückgekehrt, als sie sie besaß, ehe sie aufbrach. Was tat sie, nachdem sie das Haus ihres Vaters wieder betreten hatte?"
"Ich sah, wie sie sich mit ihrer Zofe unterhielt."
"Und wer ist die Zofe?"
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"Sie heißt Alice. Eine Amerikanerin, sie kam mit ihr aus Kalifornien."
"Ein Vertrauensverhältnis?"
"Ein bißchen zu vertraulich. Mir sagten, ihre Herrin erlaubte zu viele Freiheiten. In Amerika sieht man so etwas natürlich mit anderen Augen."
"Wie lange sprach sie mit dieser Alice?"
"Oh, ein paar Minuten. Ich hatte an anderes zu denken."
"Sie hörten nicht, was gesagt wurde?"
"Lady St. Simon sagte etwas wie ›einen Anteil fordern‹. Solcher Slang ist ihr geläufig. Ich habe keine Ahnung, was sie meinte."
"Der amerikanische Slang ist manchmal sehr bildhaft. Und was tat Ihre Frau nach dem Gespräch mit der Zofe?"
"Sie ging ins Frühstückszimmer."
"An Ihrem Arm?"
"Nein, allein. In kleinen Dingen ist sie sehr unabhängig. Als wir dann ungefähr zehn Minuten gesessen hatten, stand sie schnell auf, murmelte einige Worte der Entschuldigung und verließ den Raum. Sie kam nicht zurück."
"Aber die Zofe Alice bezeugt, daß sie in ihrem Zimmer war, einen Mantel über ihr Brautkleid warf, einen Hut aufsetzte und das Haus verließ."
"Ganz recht. Und später wurde sie gesehen, wie sie mit Flora Millar in den Hyde Park ging, einer Frau, die jetzt in Gewahrsam sitzt. Am Morgen hatte sie in Mr. Dorans Haus eine Störung verursacht."
"Ah ja. Ich würde gern etwas über die junge Dame erfahren und über Ihre Beziehungen zu ihr."
Lord St. Simon zuckte die Schultern und hob die Brauen. "Einige Jahre waren wir freundschaftlich miteinander verbunden - sehr freundschaftlich, möchte ich sagen. Sie war angestellt im ›Allegro‹. Ich habe sie nicht ungenerös behandelt, sie hat keinen Grund, sich über mich zu beklagen. Aber Sie wissen ja, wie Frauen sind, Mr. Holmes.
Flora ist ein liebes kleines Ding, aber äußerst hitzköpfig und mir sehr ergeben. Sie schrieb mir schreckliche Briefe, als sie erfuhr, daß ich heiraten wollte und, um die Wahrheit zu sagen, ich wollte die Trauung in aller Stille vollziehen lassen, weil ich fürchtete, daß es einen Skandal in der Kirche geben könnte. Sie erschien vor Mr. Dorans Haus, als wir eben angekommen waren und versuchte einzudringen und dabei gebrauchte sie gegenüber meiner Frau sehr schmähende
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Ausdrücke und stieß sogar Drohungen aus. Aber ich hatte Derartiges vorausgesehen und die Diener instruiert, die warfen sie bald hinaus.
Sie beruhigte sich, als sie einsah, daß es keinen Sinn haben würde, einen Aufstand zu machen."
"Hat Ihre Frau alles mit angehört?"
"Gott sei Dank nein."
"Und später wurde sie zusammen mit dieser Frau gesehen?"
"Ja und das ist es, was Mr. Lestrade von Scotland Yard so ernst stimmt. Man scheint zu glauben, Flora habe meine Frau hinausgelockt und ihr eine schreckliche Falle gestellt."
"Nun, es wäre möglich."
"Denken Sie das auch?"
"Ich sagte nicht, es sei wahrscheinlich. Aber halten Sie es für möglich?"
"Ich glaube, Flora könnte keiner Fliege etwas zuleide tun."
"Dennoch. Eifersucht ist eine seltsame Macht, sie vermag den Charakter zu verändern. Bitte, sagen Sie mir, was für eine Theorie Sie haben hinsichtlich dessen, was geschah?"
"Nun, ich bin gekommen, damit eine Theorie gefunden wird. Ich habe alle Tatsachen vor Ihnen ausgebreitet. Da Sie jedoch fragen, kann ich sagen: Mir erscheint möglich, daß eine allgemeine Aufregung, das Bewußtsein, auf gesellschaftlichem Gebiet einen so ungeheuren Schritt nach vorn getan zu haben, bei meiner Frau eine kleine nervliche Verstörung ausgelöst hat."
"Kurz: Daß sie plötzlich wirr wurde."
"Nun,
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