Die Abenteuer von Sherlock Holmes
bin ich gewiß, aber ich kann nicht beschwören, daß die Tür nicht offenstand. Mary und Arthur zeigten sich sehr interessiert und wollten die berühmte Krone sehen. Aber ich hielt es für besser, sie nicht aus dem Versteck zu holen.
›Wohin hast du sie getan?‹ fragte Arthur.
›In die Kommode ‹
›Na, dann bete ich zu Gott, daß hier heute nacht nicht
eingebrochen wird‹, sagte er.
›Die Kommode ist abgeschlossen‹, sagte ich.
›Oh, da paßt doch jeder alte Schlüssel. Als ich noch ein Junge war, habe ich sie selber mit dem Schlüssel vom Schrank in der
Rumpelkammer aufbekommen ‹
Er redet oft unbesonnen, so daß ich mir kaum Gedanken über das machte, was er sagte.
An dem Abend folgte er mir in mein Zimmer, und sein Gesicht war sehr ernst.
›Hör mal, Papa‹, sagte er mit niedergeschlagenem Blick, ›kannst du mir zweihundert Pfund geben?‹
›Nein, das kann ich nicht‹, antwortete ich heftig. ›Ich war in Geldsachen ihm gegenüber immer viel zu großzügig.
›Du warst immer sehr freundlich‹, sagte er. ›Aber ich muß das Geld haben, oder ich kann mich im Club nicht mehr sehen lassen ‹
›Das wäre überhaupt das beste ‹, rief ich.
›Ja, schon, aber du willst doch wohl nicht, daß ich in Unehren ausscheide ‹, sagte er. "Ich könnte die Schande nicht ertragen.
Irgendwie muß ich das Geld beschaffen und wenn du es mir nicht geben willst, muß ich auf andere Weise dranzukommen suchen ‹
Ich war sehr zornig, denn das war die dritte Forderung, die er innerhalb des Monats an mich richtete. ›Keinen Penny bekommst du von mir‹, rief ich, woraufhin er sich verbeugte und wortlos ging. Als er aus dem Zimmer war, schloß ich die Kommode auf, vergewisserte mich, daß mein Schatz noch da war und sperrte sie wieder zu. Dann machte ich einen Gang durch das Haus, um mich zu überzeugen, ob
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alles für die Nacht seine Ordnung hatte. Das ist eine Pflicht, die ich gewöhnlich Mary versehen lasse, aber an diesem Abend, dachte ich mir, sollte ich sie selber, übernehmen. Als ich die Treppe hinunterstieg, bemerkte ich Mary, wie sie das Seitenfenster der Halle zuklappte und verriegelte.
›Hör mal, Papa‹, sagte sie, und sie schien mir ein wenig verstört,
›hattest du Lucy für heute abend Ausgang gegeben?‹
›Gewiß nicht ‹
›Sie ist gerade eben durch die Hintertür hereingekommen. Sie war bestimmt am Zaun, um sich mit jemandem zu treffen. Das finde ich ziemlich gefährlich, und es sollte auf hören!‹
›Sprich morgen mit ihr darüber, oder ich tue es, wenn du nicht magst. Bist du sicher, daß alles verschlossen ist?‹
›Ganz sicher, Papa ‹
›Dann, gute Nacht!‹ Ich küßte sie und ging in mein Schlafzimmer.
Bald bin ich dann eingeschlafen. Es ist mein Bestreben, Mr. Holmes, Ihnen alles zu erzählen, was nur irgend Bedeutung für den Fall haben könnte und, bitte, fragen Sie mich, wenn ich Ihnen etwas nicht klar genug mache."
"Ihre Darstellung ist äußerst klar."
"Ich komme jetzt zu einem Teil der Geschichte, in dem ich besonders klar sein möchte. Ich habe keinen sehr tiefen Schlaf und den Sorgen, die mich bewegten, ist es zweifellos zuzuschreiben, daß ich noch unruhiger schlief als sonst. Gegen zwei Uhr morgens wurde ich durch ein Geräusch im Haus wach. Als ich meine Sinne ganz beisammen hatte, konnte ich nichts mehr hören, doch blieb der Eindruck, als sei irgendwo ein Fenster sacht geschlossen worden. Ich lag da und horchte angespannt. Plötzlich vernahm ich zu meinem Entsetzen aus dem Nebenzimmer deutlich leise Schritte. Zitternd vor Angst schlüpfte ich aus dem Bett und öffnete behutsam die Tür zu meinem Ankleidezimmer.
›Arthur‹, schrie ich, ›du Schuft! Du Dieb! Du getraust dich, die Krone anzufassen?‹
Ich hatte die Gaslampe mit halber Stärke brennen lassen und in ihrem Schein stand mein unglücklicher Sohn, nur mit Hemd und Hose bekleidet und hielt die Krone in der Hand. Mir schien, er drehte sie oder wollte sie mit aller Gewalt verbiegen. Bei meinem Schrei ließ er sie fallen und wurde totenblaß. Ich hob sie auf und untersuchte sie.
Eine der goldenen Zacken mit drei Beryllen fehlte.
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›Du Lump!‹ stieß ich hervor, vor Wut außer mir. ›Du hast sie zerstört! Du hast mich für immer entehrt! Wo sind die gestohlenen Steine?‹
›Gestohlen?‹
›Ja, du Dieb!‹ brüllte ich und packte ihn bei der Schulter.
›Da fehlen keine. Es können keine fehlen‹, sagte er. ›Drei fehlen.
Und du weißt, wo sie sind. Muß
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